- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 17/2007
- Sachsen kommt
Sächsischer Apothekertag
Sachsen kommt
"Die politischen Auseinandersetzungen haben uns zusammengeschweißt" – diese Ansicht vertrat Sachsens Kammerpräsident Friedemann Schmidt in seiner Eröffnungsrede zum Apothekertag, zu dem er auch Gäste aus Ungarn und Polen begrüßen konnte. Da die polnischen Apotheker ähnliche Probleme haben wie die deutschen, wünsche er sich eine engere Zusammenarbeit mit dem Nachbarland. Schmidt hofft, dass der Zusammenhalt unter den Apothekerinnen und Apothekern anhalten und noch stärker werde. Er machte den anwesenden Politikern klar, dass der Apotheker als Garant der sicheren Arzneimittelversorgung Unterstützung aus der Politik gegen eine verfehlte EU-Politik verdient habe. Die letzten Wochen und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der AOK-Rabattverträge hätten gezeigt: es geht nicht ohne Apotheker.
"Der Apotheker ist kein Schubladenzieher mit Hochschulausbildung", stellte Dr. Albert Hauser, Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Soziales, in seinem Grußwort fest. Er sieht den Apotheker als Partner des Arztes. Sachsen habe sich bei der Debatte um das verabschiedete GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz dafür eingesetzt, dass der Apotheker nicht, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, mit der Industrie über Preise und Rabatte für die Krankenkassen verhandeln müsse. Das wäre dem Anspruch, den man an den Heilberuf Apotheker habe, nicht gerecht geworden und hätte sogar die Arzneimittelversorgung gefährdet. Sachsen habe sich im Bundesrat für Regelungen eingesetzt, mit denen die flächendeckende Versorgung erhalten worden sei.
Zu den noch offenen Diskussionen wie die EU-Forderungen an Deutschland und den möglichen Fremdbesitz habe die sächsische Staatsregierung die Position, dass das Arzneimittel eine Ware besonderer Art sei und daher auch besondere Regelungen für die Distribution nötig seien. Hauser wiederholte seine Forderung, die er bereits auf dem 3. Sächsischen Apothekertag erhob: Man muss die Apotheker im Dorf lassen. Sachsen ist ein Vorreiter für die ortsnahe Arzneimittelversorgung und für den Erhalt der Präsenzapotheke. "Wir hätten es begrüßt", so der Staatssekretär, "wenn Deutschland bei den europarechtlichen Auseinandersetzungen anderen Staaten als Streithelfer zur Seite gestanden hätte, aber Deutschland hat sich anders entschieden."
Die SPD-Gesundheitspolitikerin Dr. Marlies Volkmer, wies in ihrem Grußwort auf die Verbesserungen für die Versicherten durch das GKV-WSG hin, wie beispielsweise die umfangreichen Präventionsmöglichkeiten, die Pflichtversicherung für alle und die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln, ließ aber auch durchblicken, dass sie mit dem Finanzierungsteil der Reform nicht einverstanden sei. Die an der Reform geübte Kritik habe sie nicht immer nachvollziehen können, jedoch Verständnis für die Einwände der Apotheker gegen das Gesetz gezeigt. Die mit dem AVWG abgeschafften Rabatte seien zwar für Apotheker schmerzlich gewesen, hätten aber die Stellung des Apothekers gestärkt. Daher wäre es nicht verständlich gewesen, wenn die Gesundheitsreform den Apotheker wieder zu Rabattverhandlungen verpflichtet hätte, um 500 Millionen Euro für die Krankenkassen einzusparen. Der Schwerpunkt des Apothekerberufs wäre vom Heilberuf auf den des Kaufmanns verlagert worden. Um dennoch zu Einsparungen zu gelangen, habe man die von der ABDA vorgeschlagene Erhöhung des Kassenzwangsrabatts auf 2,30 Euro angenommen.
