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- DAZ 33/2008
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Personen
Prof. Dr. Dr. h. c. Bernd W. Müller, Kiel, zum 65. Geburtstag
Nach der damals noch erforderlichen zweijährigen Praktikantenzeit studierte Bernd W. Müller von 1966 bis 1969 in München Pharmazie und erhielt 1969 die Approbation als Apotheker. Die wissenschaftliche Pharmazie hat ihn schon damals gefesselt, so dass sich dem Studium eine Promotion im Fach Pharmazeutische Technologie anschloss. In dieser Zeit (1969–1971) beschäftigte sich B. W. Müller unter der Leitung von Prof. Dr. P. H. List in Marburg mit Untersuchungen zum FST-Komplex. Direkt im Anschluss an die Promotion und ebenfalls in Marburg war Müller dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie in Marburg tätig und fertigte in der Zeit von 1971 bis 1976 seine Habilitation an, die er im Jahre 1976 abschloss und die "venia legendi" für das Fach Pharmazeutische Technologie erhielt. Schwerpunkt seiner damaligen Arbeiten waren Untersuchungen zur Zusammensetzung und Polymorphie von Metallseifen. Aus dieser Zeit resultieren einige Publikationen zum Einsatz von Magnesiumstearat als Fließregulierungs- und Formentrennmittel sowie den verschiedenen Modifikationen des Magnesiumstearats. In den Jahren 1974 und 1975 hat Herr Müller bereits seinen Hang zur Lehre weiter unter Beweis stellen können als er eine Lehrstuhlvertretung in Erlangen annahm.
Im Jahre 1976 erhielt Bernd W. Müller den Ruf auf die Stelle eines "Associate Professors" an die Universität Groningen (Niederlande), wo er seine Arbeiten an den festen Formen fortsetzte. Zahlreiche internationale Kontakte sowie die nach wie vor guten Beziehungen zu den Vertretern der niederländischen Pharmazie rühren aus dieser Zeit. Auch den Studenten bleibt diese Zeit in den Niederlanden nicht unverborgen, denn zahlreiche Dias und Abbildungen sind in holländischer Sprache im Original erhalten und fanden von Zeit zu Zeit Eingang in die Hauptvorlesung "Pharmazeutische Technologie".
Seiner Verbundenheit zu der Küste und dem Wasser folgend nahm Bernd Müller im Jahre 1979 den Ruf auf die C4-Professur für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel an, wo er bis zu seinem "vorläufigen" Ruhestand im Jahre 2004 Direktor am dortigen Lehrstuhl war. Nach ersten beengten Jahren im Altbau des Pharmazeutischen Instituts hatte Bernd W. Müller die schöne, aber auch verantwortungsvolle Aufgabe, einen Neubau für die Pharmazeutische Technologie planen und realisieren zu können. Das neue Gebäude wurde 1989 eingeweiht und hat aufgrund der hervorragenden Planung und guten Bauunterhaltung trotz der fast 20-jährigen Bestehenszeit kaum etwas an Attraktivität eingebüßt. Bernd Müller ist es zu verdanken, dass neben der technologischen Standardausrüstung auch ein Sterilbereich sowie umfangreiche Produktionskapazitäten geschaffen werden konnten, die seinerzeit für eine Notfallversorgung der Bevölkerung mit Medikamenten hätte Verwendung finden können. Im Jahre 1983 gründete Professor Müller eine Gesellschaft zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Pharmazeutischen Technologie – eine zum damaligen Zeitpunkt innovative Idee, um industrielle Partner zur Zusammenarbeit mit der Hochschule zu bewegen und auch heute noch ein Konzept, das sich weiterhin bewährt. Über diese Gesellschaft und die damit eingeworbenen Drittmittel konnten zahlreiche Geräte angeschafft und damit die Ausstattung des Instituts auf ein konkurrenzloses Niveau angehoben werden. Zudem wurden seither mehr als 35 Doktoranden und zehn Diplomanden komplett oder teilweise über diese wissenschaftliche Gesellschaft finanziert. Diesen erworbenen Status wollte Professor Müller nicht aufgeben und lehnte im Jahr 1990 den Ruf auf die C4-Professur für Pharmazeutische Technologie in Marburg ab.
