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Interpharm 2008
Mikronährstoffe im Nebenwirkungsmanagement einsetzen
Als kritische Mikronährstoffe in der Onkologie führte Gröber unter anderem
- Vitamin A, α- und γ-Tocopherol (z. B. bei Lungenkarzinom),
- Betacarotin (z. B. bei Lungenkarzinom),
- Vitamin D (z. B. bei Prostatakarzinom),
- Coezym Q10 (v. a. bei Mammakarzinom),
- L-Carnitin (v. a. bei Cisplatin- und Ifosfamid-Therapie und Fatigue-Syndrom),
- Selen (z. B. Prostatakrebs) sowie
- Zink (z. B. bei Kopf- und Halstumoren) an.
Chemotherapie und Strahlentherapie lösen Übelkeit und Erbrechen, Diarrhö, Mukositis und Ulcerationen sowie Anorexie aus, sämtlich Faktoren, die einen kritischen Mikronährstoff-Status begünstigen. Bei Operationen kommt es infolge der Entfernung wichtiger Resorptions- und Utilisationsorgane zu speziellen Formen des Mangels.
Tab. 1: Kritische Mikronährstoffe nach Operationen | |
Malabsorption nach Operationen
Gastroektomie
|
|
Refluxösophagitis |
Nährstoffresorption |
• Intrinsic Factor-Mangel |
Vitamin B12 |
• Anazidität (pH-Wert) |
Folsäure, Vitamin C Eisen, Zink Bakterielle Fehlbesiedelung |
Lactasemangel (Lactose spaltendes Enzym) |
Lactoseintoleranz Calcium |
• Funktionsstörungen des Pankreas (Sekretin) |
Fettstühle Calcium Vitamin A, D, E, K, β-Carotin |
Dünndarmresektion • Vitamin A, D, E, K, Carotinoide Besiedelung mit pathogenen Darmbakterien Vitamin B12 (Ileum) | |
Pankreatektomie
• Steatorrhö Vitamin A, D, E, K, Carotinoide Vitamin B12 |
Interaktionen und Nebenwirkungsmanagement
Einige Zytostatika verursachen charakteristische Interaktionen mit Mikronährstoffen (siehe Tab. 2). In anderen Fällen kann die Supplementierung einzelner Mikronährstoffe im spezifischen Nebenwirkungsmanagement Vorteile bringen, wie etwa von Selen zur Nephroprotektion bei Cisplatin-Therapie oder auch als antientzündliche Prämedikation für Vincaalkaloide, die Venenentzündungen verursachen. Anthrazykline haben eine hohe Potenz, das Herzmuskelgewebe zu schädigen. In diesem Fall kann L-Carnitin als Prämedikation entweder oral oder parenteral gegeben, eine Schutzfunktion übernehmen. Das unter Cisplatin- und Ifosfamid-Therapie sehr ausgeprägte Fatigue-Syndrom wie auch die stark erhöhte Neigung zu Depressionen – Symptome, die sich mit denen eines Carnitin-Mangels überschneiden – können durch L-Carnitin-Gabe gebessert werden. Eine weitere vielversprechende Kombination ist Tamoxifen plus Coenzym Q10, und zwar hinsichtlich des Einflusses auf die Tumormarker.
Tab. 2: Zytostatika-spezifische Interaktionen (Auswahl) | |||
Zytostatikum |
Nährstoff |
Mechanismus |
potenzielle Folgen |
5-Fluorouracil |
Vitamin B1
|
Hemmung der Phosphorylierung |
Risiko für Herzinsuffizienz, Neurotoxizität, Laktatazidose |
Methotrexat (MTX) |
Folsäure |
Antagonist |
Folatmangel, Mukositis |
Ifosfamid |
L-Carnitin |
Exkretion |
Hypocarnitinämie, Risiko für Fatigue |
Cisplatin |
L-Carnitin |
Exkretion |
Hypocarnitinämie, Risiko für Fatigue |
Cisplatin |
Magnesium |
Exkretion |
Hypomagnesiämie, Hypokaliämie, TG |
Quelle: U. Gröber |
Radikal-induzierte Organschäden
Beispiele für Radikal-induzierte Organschäden nach Zytostatika sind Lungentoxizität unter Bleomycin, Nierentoxizität unter Cisplatin, Carmustin ist lebertoxisch und Doxorubicin kann eine Kardiotoxizität auslösen. Eine adjuvante Supplementierung multipler Antioxidanzien scheint hier indiziert, allerdings ist deren Sinnhaftigkeit sehr umstritten. Dennoch rät Gröber zu einer solchen Supplementierung, um die Antioxidanzien zu nutzen, die nicht nur unmittelbar auf die Radikalfänger-Funktion reduziert sind. Sie haben positive Wirkungen hinsichtlich der Compliance und der Lebensqualität sowie einer geringeren Rate von Nebenwirkungen. Jedenfalls gibt es derzeit keine klinischen Beweise dafür, dass eine begleitende Antioxidanzien-Therapie die Chemo- oder Strahlentherapie beeinträchtigt.
Mikronährstoffe als ergänzende Basisversorgung
Für bilanzierte Mikronährstoffe als Ergänzung der Standardtherapie empfiehlt die International Society of Nutrition and Cancer USA die Vitamine A, C und E, natürliches β-Carotin, Vitamin D, alle B-Vitamine, geeignete Mineralien und Spurenelemente sowie Selen als Natriumselenit. Eisen sollte in der Basisversorgung nur bei einem ausgeprägten Mangel dabei sein, weil es ansonsten lediglich unerwünschten oxidativen Stress verursacht. Die Dosierungsempfehlungen schwanken sehr stark. Bei der Supplementierung von Selen sollte auf jeden Fall vorher der Status bestimmt werden. Für die adjuvante und supportive Therapie bei Krebs empfiehlt Gröber als Basisversorgung täglich 200 bis 300 μg Natriumselenit pro Tag, vor einer Radio- oder Chemotherapie können die Dosen auf ein Mehrfaches dessen gesteigert werden.
hb
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