Verständnis zeigte Volkmer für die aktuellen Schwierigkeiten in den Apotheken mit den Rabattverträgen der AOK. Sie habe erfahren, dass einige Firmen nicht liefern könnten. Die AOK habe Übergangsregelungen eingeräumt.
Die individuelle Beratung in den Apotheken halte sie für wichtig, vor diesem Hintergrund sei sie auch gegen den Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbots. Nicht allein ein günstiger Preis des Arzneimittels stehe im Vordergrund, auch die Sicherheit und die Beratung. Die SPD-Politikerin Volkmer wörtlich: "Die inhabergeführte Hausapotheke und der Heilberufler Apotheker sind ein Zukunftsmodell, kein Auslaufmodell. Die SPD steht zum Apotheker als Heilberufler."
"Ich sehe unsere Zukunft optimistisch"
Koch bedankte sich bei der sächsischen Staatsregierung für die Unterstützung, mit deren Hilfe es gelungen sei, beim GKV-WSG das Schlimmste für die Apotheker und für die Arzneimittelversorgung (nämlich die Arzneimittelhöchstpreise und die 500 Millionen-Haftung) zu verhindern. Glücklich sind die Apotheker mit diesem Gesetz dennoch nicht, wobei Koch das Chaos in den Apotheken seit dem 1. April ansprach, ausgelöst durch die Rabattverträge der Krankenkassen mit den Herstellern. Bei erhöhtem Kassenzwangsrabatt sind die Apotheken mit einer Welle an Bürokratie und einem erheblichen Mehraufwand bei der Rezeptbelieferung konfrontiert. Für Apotheken und Großhandel gab es nicht ausreichend Zeit, sich zu bevorraten, Patienten sind nicht ausreichend über notwendige Umstellungen informiert. Der Deutsche Apothekerverband hat bei Bekanntwerden der AOK-Rabattpläne vor Lieferengpässen und Versorgungsschwierigkeiten gewarnt. Ausdrücklich dankte Koch den Softwarehäusern für die große Einsatzbereitschaft bei der fristgerechten Umsetzung der Informationen. Koch erinnerte daran, dass nur die Rabattverträge, die in der Software abgebildet sind, beachtet werden müssen.
Die Verbandsvorsitzende hielte es für hilfreich, "wenn auf Kassenseite wieder diejenigen das Heft des Handelns in die Hand bekommen, die vor Ort auch die Auswirkungen auf ihre Versicherten spüren". Ein Modell wie Zielpreisvereinbarungen könnte dann beispielsweise weiterentwickelt werden.
Als erfreuliche Mitteilung konnte Koch berichten, dass der Sächsische Apothekerverband und die AOK Sachsen vor wenigen Tagen einen Vertrag zur Versorgung mit Zytostatika und monoklonalen Antikörpern paraphiert haben, der die notwendigen Einsparungen mit der gewohnten Qualität und der flächendeckenden Versorgung in Übereinstimmung bringt. Die Impulse für den Vertrag seien von den AOK-Verantwortlichen ausgegangen. Dieser Vertrag könnte auch für andere AOKs und Landesverbände Vorbildcharakter haben.
Mit deutlichen Worten plädierte Koch für die inhabergeführte Apotheke als bester Verbraucherschutz. Der Apotheker ist unabhängig vom Hersteller und seit 2004 auch vom Arzneimittelpreis. Dennoch wird dieses System von interessierten Kreisen in Frage gestellt. Koch zitierte den Celesio-Chef Oesterle, der das Ende des Fremdbesitzverbots als unmittelbar bevorstehend und unabwendbar darstelle. Die Absicht hinter diesen Äußerungen liege auf der Hand. Koch wörtlich: "Einerseits glaubt man, die von Europa ausgehende Liberalisierung auch im Apothekenbereich nicht aufhalten zu können, andererseits hofft man, die absolute Niederlassungsfreiheit in Deutschland, übrigens eine der liberalsten Bestimmungen in ganz Europa, auf eine am Bedarf orientierte Regelung zurückführen zu können. Der Widerspruch liegt auf der Hand." Letztlich gehe es darum, in Deutschland Tatsachen zu schaffen, bevor der Europäische Gerichtshof entscheide.
