Briefe

Immer schön freundlich

Immer schön freundlich

Machen Sie auch gerade Notdienst für 2,50 Euro pro eingelöstem Rezept und nutzen die Gelegenheit, die Leserbriefe zu studieren?

Es ist 24 Uhr, gerade kommt ein neues Rezept herein. Schau an: Persönliche Handarbeit vom Doktor. Die Unterlage zum Schreiben scheint nicht optimal gewesen zu sein, ok, aber alle Hieroglyphen sind entziffert. Eh, wo hat er denn die Krankenkassennummer versteckt? Hm, fehlt. Wo krieg ich die Nummer jetzt her? Die brauch’ ich doch, damit eindeutig differenziert werden kann, was die Kasse noch willens ist als Generikum zu bezahlen und was nicht. Und Frieden vor Retaxationen gibt es keinen mehr. Guck mal: "Noctu" hat der Doktor auch nicht angekreuzt.

Ein scheeler Blick auf den Patienten, der ahnt die Kritik und beteuert, dass er das Rezept vor zehn Minuten vom Notarzt erhalten hat. Soll ich das "Noctu-Kreuz" jetzt selber machen?

Schauen wir erst einmal, ob wir lieferfähig sind. Pech gehabt. Von der Firma ist nix mehr am Lager. Gut, dass man in einer Großstadt Leidensgenossen im Notdienst hat. Aber bei den vier Kollegen ist ebenfalls Fehlanzeige. Stattdessen die Frage, ob ich nicht vielleicht mit dem und dem aushelfen könne. Ja sind wir in der DDR, wo wir Versorgungslöcher stopfen müssen oder im Arzneimittelparadies, wo wir aus dem Vollen schöpfen können? Dann wollen wir uns doch einmal den Doktor greifen. Wie war noch gleich sein Name? Die Patientenauskunft passt nicht zum Arztstempel. Sei’s drum, wir rufen da mal an. Der Doktor scheint sich in Luft aufgelöst zu haben. Nix zu machen, nicht erreichbar. Also ich könnte ja, wenn ich wollte. Ein Griff in die Schublade und mit langjähriger Erfahrung wäre der Patient zufriedenstellend mit einem entsprechenden Substitutionspräparat versorgt. Aber in der heutigen Zeit brauchste erst einen Deus ex Machina, der dir die Erlaubnis dazu erteilt. Wissen Sie was, ich ruf‘ jetzt mal den Hermann, den, nein nicht den Etrusker, den AOKler an. Ham‘Se mal eben die Nummer für mich?

PS.: Der Patient ist mittlerweile stocksteif vor angestiegenen Magen- und Gallensäften. Oh ich …, ich nehme das ja so gelassen. Na ja, manchem würde ich manchmal schon eine Henkersmahlzeit gönnen, so freundlich gestimmt bin ich.

Lore Helbert-Heitman, Franken-Apotheke, Essen, Tel. (02 01) 47 32 28, E-Mail frankenapotheke@aol.com
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