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Aus der Hochschule
Zehn Jahre Frankfurter Winterschule in Aigen
Die Idee
Angefangen hatte alles mit einer Idee der Professoren Schubert-Zsilavecz und Steinhilber: Eine Lernwoche sollte einerseits die Ergebnisse der Frankfurter Pharmaziestudentinnen und -studenten im 1. Staatsexamen verbessern. Andererseits sollte die Semesterzusammengehörigkeit gefestigt und das Verhältnis zu den Lehrenden entkrampft und auf eine zeitgemäße Basis gestellt werden.
Schnell wurde klar, dass ein derartiges Konzept nur in "Klausur" umzusetzen ist – die erste "Sommerschule", die als zusätzliche Lernwoche in Frankfurt abgehalten wurde, brachte wegen mangelnder Beteiligung der Studierenden nicht die gewünschten Erfolge. Eine stimulierende Atmosphäre ohne den gewohnten "Unigeruch" musste her, um einerseits ein konzentriertes Arbeiten zu gewährleisten, andererseits aber auch einem "Wir-Gefühl" unter Lehrenden und Lernenden eine Chance zu geben.
Ideale Vorraussetzungen fanden sich in Aigen im Enn stal (Steiermark): Weit weg von der Heimat bot das Puttererschlössl, ein einfaches, aber keineswegs primitives Jugendgästehaus, alle Möglichkeiten, um gemeinsam zu arbeiten, zu essen, angemessen zu feiern und zu schlafen. Als überaus günstig erwies sich auch, dass mit der Frankfurter Mannschaft das Gästehaus komplett belegt war, sodass keine weiteren Pensionsgäste stören oder gestört werden konnten.
Der Anfang
Die drei Professoren Dingermann, Schubert-Zsilavecz und Steinhilber sowie die zwei Postdocs Wurglics und Zündorf stellen seither das ehrenamtlich arbeitende "Gründungspersonal", zunächst unterstützt von zwei Doktoranden. Die Lehreinheiten wurden mit Overhead-Projektor, Folien und Folienstiften sowie Dias von Pflanzen durchgeführt; in Ermangelung ausreichend vieler Tische mussten die Studierenden ihre Unterlagen auf den Knien balancieren.
Von Beginn an waren ausreichend Freizeitaktivitäten eingeplant, um den Kopf immer wieder für neues Wissen frei zu bekommen. Höhepunkte waren im Sommer wie im Winter ein Ausflug nach Graz, im Sommer eine Raftingtour auf der Enns und im Winter eine Rodelpartie sowie Skifahren oder Snowboarden.
Zu Beginn einer jeden Winterschule wurde zudem eine Fortbildungsveranstaltung für österreichische Apothekerinnen und Apotheker – das Pharmazieforum Aigen – organisiert, das den Studierenden ein erstes Gefühl für das Hauptstudium mit richtigen pharmazeutischen Inhalten geben soll. Das erste Pharmazieforum Aigen fand in einer eiskalten Turnhalle statt – alles andere als ideale Bedingungen, um die Teilnehmer zum Wiederkommen zu animieren.
Doch von Beginn herrschte eine positiv-konstruktive Atmosphäre, der Lernerfolg war deutlich sichtbar, und das Semester fand einen Zusammenhalt, wie er bis dahin in Frankfurt unbekannt gewesen war.
Zehn Jahre später
Mittlerweile haben sich zwei weitere Professoren, die beiden Pharmazeutischen Chemiker Stark und Karas, dem Instruktoren-Kernteam angeschlossen. Für eine immer routiniertere Abwicklung wurde die Frankfurter Pharmazieschule e. V. gegründet, und mit der Hexal AG wurde ein großzügiger Sponsor gefunden, wodurch sichergestellt war, dass jedem Studierenden die Teilnahme an einer Sommer- und Winterschule möglich ist.
