Ernährung aktuell

Erdbeeren haben jetzt Hochsaison

Wohl kaum eine andere Frucht wird jedes Jahr so sehnsüchtig erwartet wie die Erdbeere. Knallrot und aromatisch duftend, läutet sie den Sommer ein. Trotz weniger Kalorien hat es das sensible Früchtchen in sich – Vitamin C und Folsäure machen die Erdbeere zur gesunden Powerfrucht, ihre Blätter wirken lindernd bei gastrointestinalen Beschwerden. Lassen Sie sich im sechsten Teil unserer Lebensmittelkunde Obst zu allerlei Genüssen mit Erdbeeren verführen.

Bereits in der Steinzeit wurden kleinfruchtige Walderdbeeren (Fragaria vesca) gesammelt, doch erst im 18. Jahrhundert schlug die Geburtsstunde der heutigen Erdbeere. Durch eine zufällige Kreuzung der kleinen nordamerikanischen Scharlacherdbeere (Fragaria virginia) mit der saftreichen Chileerdbeere (Fragaria chiloensis) entstand die großfruchtige Gartenerdbeere (Fragaria ananassa). Ihren Namen erhielt sie übrigens aufgrund des unbeschreiblichen Duftes – lat. "fragaria" und ihres Aussehens ähnlich dem einer Ananas.

Nur zum Schein eine Beere

Erdbeerpflanzen sind mehrjährige Stauden und gehören zur Familie der Rosengewächse. Aus botanischer Sicht handelt es sich bei der roten Frucht nicht wirklich um eine Beere, denn "echte" Beeren haben ihren Samen in das Fruchtfleisch eingebettet. Erdbeeren hingegen sind Scheinfrüchte – die eigentlichen Früchte sind die kleinen braunen Samen auf der Außenhaut, die auch als Nüsschen bezeichnet werden. Verzehrt wird somit die fleischig ausgewachsene rote Blütenachse der Erdbeerpflanze, was für den Genuss jedoch unerheblich ist.

Volle Röte, volles Aroma

Saison haben die roten Früchte ab Ende Mai, wobei die Monate Juni und Juli als Haupterntezeit gelten. Mit der Entwicklung mehrmals tragender Sorten (remontierende Sorten) ist es möglich geworden, die Erntezeit bis in den Herbst zu verlängern. Gepflückt werden sollten Erdbeeren am besten im voll ausgefärbten Zustand, denn die Früchte reifen nicht mehr nach und nur ein nahtloses Rot verspricht das erdbeertypische Aroma. Kurze Transportwege während der Saison gewähren auch für den Handel in der Regel qualitativ hochwertige Waren. Sind die grünen Kelchblätter der Erdbeere noch frisch, ist auch die Frucht selbst in perfektem Zustand. Reife Erdbeeren lassen sich gekühlt einige Tage lagern.


Erdbeer-Rezept

Basilikum-Rucolasalat mit Erdbeeren
Zubereitungszeit 30 min
Zutaten für vier Personen
  • 225 g Rucola
  • 1 Bund Basilikum
  • 500 g Erdbeeren
  • 50 g reifer Pecorino (Hartkäse) am Stück
  • 5 El Balsamico-Essig
  • 50 g flüssiger Honig
  • 8 El Olivenöl
  • Salz
  • schwarzer Pfeffer, grob gemahlen

Rucola waschen und putzen. Größere Basilikumblätter grob zerschneiden. Erdbeeren waschen, putzen und längs vierteln. Pecorino entrinden und dünn hobeln.

Balsamico, Honig und Olivenöl mit Salz und Pfeffer verrühren. Rucola, Basilikum und Erdbeeren behutsam mit der Vinaigrette mischen und den Pecorino darüber streuen.

Quelle: Living at Home Ausgabe 6/2001

Komposition in Duft und Farbe

Bereits die römischen Dichter Ovid, Vergil und Plinius lobten in der Antike das Odeur der kleinen roten Früchte, wobei mehr als 300 Komponenten den charakteristischen Geschmack von Erdbeeren ausmachen. Ein hoher Gehalt an Anthranilsäuremethylester, vorrangig Buttersäure- und Hexansäureester, verleiht den Früchten vom Waldbeerentyp ihren würzig aromatischen Geschmack. Die eher karamellartige Note der Gartenerdbeere lässt sich auf 2,5 Dimethyl-4-hydroxy- (und -methoxy)-3-furanone zurückführen, welche bei überreifen Früchten wiederum den typischen Sherry-Geschmack erzeugen. Farbgebend sind in erster Linie Pelargonidin-3-glucoside. Die Anthocyanine bleiben mit ca. 300 mg/kg Erdbeeren auch in tiefgefrorenen Früchten erhalten. Durch thermische Behandlung verändern sich jedoch Aroma und Farbe der Erdbeeren nachteilig, stärker als bei anderen Früchten.

Knackiger Inhalt

Erdbeeren schmecken nicht nur gut, sie sind mit gerade mal 32 kcal pro 100 g verzehrbarem Anteil auch ideal für eine leichte, sommerliche Ernährung. Die kleine Frucht steckt voller Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, vor allem ihr Gehalt an Vitamin C kann sich sehen lassen (s. Tab. 1). In 100 g Fruchtfleisch finden sich bis zu 65 mg Ascorbinsäure – deutlich mehr als Zitronen oder Orangen zu bieten haben. Im Gegensatz zu anderen Obstsorten enthalten Erdbeeren außerdem nennenswerte Mengen an Folsäure.