Hier zeigen sich Parallelen zur Zulassung des Versandhandels in Deutschland, als die Bundesregierung, maßgeblich von den Grünen initiiert, in vorauseilendem Gehorsam auch den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erlaubte, obwohl das Urteil des EuGH nur den Versand rezeptfreier Arzneimittel forderte. Die Entwicklung hat gezeigt, dass diese Gesetzgebung an den Bedürfnissen der Menschen vorbeiging: der Anteil verschickter verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist sehr gering, die Gefahren dieses Vertriebsweges allerdings werden immer offensichtlicher, Arzneimittelfälschungen nehmen zu. Durch den Versand werden Arzneimittel trivialisiert und der Mehrverbrauch nimmt zu. Es wäre erfreulich, so Koch, wenn die Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen Erfolg hätte, wonach der Versandhandel mit Arzneimitteln auf das nicht-verschreibungspflichtige Segment reduziert werden soll. Das sächsische Gesundheitsministerium will diese Initiative unterstützen, berichtete Koch.
Die Verbandsvorsitzende sieht gute Chancen, dass die Propheten, die den Fremdbesitz bei Apotheken wollen, nicht Recht bekommen. Denn in diesem Fall habe sich die Politik im vergangenen Herbst dagegen ausgesprochen, auch das Bundesgesundheitsministerium hat sich in den letzten Tagen eindeutig dagegen geäußert. Es hat sich herumgesprochen, dass die Arzneiversorgung mit Apothekenketten nicht billiger wird und die flächendeckende Versorgung gefährdet.
Qualität ausbauen
Koch rief dazu auf, nicht nachzulassen wenn es darum geht, die Qualität der Arzneiversorgung auszubauen. Die Kammern haben daher vor geraumer Zeit eine Qualitätsoffensive ausgerufen. Unangemeldete Testkäufe, regelmäßige Kontrollen der Rezeptur und anderer Dienstleistungen wie Blutuntersuchungen sind angelaufen und werden ausgebaut. Die Vergabe von Fortbildungspunkten führt zu steigenden Teilnehmerzahlen. Allerdings müssen noch die Möglichkeiten zur vertraulichen Beratung verbessert werden – eine berechtigte Forderung der Politik. Koch räumte ein, dass die in manchen Apotheken notwendigen Investitionen aufgrund zurückgehender Erträge nicht ohne Weiteres zu finanzieren sind. Intelligente Lösungen, wie mehr Vertraulichkeit bei der Beratung ohne große Kosten umsetzbar ist, sind gefragt.
Herausforderungen annehmen
Wie die Verbandsvorsitzende berichtete, wird derzeit die Vergütung des Apothekers im Pandemiefall mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen festgelegt. Es sei klar gewesen, dass die Apotheker keinen Verdienst erwarten können, sondern nur einen Kostendeckungsbeitrag – was ins Bild des Heilberufs passt.
Die Apotheker wollen sich auch aktiv in die Prävention einbringen. Als Beispiel nannte Koch die mit den Ärzten gemeinsam durchgeführte Aktion "Sachsen impft". Darüber hinaus wird man Politik und Krankenkassen neue Dienstleistungen anbieten, die allerdings ihren Preis haben werden: "Die Zeiten der Quersubventionierung sind vorbei."
Zu den Herausforderungen der Zukunft gehört die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Sachsen ist hier an vorderster Stelle dabei. Alle Apotheken, in deren Einzugsgebiet teilnehmende Ärzte niedergelassen sind, machen auf eigene Initiative mit.
Koch sieht die Zukunft daher optimistisch: "Die Gesellschaft braucht den Apotheker als Heilberufler."
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.