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Pick-up-Stellen
Wie Pick-up-Stellen verboten werden könnten
Mit seinem Urteil vom 13. März 20081 entschied das Bundesverwaltungsgericht, der Versand von Arzneimitteln könne auch durch Übersendung an eine in einem Gewerbebetrieb eingerichtete Abholstation erfolgen, in der die Arzneimittelsendung dem "Kunden" ausgehändigt wird. Erst wenn das in den Vertrieb eingeschaltete Unternehmen die Funktion des Transportmittlers überschreite und den Eindruck erwecke, die Arzneimittel würden von ihm selbst abgegeben, handele es sich nicht mehr um einen Arzneimittelversand durch eine Apotheke im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG.
Nach dem Urteil besteht Handlungsbedarf, um die drohende Aufweichung und Auflösung des vom Gesetzgeber etablierten Systems zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu verhindern. Obwohl insoweit die Rückführung des legalen Versandhandels auf das verfassungs- und gemeinschaftsrechtlich gebotene Maß zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung die vorzugswürdige Regelung darstellte,2 scheinen die politischen Verhältnisse für diese rechtlich und für die Bevölkerung klarste Lösung nicht gegeben zu sein.
Meyer hat in dieser Situation verdienstvolle Vorschläge unterbreitet.3 Dazu soll nachfolgend ein teilweise ergänzendes, teilweise alternatives Konzept des Verbots der Arzneimittel-Pick-up-Stellen und der Novellierung des legalen Arzneimittelversands als Mittelweg zwischen den Extremen des Verbots des Versandes verschreibungspflichtiger Arzneimittel einerseits und der Legalisierung auch anderer gewerblicher Abholstellen für verschreibungspflichtige und sonstige apothekenpflichtige Arzneimittel als Apotheken andererseits vorgestellt werden. Dieses Konzept zur Regelung der Modalitäten des Arzneimittelversandes im klassischen Sinne umfasst Vorschläge
zur gesetzlichen Definition des Versandhandels mit Arzneimitteln und
zur adäquaten und äquivalenten Regulierung und Überwachung des Arzneimittelversands einschließlich des Versands durch ausländische Versandapotheken.
Wie an anderer Stelle ausführlich juristisch dargelegt werden wird, bestehen hinsichtlich solcher Regelungen als bloßen Berufsausübungsregelungen entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Gesetzliche Definition des Versandes als "klassischer" Versand
Zur Klarstellung der Unzulässigkeit von Arzneimittel-Pick-up-Stellen außerhalb von Apotheken sollte in § 4 AMG der Begriff des Versandes im Sinne des klassischen Versands wie folgt definiert werden:
"Versand ist jede berufs- oder gewerbsmäßige Aushändigung im Zuge der direkten Beförderung hin zum Besteller durch natürliche Personen, die nicht der unmittelbaren Weisungsgewalt der abgebenden Person unterliegen, an Orten, die nicht zur planmäßigen Lagerung und Aushändigung an eine unbestimmte Vielzahl von Personen bestimmt sind. Versand ist auch die Lagerung und Aushändigung an Orten, die von dem beauftragten Frachtführer oder den von ihm Beauftragten zur Lagerung und Aushändigung bestimmt sind, sofern zuvor eine Aushändigung an Orten im Sinne des Satzes 1 gescheitert ist und der Empfänger keine Zweitzustellung an einem Ort im Sinne des Satzes 1 verlangt."
Diese Definition des klassischen Versands als Transportvorgang beruht auf dem Gegensatz zwischen Lagerung und Transport. Transport ist die bewegende Beförderung zu einem Bestimmungsort. Er hat das möglichst rasche Erreichen des Empfängers auf möglichst direktem Weg zum Ziel. Der Transport steht damit im Gegensatz zur ruhenden Lagerung. Nach der Rechtsprechung liegt in der Regel kein Transport, sondern Lagerung vor, wenn die Ware nicht aus beförderungsbedingten Gründen oder für mehr als 24 Stunden abgestellt ist. Die Zurechnung eines Abstellens zum beförderungsbedingten Ruhen (sog. transportbedingte Zwischenlagerung) setzt dabei einen funktionalen Zusammenhang mit den logistischen Erfordernissen der Beförderung zum Bestimmungsort voraus.4 Eine "Aushändigung im Zuge der direkten Beförderung hin zum Besteller" liegt deshalb grundsätzlich nur dann vor, wenn das Arzneimittel zwischen der Absendung aus der Apotheke und der Aushändigung an den bestimmungsgemäßen Empfänger nicht länger als 24 Stunden ruhte, es sei denn, das längere Ruhen war ausschließlich beförderungsbedingt.
