Fortbildungskongress

Immer mehr resistente Keime

Die Apotheke ist häufig der erste Ansprechpartner, wenn der Patient den Eindruck hat, dass ein Medikament trotz ordnungsgemäßer Einnahme nicht wirkt. Dr. Eva Susanne Dietrich, Hamburg, gab einen Überblick über die Resistenzprobleme, die bei der Anwendung von Antibiotika auftreten können.

Der Anteil resistenter Keime steigt seit Mitte der 80-iger Jahre laufend an, sowohl im Krankenhaus als auch im ambulanten Bereich. Der Hauptgrund ist die zu häufige und nicht fachgerechte Anwendung von Antibiotika.

Dabei liegt Deutschland im europäischen Vergleich bei den Resistenzraten im unteren Drittel. In manchen europäischen Ländern, zum Beispiel in Frankreich, sind wegen des häufigen Einsatzes von Erythromycin über 50% aller Pneumokokken gegen Makrolide resistent. Andere Länder mit hohen Resistenzraten sind Italien und Spanien.

Antibiotika werden unwirksam

Durch die Resistenzentwicklung haben viele Antibiotika ihren Nutzen eingebüßt. "Standard-Antibiotika verlieren ihre Wirkung, und selbst Reserve-Antibiotika stoßen an ihre Grenzen", sagte Dietrich.

So haben Chinolone in der Behandlung von Pneumokokken-Infektionen ihre Bedeutung verloren, und auch Keime wie E. coli werden zunehmend resistent. Auch die Einsatzmöglichkeiten von Doxycyclin sind inzwischen begrenzt. 20 bis 30% aller Erreger von Harnwegsinfektionen sind gegen das Standard-Antibiotikum Co-trimoxazol resistent, so dass hier heute häufig die älteren Substanzen Fosfomycin und Nitrofurantoin eingesetzt werden. Viele Leitlinien werden derzeit wegen der Resistenzsituation überarbeitet.

Vor allem schwer kranke Patienten mit geschwächter Immunabwehr sind gefährdet.

"Krankheitserreger in Kliniken sind gefährlicher als Aids", sagte Dietrich. So erwerben in den USA 5 bis 15% aller Patienten im Krankenhaus Infektionen, in den Intensivstationen sind es sogar 25%. Diese sogenannten nosokomialen Keime sind besonders gefährlich, weil sie oft gegen mehrere Antibiotika resistent sind, zum Beispiel Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Stämme (MRSA). Diese Bakterien können nicht nur Erkrankungen wie eine Mittelohrentzündung, Wundinfektionen oder Furunkel auslösen, sondern auch schwerste und lebensbedrohliche Krankheitsbilder wie Lungenentzündung, Wundinfektionen oder Sepsis.

Der Anteil dieser gefährlichen Erreger stieg von 2% im Jahr 1990 auf über 22,6% im Jahr 2004. Jährlich infizieren sich rund 16.000 Krankenhauspatienten mit den resistenten Staphylokokken. Die Infektion ist mit üblichen Antibiotika nicht zu behandeln, 500 bis 1500 Patienten sterben jährlich daran. Als Vorsorgemaßnahme im Krankenhaus ist eine gute Hygiene, vor allem eine gute Händehygiene, wichtig.

Seit einigen Jahren rücken zunehmend gramnegative Infektionserreger in den Blickpunkt. Besonders bedrohlich sind dabei Infektionen mit dem nahezu völlig resistenten Acinetobacter baumannii. Auch die Tuberkulose gewinnt bei uns wieder an Bedeutung. Bisher war sie hier zwar selten, aber vor allem aus den ehemaligen Ostblockstaaten gelangen multiresistente Erreger zu uns.

Neue Wirkstoffe

In den letzten Jahren sind eine Reihe von neuen Antibiotika auf den Markt gekommen, deren Nutzen sich erst noch bei der Anwendung in der Praxis zeigen muss.

Dazu gehören das Ketolid Telithromycin und der Gyrasehemmer Moxifloxacin, die wegen starker Nebenwirkungen als Reserveantibiotika gelten.

Weitere Neuentwicklungen sind das zyklische Lipopeptid Daptomycin, das Oxazolidinon Linezolid und das Glycylcyclin Tigecyclin.

Seit Juni 2007 ist Retapamulin, das erste Pleuromutilin-Derivat, zur lokalen Behandlung von Hautinfektionen durch grampositive Erreger auf dem Markt.

Für den Folsäure-Inhibitor Iclaprim, das Cephalosporin Ceftobiprol und das Carbapenem Doripenem sind die Zulassungen bereits beantragt.

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