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Importe, Versandhandel und Arzneimittelfälschungen

Peter Ditzel

Die im vergangenen Jahr angeheizte Diskussion um Arzneimittelfälschungen aus dem Internethandel, die auch in diesem Jahr noch kräftig brennt und zu der fast jede Woche noch ein wenig mehr Öl ins Feuer gegossen wird, bringt mittlerweile auch Politiker ins Schwitzen. So haben sie sich den Versandhandel wohl nicht vorgestellt. Die Apotheker hatten von Anfang an davor gewarnt, aber man hatte nicht auf sie gehört.

Doch das Thema Fälschungen hielten die Apotheker am Kochen: das ZL wies über Testkäufe nach, dass man bei Bestellungen über ausländische Versandapotheken mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, ein gefälschtes Arzneimittel zu erhalten, das im harmlosen Fall wirkungslos, im schlimmsten Fall eine Gefahr für die Gesundheit darstellt. Auch Verbraucherverbände warnten vor dem Interneteinkauf von Arzneimitteln bei ausländischen Apotheken. Hinzu kamen die Untersuchungen des Bundeskriminalamts, das in seinem Bericht im letzten Jahr ebenfalls auf die hohe Zahl an gefälschten Arzneimitteln aus dem Ausland hinwies. Und erst vor Kurzem hat die Europäische Zollunion gemeldet, wie stark die Menge an gefälschten Arzneimitteln, die vom Zoll in den europäischen Ländern beschlagnahmt wurde, zugenommen hat. Im letzten Jahr haben die Zollbehörden der EU 52 Prozent mehr Arzneimittel aus Drittländern sichergestellt als noch im Jahr 2006. Allein am Frankfurter Flughafen stieg die Anzahl der entdeckten Arzneimittelfälschungen im vergangenen Jahr fast um das Vierfache im Vergleich zum Vorjahr an. Die Europäische Kommission verfolgt diesen Anstieg mit Sorge, da gefälschte Arzneimittel nicht nur wirtschaftlichen Schaden anrichten, sondern auch die Gesundheit der Bürger gefährden. Es ist kaum damit zu rechnen, dass dieses Fälschergeschäft nachlassen wird, denn es ist ein ungeheuer lukratives. Es bringt zum Teil mehr Profit, insbesondere bei Lifestyle-Medikamenten, als der Drogenhandel und es ist in den Ländern, in denen die Fälschungen hergestellt werden, mit weitaus niedrigeren Strafen belegt als der Drogenschmuggel.

Die ABDA tat gut daran, über Pressemitteilungen, auf Pressekonferenzen und in einer Kampagne das Thema Arzneimittelfälschungen im Gespräch zu halten. Tagespresse, Rundfunk und Fernsehen informierten die Bevölkerung.

Das Thema ist bei den Politikern angekommen, auch in Europa. Günther Verheugen, Vizepräsident der EU-Kommission, geht sogar soweit, dass er den Re- und Parallelimport von Arzneimitteln unterbinden möchte, da hier die Gefahr der Manipulation von Arzneimittelpackungen besteht. Ich denke, als Apotheker haben wir damit keine Probleme, sollte das Neu- und Umverpacken von Arzneimitteln verboten werden. Kein Patient in Deutschland und keine Krankenkasse braucht Re- oder Parallelimporte – (außer die Importeure selbst).

Aber nicht nur auf EU-Ebene, auch in Deutschland nimmt die Politik die Gefahr von Arzneimittelfälschungen, die mit dem Versandhandel einhergeht, endlich mehr und mehr ernst. Zwei Bundesratsinitiativen machen sich für eine Herausnahme der verschreibungspflichtigen Arzneimittel aus dem Versandhandel stark. Es tut sich was – nur aus dem Bundesgesundheitsministerium sind keine Signale zu hören, ob man sich dazu entschließen kann, den Fehler von 2004, die Zulassung des Versandhandels, partiell rückgängig zu machen.

Aber nicht jedem gefallen diese Initiativen, beispielsweise hält der Bundesverband Deutscher Versandapotheken dagegen. In einem Verbot von Rx-Arzneimitteln im Versandhandel sieht er keine zusätzliche Sicherheit. Klar, er rechnet mit Umsatzverlusten für seine Mitglieder, wobei allerdings der eine oder andere Versandapotheker selbst kein Interesse daran hat, Rx-Arzneimittel zu versenden. Das Geld wird mit dem Versand von OTCs gemacht, heißt es bei vielen Versendern.

Und so ist mittlerweile ein turbulentes Hickhack im Markt entstanden: die Politik sieht in den Importen ein Potenzial für Fälschungen und warnt vor ausländischen Internetapotheken, die Importeure suchen den Schuldigen für Arzneifälschungen im Versandhandel und der Versandhandelsverband hackt auf den Importeuren herum und sieht darin die Sicherheitslücken.

Unabhängig davon, wie sich die Verbände attackieren: Beim Verbraucher ist mittlerweile angekommen, dass der Arzneimittelbezug übers Internet Risiken birgt. Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage, die die ABDA im Mai in Auftrag gegeben hatte: Drei Viertel der Befragten schätzen das Risiko, ein gefälschtes Arzneimittel beim Kauf über das Internet zu erhalten, als besonders hoch ein.

Also, bei der Bevölkerung ist angekommen, wo sie sichere Arzneimittel bekommt. Warum zögert unser Bundesgesundheitsministerium?


Peter Ditzel

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