Folge der Aushändigung im Zuge der direkten Beförderung hin zum Besteller ist, dass sie sich an von den jeweiligen Empfängern individuell bestimmten und damit aus Sicht des Versenders ständig wechselnden Orten vollzieht, die nicht vom Versender zur planmäßigen Lagerung und Aushändigung an eine unbestimmte Vielzahl von Personen bestimmt sind. Der Versand von Arzneimitteln in diesem klassisch definierten Sinne ist damit auch klar von der Aushändigung "in Apotheken" i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG abgegrenzt. Kennzeichen der Aushändigung "in" Apotheken ist deren Orts- und Raumgebundenheit. Das Aushändigen erfolgt hier aus Sicht der abgebenden Apotheke stets an ein und demselben Ort und in ein und denselben Räumlichkeiten.
Arzneimittel-Pick-up-Stellen, wie sie dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde lagen, stellen ebenfalls Orte dar, die zur planmäßigen Lagerung und Aushändigung an eine unbestimmte Vielzahl von Personen bestimmt sind. Die Aushändigung an Arzneimittel-Pick-up-Stellen ist daher kein Versand im Sinne seiner klassischen Definition. Andererseits sind Arzneimittel-Pick-up-Stellen keine genehmigten und auch keine genehmigungsfähigen Apotheken, von denen § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG ausgeht. Da nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, die nicht durch die Vorschriften des § 44 AMG oder der nach § 45 Abs. 1 AMG erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch aber nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden dürfen, ist das Inverkehrbringen unter Aushändigung an Arzneimittel-Pick-up-Stellen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG verboten. Das Inverkehrbringen unter Aushändigung an Arzneimittel-Pick-up-Stellen ist weder ein Inverkehrbringen in erlaubten Apotheken noch ein Inverkehrbringen im Wege des erlaubten Versandes im definierten klassischen Sinne.5
Dem steht nicht entgegen, dass es in Fällen, in denen eine erste und zweite Aushändigung im Zuge des Transports gescheitert sind, ausnahmsweise auch zu einer Abholung der Arzneimittel durch den Besteller oder seine Empfangsperson bei der Ausgabestelle des Transportunternehmens kommen kann. Hat gegebenenfalls auch eine Zweitzustellung nicht zum erfolgreichen Abschluss des Transportvorganges durch Aushändigung an den Endverbraucher oder seine Empfangsperson an dem von ihm bestimmten Ort geführt, ist die Aushändigung in der Abholstelle des Transportunternehmens nicht planmäßig, sondern außerplanmäßig und für den endgültigen Abschluss des Transports unumgänglich. Es handelt sich insoweit um eine für das Wesen des Transports nicht typische und nicht wesentliche Ausnahmesituation. Es wäre daher auch nicht angemessen, diese Ausnahmesituation zu dem den Versand prägenden Normalfall hochzustilisieren.
