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Fortbildungskongress
Innovationen
Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe von der Universität Würzburg zeigte die Notwendigkeit der Entwicklungen neuer Antibiotika auf. Die zunehmende Zahl an multiresistenten Bakterien zwingt zur Suche nach immer neuen Wirkmechanismen. Vorhandene Antibiotika sollten nur nach strenger Indikationsstellung eingesetzt, neuere sollten den schweren klinischen Fällen vorbehalten werden.
Schrittinnovationen auf Arzneistoffebene seien sehr wichtig, so Holzgrabe. Sie zeichnen sich meist durch eine Optimierung bekannter Wirkstoffe aus. Auch neue Darreichungsformen oder eine verbesserte Pharmakokinetik können als Fortschritt bezeichnet werden, da sie das Wirkspektrum verbreitern oder die Verträglichkeit und somit insgesamt die therapeutischen Möglichkeiten verbessern können. Und dass dafür heute nach wie vor ein großer Bedarf an neuen Antibiotika besteht, daran ließ Holzgrabe keinen Zweifel: Ursache dafür sind die zunehmend auftretenden Resistenzen. Resistente Bakterien sind äußerst flexibel und haben unterschiedliche Möglichkeiten entwickelt, sich zur Wehr zu setzen: Enzymatisch wird der Betalactam-Ring der Betalactam-Antibiotika eröffnet, durch Acetylierung kann das Antibiotikum chemisch verändern und so unwirksam gemacht werden und Bakterien sind sogar in der Lage, mit Hilfe von Effluxpumpen Antibiotika hochselektiv wieder aus der Zelle nach außen zu befördern oder sie gar nicht erst aufzunehmen. Durch diesen Effluxmechanismus ist in den letzten Jahren die Resistenzrate gegen Tetracycline stark angestiegen.
Daher gilt es neue Ziele in der Bakterienzelle anzuvisieren und neue Leitstrukturen zu entwickeln, die sich von den anderen Antibiotikaklassen unterscheidet. So konnte das Glycopeptid-Antibiotikum Vancomycin erfolgreich gegen resistente Keime eingesetzt werden. Es hemmt den Aufbau der Bakterienzellwand, indem es mit dem transmembranalen Auswärtstransport der Zellwandbausteine interferiert. Aber auch gegen Vancomycin sind heute schon vereinzelt Resistenzen aufgetreten.
Als eine wirkliche Sprunginnovation wurde das Oxazolidinon Linezolid entwickelt, das eine hervorragende antibiotische Aktivität gegen grampositive Keime, Streptococcus pneumoniae und Enterokokken aufweist – sogar gegen Vancomycin-resistente Enterokokken. Linezolid entfaltet seine antibakterielle Wirkung durch die Hemmung eines frühen Schritts der bakteriellen Proteinbiosynthese. Gegen gramnegative Keime jedoch hat Linezolid nur eine sehr schwache antimikrobielle Aktivität. Es gilt in der Klinik als Reserveantibiotikum und ist nur indiziert bei hochresistenten Problemkeimen und bei Haut- und Weichteilinfektionen.
Die Pipeline ist fast leer
Von einer sehr unguten Entwicklung berichtete Holzgrabe aus der Forschung auf dem Gebiet der Antibiotika. Der materielle Anreiz für Firmen, neue Antibiotika zu entwickeln, sinkt, da sie nur in Nischen, bei Notfällen und nur über einen möglichst kurzen Zeitraum eingesetzt werden. Die Folge: In der Pipeline auf diesem Gebiet stecken kaum noch neue Wirkstoffe.
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