Tab. 1: Energiegehalt und ausgesuchte Inhaltsstoffe der Erdbeere
(pro 100 g essbarem Anteil)
Inhaltsstoff
In 100 g essbarem Anteil sind enthalten
Energiegehalt
136 kJ/32 kcal
Wasser
89,5 g
Eiweiß
0,8 g
Fett
0,4 g
Kohlenhydrate
5,5 g
Kalium
160 mg
Magnesium
13 mg
Eisen
640 µg
Mangan
390 µg
Zink
265 µg
Vitamin E
120 µg
Vitamin B6
60 µg
Vitamin C
65 mg
Nicotinamid
510 µg
Pantothensäure
300 µg
Folsäure
45 µg
Apfelsäure
305 mg
Zitronensäure
750 mg
Salizylsäure
1400 µg
Quelle: Lebensmitteltabelle für die Praxis, Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, 3. Auflage, WVG Stuttgart

Grüne Medizin

Aus pharmazeutischer Sicht sind bei Erdbeerpflanzen weniger die Früchte als vielmehr ihre Blätter interessant. Das von verschiedenen Erdbeerarten gewonnene und getrocknete Laub enthält Gerbstoffe, Flavonoide, Leucocyane, Vitamine und wenige ätherische Öle. Aufgrund der diuretischen, blutreinigenden und mild adstringierenden Wirkung sind Erdbeerblätter häufig Teemischungen bei Magen-Darmbeschwerden oder zur Entwässerung beigefügt. Da der Gerbstoffgehalt mit dem Alter ansteigt, eignen sich vor allem die jungen Blätter für Tee. Lokal lassen sich Erdbeerblätter als Antiseptikum verwenden –- flavonoide Substanzen sollen dabei die Permeabilität der Kapillaren normalisieren.

Gaumenfreude pur ...

Als die im Kalenderjahr am frühesten reifende Obstart, werden Erdbeeren in erster Linie frisch verzehrt. Dabei harmoniert das Fruchtaroma besonders gut mit Zucker, Milch, Quark, Joghurt oder Schlagsahne. Darüber hinaus geben Erdbeeren in pürierter Form kalten Suppen oder Saucen eine besondere Note und eignen sich hervorragend für Speisen mit kurzen Garzeiten wie Soufflés oder Gratins. Die roten Früchte fehlen auf keinem sommerlichen Kuchenbuffet und sind für spritzige Bowlen unverzichtbar.

... und manchmal extravagant

Neben den klassischen Zubereitungen setzen Erdbeeren auch in phantasievollen Kreationen kulinarische Highlights. So ist das Zusammenspiel von Erdbeeren und grünem Pfeffer für den anspruchsvollen Gaumen ebenso interessant wie die Kombination der Früchte mit Balsamico-Essig und frischem Basilikum. Eingelegt in die aromatischen Flüssigkeiten geben Erdbeeren Champagner, Orangensaft, Rotwein und Likör das gewisse Etwas und in dunkle oder weiße Schokolade getaucht, wird aus jeder Erdbeere eine Praline mit Sti(e)l.

Über die Saison hinaus

Für einen gelungenen Start in den Tag geht eigentlich nichts über selbstgemachte Erdbeermarmelade. Pur oder im Arrangement mit Vanille, Rhabarber und anderen Früchten lässt sich die Erdbeersaison auf diese Weise problemlos in die Verlängerung schicken. Auch durch das Einfrieren von ganzen oder pürierten Früchten kann der Sommer bis zu zwölf Monate auf Vorrat gelegt werden. Zum Einwecken eignen sich die empfindlichen Früchte weniger, sie verlieren sowohl ihre Farbe und Frische als auch den typischen Geschmack.

Verführerische Früchte

Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass die Erdbeere der altnordischen Fruchtbarkeitsgöttin Freya gewidmet wurde. Auch zahlreiche Gedichte und Filme sprechen der roten Frucht eine deutlich erotisierende Wirkung zu. So seufzt der französische Lyriker François Villon bereits Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts "Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund" und Mickey Rourke verführt in "Neuneinhalb Wochen" Kim Basinger mit Milch und Erdbeeren nicht ausschließlich zu kulinarischen Wonnen. Ob jedoch nun Farbe und Form oder doch die Inhaltsstoffe der Frucht für sinnliche Gedanken sorgen, ist wissenschaftlich nicht geklärt und sollte der Phantasie eines jeden selbst überlassen bleiben.

 

Literatur

Ternes, Teufel, Tunger, Zobel, "Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie", WVG Stuttgart, 2007

Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, "Lebensmitteltabelle für die Praxis", WVG Stuttgart, 3. Auflage, 2004

Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 9. Auflage, Walter de Gruyter GmbH, 2004

Anne Willan, "Die große Schule des Kochens", Christian Verlag, München, 3. Auflage, 1994

Kristiane Müller-Urban, "Verführung mit Erdbeeren", Modern Cooking

www.cma.de

www.was-wir-essen.de

 

 


Apothekerin Franziska Wartenberg
 

 

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