2. Adäquate und äquivalente Regulierung und Überwachung des Arzneimittelversands
a) Versandgenehmigung für alle Versandapotheken
Ferner sollte für alle potenziellen Versandapotheken und nicht nur für die Versandapotheken mit Sitz im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes das Erfordernis einer individuellen Versanderlaubnis eingeführt werden. Dies ist nach den Grundsätzen des internationalen Verwaltungsrechts ohne Weiteres möglich.6
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Versandhandel haben gezeigt, dass es nicht nur beim Versand von Arzneimitteln durch illegale Versender, sondern auch beim Versand durch ausländische Versandapotheken nach Deutschland vielfach zu Verstößen gegen das in diesen Fällen auch auf ausländische Versandapotheken anzuwendende deutsche Recht kam und der grenzüberschreitende Arzneimittelversand durch ausländische Versandapotheken keiner funktionierenden behördlichen Überwachung unterliegt.7 Dies war möglich, weil insoweit bislang eine gravierende rechtliche "Überwachungslücke" besteht. Die Behörden des Herkunftslandes können und dürfen mangels Ermächtigungsgrundlage eine auf Deutschland als Bestimmungsland bezogene Arzneimittelversandtätigkeit rechtlich nicht überwachen oder gar untersagen. Auf den Export von Arzneimitteln nach Deutschland findet deren Arzneimittel- und Apothekenrecht keine Anwendung. Dies ergibt sich sowohl aus dem Demokratie- als auch aus dem Rechtsstaatsprinzip, die auch innerhalb der Europäischen Union gelten. Die Behörden des Herkunftslandes sind nur ermächtigt, die Einhaltung ihres eigenen Rechts zu überwachen und zu vollziehen. Umgekehrt können die deutschen Behörden als Behörden des Bestimmungslandes mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln eine grenzüberschreitende Versandtätigkeit faktisch nicht überwachen, solange ihnen die Versandtätigkeit nicht förmlich bekannt ist und kein unmittelbares Überwachungsverhältnis aufgrund individueller Genehmigung besteht. Hier fehlt es auch an der Möglichkeit des Entzugs der Versanderlaubnis als Sanktionsinstrument.
Das gegenwärtige Überwachungsinstrumentarium ist daher nicht ausreichend. Der Versand von Arzneimitteln aus dem Ausland nach Deutschland erfolgt im faktisch überwachungsfreien Raum. Um den deutschen Behörden eine effektivere Überwachung der Versandaktivitäten ausländischer Versandapotheke zu ermöglichen, sollte daher in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG die automatisch kraft Gesetzes eingeräumte Versandbefugnis für Apotheken eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht befugt sind, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, gestrichen werden. Statt dessen sollten auch solche ausländischen Versandapotheken wie deutsche Versandapotheken nur aufgrund einer gesonderten Genehmigung einer deutschen Behörde zum Versand verschreibungspflichtiger und sonstiger apothekenpflichtiger Arzneimittel in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes befugt sein.
Die Erteilung von Genehmigungen durch deutsche Behörden an Unternehmen mit Sitz im Ausland ist rechtlich durchaus möglich. Davon geht § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG schon jetzt aus, der für Apotheken eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum als Alternative auch die Möglichkeit vorsieht, die Versandbefugnis "nach dem deutschen Apothekenrecht", also aufgrund einer Versanderlaubnis einer zuständigen deutschen Behörde zu erlangen. Wie ferner die §§ 9 Abs. 2 und 21 Abs. 1 AMG zeigen, können die zuständigen deutschen Behörden auch pharmazeutischen Unternehmern mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union selbstverständlich Zulassungen für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes erteilen.
Für den Vollzug von § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a ApoG sind gemäß Art. 83 des Grundgesetzes (GG) die Länder zuständig.8 Nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder richtet sich die örtliche Zuständigkeit bei Unternehmen ohne Sitz oder Betriebsstätte in Deutschland nach dem Bezirk, in dem der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.9 Beim Vertrieb von Arzneimitteln an Endverbraucher in Deutschland ist dies jeder Ort, an dem die Arzneimittel ausgehändigt werden. Beim bundesweiten Versand von Arzneimitteln an Endverbraucher durch ausländische Apotheken sind somit sämtliche sachlich für die Überwachung von Apotheken zuständigen Landesbehörden auch örtlich zuständig.10 Darüber hinaus käme eine Abwicklung des Verwaltungsverfahrens über eine einheitliche Stelle gemäß §§ 71a ff. VwVfG in Betracht.
Mit der Streichung der automatischen Versandbefugnis von Apotheken eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht befugt sind, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, erledigte sich auch die Problematik der sog. "Länderliste" gemäß § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG. Nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.