Das wissenschaftliche Interesse von Professor Müller galt schon immer den "kleinen Teilchen". Dementsprechend ist auch ein Großteil der apparativen und analytischen Ausstattung der Abteilung für die damit verbundenen speziellen Herstell- und Messaufgaben ausgerichtet. Ein Steckenpferd von Bernd W. Müller sind bis heute die Mikroemulsionen, zu dessen Verständnis, Strukturaufklärung und pharmazeutischer Anwendung B. W. Müller maßgeblich beigetragen hat. Dies spiegelt sich in der Anzahl der auf diesem Gebiet durchgeführten Doktorarbeiten, Publikationen und Patentanmeldungen wider. Eine weitere "Kieler Idee" ist die Verwendung von überkritischen Gasen zur Herstellung von wirkstoffbeladenen Mikropartikeln aus bioabbaubaren Polymeren. Das Verfahren konnte 1989 zum Patent angemeldet werden und hat seither viele internationale Nachahmer gefunden. Mit diesem Verfahren konnte auch ein weiterer Interessenschwerpunkt Müllers abgedeckt werden: das Formulieren schwer wasserlöslicher Wirkstoffe. Die neu entwickelten Ansätze zur Verbesserung der Lösungsgeschwindigkeit wurden ebenfalls in zahlreichen Originalaufsätzen publiziert und teilweise patentiert. Vergessen werden dürfen an dieser Stelle natürlich nicht die Cyclodextrine – in der Kieler Arbeitsgruppe wurden die ersten teilalkylierten Derivate synthetisiert und deren Einsatz als Einschlussverbindungen bildende Hilfsstoffe wissenschaftlich belegt. Auch aus diesen Arbeiten resultiert ein Patent, nach dem sich noch heute, zumindest in den USA, die Firmen, die hydroxyalkylierte Cyclodextrine verwenden möchten, richten müssen.
Insgesamt hat Herr Müller bis zum heutigen Tage mehr als 60 Doktoranden promoviert; ebenfalls nicht unerwähnt bleiben sollte, dass sich an seinem Lehrstuhl unter seiner Führung drei Wissenschaftler habilitiert haben, die mittlerweile allesamt einen eigenen Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie innehaben. Seine wissenschaftlichen Leistungen wurden u. a. mit dem APV-Preis für "Fortschritt in der Pharmazeutischen Technologie" im Jahre 1979, dem "Colorcon Award" im Jahre 1990 sowie dem "Phoenix Wissenschaftspreis" im Jahre 1997 ausgezeichnet und fanden mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Poznan (Polen) im Jahre 1996 ihren Höhepunkt.
Professor Bernd W. Müller hat seine Forschungsarbeiten in weit über 150 Original-Aufsätzen publizieren können. Dazu kommen zahlreiche Patentanmeldungen sowie Buchbeiträge. Auf wissenschaftlichen Kongressen ist Bernd Müller immer ein gern gesehener Redner, der es mit seiner munteren Art versteht, seinem Publikum auch komplexe Sachverhalte spielerisch zu vermitteln.
Professor Müller hat lange Zeit (1986–1997) als Vizepräsident die Geschicke der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik mitbestimmt und der APV zu der heute anerkannten internationalen Reputation verholfen. Unvergessen ist dabei sicherlich auch die Organisation des ersten Weltkongresses für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie in Budapest im Jahr 1995 – mit viel Arbeit und persönlichem Einsatz verbunden hat dieser Kongress den Grundstein gelegt für weitere überaus erfolgreiche World Meetings; das siebte wird 2010 in Malta stattfinden. Bernd W. Müller ist Mitglied in zahlreichen weiteren Fachgesellschaften, so in der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), seit 1992 als Präsidiumsmitglied, in der Deutschen Kolloid Gesellschaft, der Gesellschaft Deutscher Kosmetik Chemiker und der internationalen Gesellschaft für Thermische Analyse. Zudem war Professor Müller lange Zeit in der Arzneibuchkommission tätig, zuletzt als Vorsitzender der Fachgruppe pharmazeutische Technologie. Viele internationale Zeitschriften würden ohne die Gutachtertätigkeit Müllers "wissenschaftlichen Schrott" publizieren; von den kritischen Reviews profitieren u. a. das APV-Journal European Journal of Pharmaceutics & Biopharmaceutics, das International Journal of Pharmaceutics, Pharmaceutical Research, Pharmaceutical Development & Technology, und weitere.
Die Pharmazie in Kiel darf stolz sein, dass Professor Müller die vergangenen nahezu 30 Jahre am Lehrstuhl in Kiel tätig gewesen ist und dank seines persönlichen Engagements der Pharmazeutischen Technologie in Kiel zu der hohen internationalen Reputation des Lehrstuhls verholfen hat.
Lieber Herr Müller, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lehrstuhls für Pharmazeutische Technologie & Biopharmazie sowie alle Institutsmitarbeiter und ganz besonders ich, gratulieren Ihnen und Ihrer Frau ganz herzlich zu Ihren Geburtstagen. Für Ihre Zukunft wünschen wir Ihnen alles Gute sowie eine gehörige Portion Kraft und Gesundheit, damit Sie es auch weiterhin schaffen, neben der wissenschaftlichen Arbeit Ihrem Hobby, dem Wassersport, die notwendige Zeit zu widmen. Herzlichen Glückwunsch!
Ihr Hartwig Steckel
Prof. Dr. Hartwig Steckel, Christian-Albrechts-Universität Kiel, Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie & Biopharmazie
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