Es wurde auch gezielt in die Infrastruktur investiert. So ist das Puttererschlössl mit W-LAN ausgestattet, der Unterrichtsraum im Dachboden hat eine fest installierte Leinwand und einen an der Decke angebrachten Beamer, für die Lehreinheiten stehen moderne Hilfsmittel wie beschreibbare Smartboard-Projektionen und ein interaktives Abstimmsystem zur Verfügung. Eltern und Freunde können über die Homepage der Pharmazieschule aktuelle Fotos einsehen, und zum Abschluss erhalten die Teilnehmer eine Erinnerungs-CD mit allen Fotos.
Das Pharmazieforum Aigen wird hochprofessionell in der lokalen Luxusherberge Schloss Pichlarn abgehalten – organisiert und gesponsert vom Apothekergroßhandel Herba Chemosan. Und seit einigen Jahren reisen zu diesem Event auf Einladung der Veranstalter auch Pharmaziestudierende abwechselnd aus Graz, Wien und Innsbruck an, mit denen sich die Frankfurter Studierenden am ersten Abend beim traditionellen Schnitzelessen beim Kirchenwirt austauschen können.
Das diesjährige "Jubiläumsprogramm" des Pharmazieforums war gewohnt hochkarätig. Es führte die Zuhörer in die Welt des Dopings (Prof. Karas), erzählte von Freddie Mercury und Aids (Profs. Dingermann und Steinhilber), zeigte die molekularen Ursachen von Kinderleukämien (Prof. Marschalek) auf und erläuterte die Fortschritte bei den auf das zentrale Nervensystem (Prof. Stark) bzw. das Herz-Kreislauf-System (Prof. Schubert-Zsilavecz) einwirkenden Therapeutika. Waren vor zehn Jahre gerade einmal die ersten Biologicals gut im Markt etabliert, so gibt es heute bereits Generika in Form der Biosimilars – ein Thema, das Prof. Dingermann im Pharmazieforum darstellte.
Ein "Novum" der Jubiläumsveranstaltung war der durch einen Sturm hervorgerufene kurze Stromausfall, der verdeutlichte, wie sehr eine solche Veranstaltung von Energie abhängig ist. Echt neu ist die Möglichkeit, die Vorträge als Podcasts nachzuhören (siehe Internet).
Business as usual
So ganz nebenbei – aber dennoch mit voller Konzentration – absolvierten die diesjährigen Teilnehmer wieder mehr als 40 Stunden intensiven Unterricht. Als sportliche Aktivitäten standen – wie in jeder Winterschule – eine Rodelpartie und drei Pistennachmittage auf dem Programm, und die ganz "Harten" trafen sich morgens um 6 Uhr mit Prof. Dingermann zur Joggingrunde.
Internet
10 Jahre Winterschule
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Ehrengäste
Ein Jubiläum braucht natürlich auch Ehrengäste. Für die Teilnehmer der diesjährigen Winterschule war es sicherlich etwas Besonderes, nicht nur den Präsidenten der Universität Frankfurt, Prof. Rudolf Steinberg, sondern auch die Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, Frau Erika Fink, persönlich kennen zu lernen. Auch Frau Dr. Gabriele Kröner von der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung sowie Frau Dr. Petra Schoettler, ehemaliges Vorstandsmitglied der Hexal AG, waren als Ehrengäste anwesend.
Die langjährige, partnerschaftliche Verbundenheit der Universität Frankfurt mit der Stadt Aigen im Ennstal besiegelten im Jubiläumsjahr Gedenktafeln, die vom Universitätspräsidenten Prof. Steinberg und dem Bürgermeister von Aigen enthüllt wurden. Denn die Pharmaziestudierenden sind längst nicht mehr die einzigen Frankfurter Studenten, die sich nach Aigen zum Lernen zurückziehen. Mittlerweile verbringen dort im Winter auch Chemiestudenten und im Sommer Medizinstudenten eine Lernwoche. Und im letzten Jahr fanden in der kleinen Gemeinde zwei internationale Symposien mit Frankfurter Doktoranden statt.
Ilse Zündorf und Theo Dingermann
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