Diese Bestimmung hat in der Praxis zu Schwierigkeiten geführt, weil einerseits das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in seiner Bekanntmachung der Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln nach § 73 Abs. 1 Satz 3 des Arzneimittelgesetzes vom 16. Juni 200511 die Auffassung vertreten hatte, dass u. a. in den Niederlanden für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestünden, andererseits aber das Kammergericht schon in seinem Urteil vom 9. November 200412 aufgrund sorgfältiger juristischer Analyse zutreffend festgestellt hatte, dass dies nicht der Fall ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Abholstellen-Entscheidung trotz der Feststellungen des Kammergerichts die Auffassung vertreten, die Unrichtigkeit der in der Bekanntmachung getroffenen Feststellung sei nicht substantiiert dargelegt. Es hat darüber hinaus ausgeführt, der Bekanntmachung käme, wie immer man sie rechtlich qualifiziere, jedenfalls die Bedeutung einer gesetzlich vorgesehenen sachverständigen Feststellung zu, die auch für die Gerichte grundsätzlich so lange bindend sei, wie die ihr zugrunde liegende fachliche Einschätzung nicht substantiiert in Frage gestellt wird.13 Wie sich aber aus dem eindeutigen Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG ergibt, ist im Rahmen der Übersicht nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG festzustellen, ob Apotheken eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum für den Versandhandel nach ihrem nationalen "Recht", soweit es dem deutschen "Apothekenrecht" im Hinblick auf die "Vorschriften" zum Versandhandel entspricht, zum Versand befugt sind. Die Frage der Vergleichbarkeit ist daher eine Rechtsfrage und keine durch Sachverständige zu klärende Tatsachenfrage. Soweit in § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG von "dem deutschen Recht vergleichbaren Sicherheitsstandards" die Rede ist, bedeutet der Begriff "Sicherheitsstandards" nicht, dass auf die jederzeit änderbaren, tatsächlichen Verhältnisse oder freiwillig geübten Praktiken der konkreten Versandapotheke im Einzelfall, sondern darauf abzustellen ist, welcher fachlich-inhaltliche Standard sich aus dem zwingenden Recht des betreffenden Staates ergibt. Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts und der – nicht näher begründeten – Auffassung des Bundesgerichtshofs14 kann die Übersicht nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG daher keine Bindungswirkung entfalten.15
b) Neudefinition und Neuregelung der Rezeptsammelstellen
Darüber hinaus sollte die ebenfalls im Abholstellen-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts angesprochene Frage der Bedeutung der Regelungen in § 24 ApBetrO zu Rezeptsammelstellen nach der Zulassung des Versands geklärt werden.16 Dem Bundesverwaltungsgericht ist insoweit zuzustimmen, als aufgrund der Zulassung des genehmigten Versandes Änderungen erforderlich sind. Insbesondere kann für eine Bedarfsprüfung kein Raum mehr sein.
Andererseits kann im Falle spezifisch für das physische Sammeln von Verschreibungen aufgestellten Behältnissen ein Bedürfnis für die behördliche Überwachung ihres ordnungsgemäßen Betriebs, insbesondere ihrer zuverlässigen Leerung nicht vollständig in Abrede gestellt werden. Schließlich besteht im Interesse einer klaren Trennung von Apotheken und sonstigen Gewerbebetrieben sowie im Interesse der Vermeidung unzulässiger Absprachen zwischen Angehörigen der Heilberufe und Apotheken weiterhin ein Bedürfnis für das Verbot von Rezeptsammelstellen in Gewerbebetrieben oder bei Angehörigen der Heilberufe gemäß § 24 Abs. 2 ApBetrO.
Daher sollte § 24 Abs. 1 ApBetrOwie folgt neu gefasst werden: "Einrichtungen zum physischen und spezifischen Sammeln von Verschreibungen (Rezeptsammelstellen) dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde unterhalten werden. Die Erlaubnis ist dem Inhaber einer Apotheke auf Antrag zu erteilen."
