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Aus Kammern und Verbänden
Pharmazeutisches Update über Weihrauch
Wolfgang Gröning, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Nordrhein, führte in das Thema ein und nannte als frühen schriftlichen Nachweis der Verwendung von Weihrauch den Papyrus Ebers aus Ägypten, in dem etwa um 1600 v. Chr. unter anderem ein Kaugummi aus Weihrauch, Melone und gestampftem Honig gegen Mundgeruch beschrieben wird. Eine pharmazeutische Renaissance erfuhr der Weihrauch in den 80er Jahren, und anlässlich des 75. Geburtstages von Prof. Dr. H. P. T. Ammon fand im Frühjahr 2008 ein Weihrauch-Symposium der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft statt.
Prof. Dr. Oliver Werz vom Pharmazeutischen Institut der Universität Tübingen hielt den Fachvortrag. Eines seiner Forschungsprojekte zielt darauf ab, den Weihrauch "auf eine fundierte pharmakologische Basis zu stellen". Dabei sieht Werz einen möglichen Benefit von Weihrauch vor allem in der Behandlung entzündlicher Erkrankungen. Er wies darauf hin, dass in Deutschland kein Weihrauchpräparat als Arzneimittel zugelassen ist, sodass nach dem Arzneimittelgesetz lediglich der Einzelimport auf ärztliche Verschreibung möglich ist.
Zwar konnte eine entzündungshemmende Wirkung von Weihrauchextrakten sowohl in Tiermodellen als auch in klinischen Studien gezeigt werden, doch die klinischen Studien haben aufgrund der geringen Teilnehmerzahlen eher Pilotcharakter.
Lipophile Extrakte aus Weihrauch enthalten als charakteristische Inhaltsstoffe ca. 30% Boswelliasäuren (BA), nämlich β‑BA, Acetyl-β-BA (Aβ-BA), Keto-BA (KBA) und Acetyl-KBA (AKBA). Es handelt sich um pentazyklische Triterpene mit großer Strukturverwandtschaft zu α-Amyrin, das aber in vielen Testmodellen keine Wirksamkeit zeigte. In Untersuchungen, die u. a. am Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker in Eschborn durchgeführt wurden, fielen KBA und AKBA durch eine schlechte Bioverfügbarkeit sowie einen extensiven Metabolismus auf, was ihre geringfügige Anflutung im Plasma erklärt.
Wie Werz berichtete, wurde u. a. in pharmakokinetischen Untersuchungen die 1992 aufgestellte Hypothese einer selektiven Hemmung der 5-Lipoxygenase (5‑LO) durch AKBA widerlegt: Die AKBA-Plasmaspiegel lagen unter 0,1 μM, während zur Hemmung der 5‑LO in intakten humanen Zellen ca. 10 μM notwendig sind. Zudem zeigen 5‑LO-knock-out-Mäuse, die wegen des 5-LO-Mangels keine Leukotriene synthetisieren können, einen völlig anderen Phänotyp als Wildtyp-Mäuse, die mit Weihrauchextrakt behandelt werden.
Mittels Target-Fishing-Approach wurde Cathepsin G als hoch affines Target von β-BA und Aβ-BA identifiziert. Als Protease ermöglicht Cathepsin G unter anderem das Eindringen proinflammatorischer Zellen in Gewebe. Boswelliasäuren binden an Cathepsin G und hemmen seine proteolytische Aktivität. Laut Werz hemmen β-BA und Aβ-BA Cathepsin G bereits in Konzentrationen, die deutlich unter ihren maximalen Plasmaspiegeln liegen. Abschließend erläuterte Werz, dass isolierte β-BA auch in verschiedenen Tiermodellen ein potenter Entzündungshemmer ist.
Aktuelle gesundheitspolitische Situation
In seinem Statement zur aktuellen gesundheitspolitischen Situation stellte Peter Barleben sich als neuer Vizepräsident der Apothekerkammer Nordrhein vor und ging auf die wesentlichen berufspolitischen Ziele des Kammervorstands ein. Dabei stehen die Stärkung des Apothekers als unverzichtbarem Heilberuf und der Erhalt der persönlich geführten, individuell verantworteten und unabhängigen Apotheke im Vordergrund. Das Streben nach Qualität sei ein wichtiges Instrument, um diese Ziele zu erreichen. Qualitativ hochwertige pharmazeutische Leistung sei der einzig richtige Weg in eine gesicherte Zukunft.
Barleben sagte deutlich, dass diese hochgesteckten Ziele ohne die Basis nicht zu verwirklichen sind. Er zitierte den Kammerpräsidenten Lutz Engelen, der das EuGH-Urteil vom 19. Mai nicht als Privileg, sondern als Herausforderung und Verpflichtung sieht, die gemeinsame heilberufliche Verantwortung in Taten umzumünzen.
Abgerundet wurde die Veranstaltung durch einen Besuch im Museum Kolumba, das durch das Wechselspiel zwischen Kunst und der puristischen Architektur Peter Zumthors beeindruckt.
Dr. Sabine Viefhues
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