DPhG-Jahrestagung

Alle müssen an einem Strang ziehen

Über Arzneimitteltherapiesicherheit als interdisziplinäre Herausforderung referierte Prof. Dr. Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken, zugleich Leiter des Instituts für Arzneitherapiesicherheit des Universitätsklinikums Essen und Mitglied der Koordinierungsgruppe zur Umsetzung des Aktionsplans 2008/ 2009 zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Deutschland (siehe Kasten).

Auch wenn der Arzt im Rahmen der Arzneimitteltherapie für den jeweiligen Patienten stets nur ein eingeschränktes Sortiment einsetzt, ist es objektiv unmöglich, dass ihm zum Verordnungszeitpunkt alle Informationen über eine etwaige Begleitmedikation oder andere Therapie-relevante Faktoren zur Verfügung stehen. Die Patienten werden zwar vielfach gemäß den Leitlinien behandelt, jedoch berücksichtigen diese nicht die Multimorbidität des Einzelnen. Ebensolche Probleme bestehen in der Apotheke bei der individuellen Beratung. So ist die Sicherheit bei der Abgabe in der Apotheke für Grandt nur eine "gefühlte Sicherheit".

Die Hälfte aller auftretenden Verordnungsfehler sind Dosierungsfehler, hiervon die meisten durch eingeschränkte Nierenfunktion. Das Ausmaß dieses Risikos machte Grandt an folgenden Zahlen fest: 23% der 65- bis 79-Jährigen und die Hälfte der über 80-Jährigen sind niereninsuffizient.

International und auch in Deutschland kommen bereits EDV-Programme zum Einsatz, die eine AMTS-Unterstützung direkt beim Verordnen bzw. bei der Abgabe in der Apotheke ermöglichen. Diese leisten nach Grandts Einschätzung deutlich mehr als pharmakologische Datenbanken und Fachinformationen, die Ärzte und Apotheker häufig mit einem Informations-Overkill konfrontieren. Expertensysteme, die therapeutisch eng begrenzt sind und eigenständig Therapievorschläge generieren, wären optimal, sind aber sehr kompliziert anzulegen.

Grandt berichtete von seinen Erfahrungen im Klinikum Saarbrücken, wo EDV-Programme seit einigen Jahren im Routinebetrieb getestet, evaluiert und optimiert werden. Die Erfahrungen sind ermutigend und decken sich mit Erfahrungen in den USA, wo durch eine computerisierte Verordnung eine langfristige Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit erreicht werden konnte. Grundsätzlich sind solche Fortschritte allerdings nur zu erwarten, wenn alle Beteiligten, das heißt Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal, IT und Qualitätsmanagement, an einem Strang ziehen.

Am Anfang muss die Analyse des Problems stehen. Dabei braucht es laut Grandt die Pharmazeuten in Kombination mit dem Arzt: "Der Apotheker, der am Bett des Patienten steht und mit dem Arzt spricht, ist das Beste, was man erreichen kann", meinte der AMTS-Experte.


hb

Mehr Arzneimitteltherapiesicherheit

Arzneimitteltherapiesicherheit umschreibt den Bereich der vermeidbaren unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW), etwa durch falsche Indikationen, falsche Dosierungen, eine falsche Verabreichung oder Einnahme, die Nichtbeachtung von Kontraindikationen oder Warnhinweisen, Kommunikationsfehler oder Verwechslungen. Diese resultieren im Wesentlichen aus suboptimalen Abläufen im Medikationsprozess. Im November 2007 legte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) auf, der die am Medikationsprozess Beteiligten wie Ärzte, Apotheker, Behörden und Patienten zusammenführt, um die Voraussetzungen für die bestimmungsgemäße Anwendung von Arzneimitteln zu verbessern.

Schwerpunkte des Plans sind:

1. Etablierung einer besseren Sicherheitskultur für die AMTS in den Fachkreisen unter Einbeziehung der Patienten,

2. Verbesserung der Informationen über Arzneimittel,

3. Entwicklung und Einsatz von Strategien zur Risikovermeidung bei der Anwendung von Arzneimitteln,

4. Förderung der Forschung auf dem Gebiet der AMTS und

5. Organisation eines kontinuierlichen Prozesses zur Umsetzung und Fortschreibung des Aktionsplans.

Für die praktische Umsetzung wurde bei der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) eine Koordinierungsgruppe eingerichtet, die im Juni 2008 ihre Arbeit aufgenommen hat.

Internet: www.ap-amts.de

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