§ 24 Abs. 2 ApBetrO bliebe im Interesse einer klaren, systemischen Trennung von Apotheken und sonstigen Gewerbebetrieben sowie im Interesse der Vermeidung unzulässiger Absprachen zwischen Angehörigen der Heilberufe und Apotheken erhalten. Ferner blieben § 24 Abs. 3 und 4 ApBetrO zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Rezeptsammelstellen erhalten. Es bliebe daher dabei, dass Rezeptsammelstellen nicht in Gewerbebetrieben oder bei Angehörigen der Heilberufe unterhalten werden dürfen. Ferner müssten die Verschreibungen weiterhin in einem verschlossenen Behälter gesammelt werden. Auf dem Behälter müssen deutlich sichtbar der Name und die Anschrift der Apotheke sowie die Abholzeiten angegeben werden. Auf oder unmittelbar neben dem Behälter ist ein deutlicher Hinweis darauf anzubringen, dass die Verschreibung mit Namen, Vornamen, Wohnort, Straße und Hausnummer des Empfängers zu versehen ist. Der Behälter muss zu den auf ihm angegebenen Zeiten durch einen Boten, der zum Personal der Apotheke gehören muss, geleert oder abgeholt werden. Die Arzneimittel sind in der Apotheke für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und jeweils mit dessen Namen und Anschrift zu versehen. Sie sind, sofern sie nicht abgeholt werden, dem Empfänger in zuverlässiger Weise auszuliefern.
Um die Anwendbarkeit insbesondere des in § 24 Abs. 2 ApBetrO enthaltenen Verbots des Unterhaltens von Rezeptsammelstellen in Gewerbebetrieben oder bei Angehörigen der Heilberufe auch auf die Betreiber der sonstigen Gewerbebetriebe und der sonstigen Angehörigen der Heilberufe sicherzustellen, sollte die Regelung über die Rezeptsammelstellen ferner in das Arzneimittelgesetz oder das Apothekengesetz transferiert werden.
c) Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Apotheken
Schließlich wird in der Rechtsprechung nach wie vor die Frage, ob ausländische Versandapotheken beim Versand verschreibungs- und sonstiger apothekenpflichtiger Arzneimittel nach Deutschland auch an die deutschen Preisvorschriften gebunden sind, unterschiedlich beurteilt. Obwohl zuletzt das Oberlandesgericht Hamburg wie zuvor schon das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu Recht von der Anwendbarkeit der deutschen Preisvorschriften auf ausländische Versandapotheken ausgegangen sind,17 sollte diese Frage entsprechend dem ausdrücklichen und durch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Willen des Gesetzgebers, faire Bedingungen für den Wettbewerb von Versandapotheken mit öffentlichen Apotheken zu schaffen und ungleichen Wettbewerb zu vermeiden, durch eine entsprechende Verdeutlichung in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG geklärt werden.
§ 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG sollte daher unter Berücksichtigung der unter a) vorgeschlagenen Änderungen wie folgt gefasst werden:
" im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt ist und von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel einschließlich der deutschen Preisvorschriften versandt wird oder ..."
Autorin
RA Grit Hofmann,
Tiefenbacher Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater,
Chemnitz
Literatur
1 3 C 27/07, BVerwGE 131, 1 ff. = A&R 2008, 139 ff.
2 Nach dem international anerkannten pharmazeutischen Standard soll die Abgabe von Arzneimitteln im direkten und persönlichen Kontakt zwischen Apotheker und Patient ("face-to-face") erfolgen. Vgl. Teil 3 Nr. 8 des Code of Ethics der Royal Pharmaceutical Society of Great Britain, abgedruckt in: Adam Smith Institute, Pharmaceutical Journal 2001, Vol. 266, S. 590 bis 596, http://www.pjonline.com/Editorial/20010428/society/code.html: "... On each occasion a service is requested pharmacists must use their professional judgement to assess whether direct face-to-face contact with the patient or their carer is necessary"; Malz, Die Internet-Apotheke in Europa – Unter besonderer Berücksichtigung des deutschen und englischen Rechts, 2003, S. 222.
