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- DAZ 39/2009
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Arzneimittel und Therapie
Diuretika vermeiden Hypertoniefolgekomplikationen
Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sollte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) die Frage klären, inwieweit der Nutzen einer medikamentösen Blutdrucksenkung von der Wahl des ersten Wirkstoffes in der jeweiligen Entscheidungssituation abhängt und welche Vor- und Nachteile die bisher zur Blutdrucksenkung eingesetzten Medikamente haben können. Als Maßstab für den Nutzen galt dabei nicht die Senkung des Blutdrucks, sondern die Folgekomplikationen einer Hypertonie wie Herzerkrankungen, Schlaganfälle, andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenschäden. Dazu wurden folgende Endpunkte ausführlich erfasst, metaanalytisch betrachtet und interpretiert: Gesamtmortalität, Gesamtrate der Myokardinfarkte, der Insulte, der Herzinsuffizienz und der kombinierten kardiovaskulären Endpunkte. Auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen wurden untersucht.
Verglichen wurden den Nutzen von fünf in Deutschland zur Behandlung des Bluthochdrucks zugelassenen Wirkstoffgruppen: Diuretika (insbesondere Thiazid-Diuretika), Betablocker, ACE-Hemmer, Calciumantagonisten und Angiotensin-II-Antagonisten. In den Studien wurden verwendet:
- Betablocker: Atenolol, Metoprolol und Propanolol.
- Diuretika: Bendroflumethiazid, Chlorthalidon, Co-Amilozid und Hydrochlorothiazid.
- ACE-Hemmer: Captopril, Enalapril, Imidapril, Lisinopril und Ramipril.
- Calciumantagonisten: Amlodipin, Isradipin, Lacidipin, Nifedipin, Nisoldipin, Nitrendipin und Verapamil.
- Angiotensin-II-Antagonisten: Eprosartan, Losartan und Valsartan.
In die Nutzenbewertung eingeschlossen wurden Studien mit Patienten (Alter bei Studienbeginn ≥ 18 Jahre) mit essenzieller (primärer) arterieller Hypertonie, definiert als mehrfach und an verschiedenen Tagen erhöhter systolischer Blutdruck ≥ 140 mm Hg und / oder diastolischer Blutdruck ≥ 90 mm Hg ohne bekannte organische Ursache. Studien, in denen in der Kontrollgruppe eine Scheinbehandlung (Placebo) durchgeführt wurde, wurden aus der vorliegenden Nutzenbewertung ausgeschlossen. 48 Publikationen wurden als relevant für die Fragestellung identifiziert, die 16 randomisierten kontrollierten Studien zugeordnet und in die Bewertung einbezogen werden konnten. Die Studiendauer betrug zwischen zwei und ca. acht Jahren. Die Zahl der in die Studien eingeschlossenen Teilnehmer betrug zwischen 470 und 33.357 Patienten. Allerdings lagen nicht für jede Wirkstoffgruppe und zu allen Fragestellungen direkte Vergleichstudien mit allen übrigen Gruppen vor. Am besten untersucht sind Thiazid-Diuretika und die Calciumantagonisten. Die wenigsten Daten liegen für die Angiotensin-II-Antagonisten vor.
Thiazid-Diuretika gelten als Therapie der ersten Wahl
Hinsichtlich der Reduktion der Hypertoniefolgekomplikationen kommt das IQWiG in seinem Abschlussbericht zu dem Fazit, dass Diuretika als einzige Wirkstoffgruppe keiner anderen Wirkstoffgruppe unterlegen sind und in einzelnen Aspekten Vorteile gegenüber ACE-Hemmern und Calciumantagonisten aufweisen: So ergab der Vergleich Diuretika vs. ACE-Hemmer und Calciumantagonisten einen Hinweis auf einen Zusatznutzen von Diuretika bezüglich der Herzinsuffizienz. Es zeigte sich nach Ansicht des IQWiG generell eine mangelhafte Datenlage hinsichtlich der Gesamtzahl unerwünschter Ereignisse, schwerer unerwünschter sowie therapieassoziierter Ereignisse. Das IQWiG kann daher kein generell überlegenes Nebenwirkungsprofil für eine der untersuchten Wirkstoffgruppen ableiten. Überwiegend handelte es sich um reversible unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen. "In der Gesamtschau können Thiazid-Diuretika deshalb als Therapie der ersten Wahl gelten", so der IQWiG-Leiter Peter Sawicki. Dabei sollten aber immer individuelle Patientenbesonderheiten wie Komorbiditäten und Alter berücksichtigt werden.
Quelle
Vergleichende Nutzenbewertung verschiedener antihypertensiver Wirkstoffgruppen als Therapie der ersten Wahl bei Patienten mit essenzieller Hypertonie. Abschlussbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Stand: 15. Juli 2009.
ck
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