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Fremdbesitzprobleme neuer Art

BERLIN (ks). Die Apotheker streiten beharrlich für das Fremdbesitzverbot – von berufsfremden Gesellschaften wollen sie nicht bestimmt werden. Doch nun sind sie in eine etwas pikante Situation geraten: Die Steuerberaterkammer Niedersachsen hat die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover, die sich überwiegend im Eigentum von Apothekern befindet, ins Visier genommen. Der Vorwurf: Die Apotheker brechen das – seit 1990 auch für den freien Beruf des Steuerberaters geltende – Fremdbesitzverbot.
Fit für die Zukunft? Diese Frage stellt sich nun auch der Treuhand selbst.

Bis Ende 1989 war der Fremdbesitz für Steuerberater kein Thema. Damit waren auch die Eigentumsverhältnisse der Treuhand Hannover – die dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert – nie ein Stein des Anstoßes. Getragen wird die Gesellschaft zu 76 Prozent vom Treuhand-Verband Deutscher Apotheker, dem rund 1000 Apotheker angehören. 24 Prozent hält die Deutsche Apotheker- und Ärztebank. Auch als es 1990 Gesetz wurde, dass nur Steuerberater Steuerberatungsunternehmen besitzen dürfen, gab es keine Probleme. Altgesellschaften wie die Treuhand Hannover sollten Bestandsschutz genießen, solange sich an ihrer Gesellschafterstruktur nichts ändert. Doch 1994 wurde das Fremdbesitzverbot für die Steuerberater verschärft. Nun wurden auch die mittelbar Beteiligten in den Fokus genommen: Ein Mitgliedswechsel in der Genossenschaft oder im Verein sollte ebenfalls für einen bestandsschädlichen Tatbestand reichen. Bei so großen Gefügen wie der Apobank und dem Treuhand-Verband sind solche Wechsel gang und gäbe. Doch 14 Jahre lang blieb die Steuerberaterkammer still. Erst im vergangenen Jahr besann sie sich auf das geltende Recht und zog vor das Niedersächsische Finanzgericht, um gegen die Eigentümerstruktur der Treuhand Hannover vorzugehen. Das Gericht wies ihr Ansinnen in erster Instanz zurück. Die Kammer ging jedoch in Revision und erwirkte vor dem Bundesfinanzhof eine Vorabentscheidung, in dem das Gericht zum Ausdruck brachte, die Position der Klägerin zu unterstützen.

Zwangsenteignung der Apotheker?

"Dies könnte bedeuten, dass die jetzigen Gesellschafter aus ihrer Position verdrängt werden", erklärte Dr. Klaus-Martin Prang, Sprecher der Geschäftsführung der Treuhand Hannover am 3. März vor der Fachpresse in Berlin. Wilhelm Soltau vom Treuhand-Verband der Apotheker erläuterte, dass diese faktische Enteignung die Mitglieder des Trägerverbandes nicht begeistert. Für ihn ist es nicht nachvollziehbar, dass der Bestandsschutz für die Treuhand Hannover durch einen bloßen Mitgliederwechsel entfallen soll. An den Eigentumsverhältnissen habe sich schließlich nichts verändert. Auch habe es nie ein Problem mit den Steuerberatern des Unternehmens gegeben. Weder Apotheker noch Banker hätten je so in die Tätigkeit der Steuerberater eingegriffen, dass diese ihren freien Beruf nicht mehr ordentlich hätten ausüben können. Auch finanzielle Transaktionen oder Gewinnabführungsverträge habe es nie gegeben, so Soltau. Die Steuerberater schätzen die Zusammenarbeit mit den Apothekern als Ideengeber ebenfalls, betonte Prang. Schließlich helfen die Pharmazeuten ihnen, optimale Marktstrategien für ihre Kunden zu entwickeln und damit für ein beständiges Wachstum des Unternehmens zu sorgen.

Blick nach Luxemburg

Doch Soltau räumt ein, dass die Situation für die Apotheker nun nicht ganz einfach ist. Einerseits streiten sie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) für ihr eigenes Fremdbesitzverbot, andererseits wollen sie ihren Fremdbesitz an dem Steuerberatungsunternehmen nur ungerne aufgeben. Ihre Strategie wird es nun sein, beim Bundesfinanzhof eine mündliche Verhandlung zu beantragen – damit würde der vorliegende Gerichtsbescheid des Bundesfinanzhofes aufgehoben und die Richter müssten ein Urteil fällen. Nach Einschätzung Prangs sei diese Entscheidung in etwa einem halben Jahr zu erwarten. Bis dahin sollte auch der EuGH sein Urteil im DocMorris-Fremdbesitz-Verfahren gesprochen haben. Wie auch immer es ausfällt – es wird sich maßgeblich auf die weitere Strategie der Apotheker im Treuhand-Verfahren auswirken. Sollten die Luxemburger Richter die nationalen Regeln unbeanstandet lassen, wäre es "ein Affront, wenn die Apotheker vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um gegen das Fremdbesitzverbot zu streiten", erklärte Soltau. Nur wenn der EuGH das Fremdbesitzverbot für Apotheken für unzulässig erachtet, wäre der Gang nach Karlsruhe denkbar.

Treuhand wird bestehen bleiben

All jene Apotheker, die Mandanten der Treuhand Hannover sind, müssen sich trotz der derzeitigen Geschehnisse keine Sorgen machen, betonte Soltau: "Die jetzigen Gesellschafter und Eigentümer werden alles dafür tun, dass das Unternehmen für die Apotheker erhalten bleibt". Möglich sei es, die Geschäftsanteile an die bei der Treuhand Hannover tätigen Steuerberater zu übertragen. Details müssten noch geklärt werden. Auf jeden Fall werde aber sichergestellt, dass die Anteile im Unternehmen blieben, ausscheidende Steuerberater müssten mithin ihre Anteile abgeben. Die Apotheker könnten durch eine Förderverein weiterhin ihre Ideen und Wünsche einbringen.

Ein Exempel wird statuiert

Die Eigentümerstruktur der Treuhand Hannover ist kein Unikum in der Steuerberatungswelt. Auch andere Beratungsunternehmen werden von Nicht-Steuerberatern gehalten und genießen bislang Bestandsschutz. Im Fall der Treuhand Hannover wurde nun erstmals eine Steuerberatungskammer tätig. Es soll ein Exempel statuiert werden, das dann auch auf andere Steuerberatungsgesellschaften Auswirkungen haben dürfte.

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