3 Vgl. Meyer, Warum Pick-up-Stellen für Arzneimittel in Drogeriemärkten verboten werden müssen, DAZ 2009, 647 ff.
4 Vgl. BGH, VersR 1995, 320, 321 zum Begriff der "verkehrsbedingten Zwischenlagerung" i.S.v. § 8 Nr. 1 Satz 2 GüKUMT; OVG Münster, Urteil vom 8. Juni 2005 – 8 A 3745/03, ZUR 2005, 531 f. zum Begriff der "zeitlich begrenzte Zwischenlagerung" i.S.d. § 1 Abs. 5 StörfallVO; vgl. ferner OVG Münster, Beschluss vom 26. Oktober 2000 – 21 B 1468/00, NVwZ-RR 2001, 231, 232; Koller, Transportrecht, 5. Aufl. 2005, § 407 HGB Rn. 26; vgl. zur Abrenzung von Lagerung und Umschlagtätigkeit auch Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl. 2006, § 467 HGB Rn. 4 und zur Umschlagtätigkeit § 408 HGB Rn. 20.
5 Unberührt bleibt die durch § 17 Abs. 2 ApBetrO legitimierte Zustellung durch Boten der Apotheke, die als natürliche Personen unmittelbar der Weisungsgewalt des Betreibers der Apotheke unterliegen.
6 Vgl. zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf auf dem deutschen Markt tätigen Unternehmen mit Sitz im Ausland EuGH, Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78, Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649, Rn. 8; Urteil vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache C-322/01, Deutscher Apothekerverband, Slg. 2003, I-14887, Rn. 53; BGHZ 113, 11, 15; 151, 286, 291 ff.; 154, 110, 112 und 115 ff.; 160, 321, 330 ff.; BGHZ 165, 172, 180 ff.; 167, 91, 100; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - I ZR 205/04, A&R 2008, 86, 87 f.; BVerwG, Beschluss vom 15. September 2008 – 3 B 36.08, GesR 2009, 54 f.
7 Vgl. dazu ausführlich Dettling, Rechtliche Erfahrungen mit dem Arzneimittelversand aus dem Ausland, A&R 2008, 11 ff.
8 Vgl. Rehmann, Arzneimittelgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2008, § 64 Rn. 1.
9 Vgl. näher Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2001, § 3 VwVfG Rn. 25 f. Vgl. auch Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: 1. Juni 2008, § 72 AMG Anm. 28 und 32 zur Zuständigkeit für die Erteilung der Einfuhrgenehmigung gemäß § 72 AMG.
10 Vgl. dazu auch das zwischen den Ländern abgeschlossene Abkommen über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten vom 30. Juni 1994, GBl. BW 1995 S. 346, abgedruckt bei Kloesel/Cyran, unter B. 3.21; vgl. näher dazu Kloesel/Cyran, § 64 AMG Anm. 7.
11 BAnz Nr. 113 vom 21. Juni 2005, S. 9366.
12 Az. 5 U 300/01, GRUR-RR 2005, 170; Mand, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach dem GMG im internationalen Vergleich, ApoR 2005, 81, 86.
13 Vgl. BVerwGE 131, 1, 9 Rn. 31.
14 Vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - I ZR 205/04, A&R 2008, 86, 87.
15 Mangels hinreichender Bestimmtheit der Adressaten kann die Übersicht auch nicht als Allgemeinverfügung angesehen werden, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 - 3 C 29/02, Pharma Recht 2004, 195, 198 f. Vgl. zum Ganzen ausführlich Saalfrank, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus EU-Mitgliedstaaten nach Deutschland, A&R 2005, 11, 13; Dettling, Berliner Versandurteil – Tragweite und Konsequenzen, DAZ 2005, 591, 597 f.
16 Vgl. BVerwGE 131, 1, 9 f.
17 Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 19. Februar 2009 – 3 U 225/06 m.w.N. einschließlich zutreffender Widerlegung von OLG Hamm, Urteil vom 21.11.2004, Az.: 4 U 74/04, GesR 2005, 31 ff., und BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 4/08 R, PharmaR 2008, 595, 598. Ebenso OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5. Juni 2008 - 6 U 118/07, APR 2008, 126 ff.
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