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Interpharm 2010
Anwendungsfehler bei Inhalativa vermeiden
Die Ursachen für Fehler bei der inhalativen Applikation sind vielfältig:
- krankheitsbedingte Verminderung der Feinmotorik, z. B. bei rheumatoider Arthritis, nach Schlaganfall, bei Karpaltunnelsyndrom, Diabetes mellitus,
- alters-oder krankheitsbedingte Verminderung der Muskelkraft in den Händen, was eine starke und präzise Kraftausübung erschwert,
- Einschränkung des Hörvermögens bei älteren Patienten, sodass z. B. Dreh- oder Klickgeräusche bei Inhalatoren nicht mehr richtig wahrgenommen werden können,
- Abnahme der kognitiven Fähigkeiten im Alter,
- fehlerhafte Informationen und Abbildungen in Printmedien zur Anwendungstechnik von Inhalatoren.
Durch abgabebegleitende Hinweise kann die Apotheke einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Asthmapatienten die Inhalatoren möglichst fehlerfrei und damit effektiv anwenden.
Datum auf der Packungsbeilage vermerken
Dosieraerosoldosen werden bei der Herstellung mit mehr Sprühstößen befüllt als auf der Packungsbeilage deklariert ist. Dies hat zur Folge, dass der Patient auch mehr Hübe als deklariert entnehmen kann, bevor er bemerkt, dass sein Dosieraerosol aufgebraucht ist. Da jedoch bei weitgehender Entleerung des Dosieraerosols die Dosierkammer nur noch unvollständig befüllt wird, sind die letzten zehn bis 15 Hübe nicht mehr korrekt dosiert, d. h. sowohl über- als auch unterdosiert. Kircher belegte diesen als Tail-off-Phänomen bezeichneten Effekt eindrucksvoll durch eigene Untersuchungsergebnisse mit den Sprühstoßgewichten der finalen Hübe verschiedener Dosieraerosole.
Bei Dosieraerosolen mit konstanter Anwendungsfrequenz sollte die Apotheke daher das Datum der letztmöglichen korrekten Dosisentnahme errechnen (auf Basis der deklarierten Sprühstoßanzahl und der individuellen Dosierung) und auf der Packung vermerken.
Erschütterungen vermeiden
Patienten, die Turbohaler® anwenden, sollten darauf hingewiesen werden, nach dem "Laden" unbedingt Erschütterungen wie z. B. das stoßartige Abstellen auf einer Tischplatte zu vermeiden, weil dadurch ein Teil des Pulvers durch die Lüftungsschlitze verloren gehen kann. Kommt es dennoch dazu, sollte der Inhalator erneut geladen werden. Eine Überdosierung ist dabei nicht zu erwarten.
Gurgeln reicht nicht
Zur Verminderung des Risikos oraler Candida-Infektionen empfehlen die meisten Packungsbeilagen, nach der Inhalation den Mund mit Wasser zu spülen bzw. sich die Zähne zu putzen. Wie Kircher demonstrierte, reicht diese Maßnahme nicht aus, um die auf der Rachenschleimhaut deponierten Partikel zu entfernen. Selbst mit intensivem Gurgeln werden nur die Bereiche vor dem vorderen Rachenbogen erreicht. Daher sollte den Patienten in der Apotheke die Empfehlung gegeben werden, möglichst vor einer Mahlzeit oder einem Imbiss zu inhalieren. Gebildeter Schleim sollte konsequent abgehustet werden.
Probleme beim Greifen und Hören
Gerade ältere Menschen verfügen häufig nicht mehr über die feinmotorischen Fähigkeiten die nötig sind, um verschiedene Darreichungsformen und insbesondere Inhalatoren korrekt zu handhaben. So kann beispielsweise bei Inhalations-Kapseln allein schon das Herausdrücken der Kapsel aus dem Blister, das Einlegen derselben in den Inhalator oder das Betätigen der Tasten große Probleme bereiten. Aus unvollständig perforierten Kapseln kann der Wirkstoff jedoch nicht komplett freigesetzt werden, Unterdosierungen sind die Folge.
Weiterhin treten häufig Schwierigkeiten auf, weil der Patient infolge eines eingeschränkten Hörvermögens nicht mehr in der Lage ist, akkustische Feedback-Signale von Inhalationssystemen wahrzunehmen. Zum besseren Hören von derartigen Klick- oder Drehgeräuschen kann die Apotheke beispielsweise den Tipp geben, das Mundstück des Inhalators nicht nur mit den Lippen zu umschließen, sondern fest darauf zu beißen. Eine weitere Möglichkeit ist, den Inhalator an die Schädeldecke zu halten um auszunutzen, dass Schallleitung über die Schädelknochen (Knochenschallleitung) stärker ist als die Luftschallleitung.
Schlüsselgriff anstelle Spitzgriff einsetzen
Patienten, deren Hände Funktionsdefizite (z. B. wegen einer rheumatoiden Arthritis, eines Karpaltunnelsyndroms etc.) aufweisen, können deutlich weniger Kraft ausüben als Patienten ohne Einschränkungen. In der Literatur wurden Verminderungen bis zu 80% der maximalen Griffstärke beschrieben, erläuterte Kircher. Diesen Patienten kann beispielsweise empfohlen werden, anstelle des in der Packungsbeilage beschriebenen "Spitzgriffs" den "Schlüsselgriff" zum Öffnen des Dosieraerosols anzuwenden.
Die Apotheke kann weiterhin Hilfestellung geben, indem sie z. B. Inhalatoren gebrauchsfertig herrichtet oder feinmotorisch anspruchsvolle Erstöffnungssicherungen entfernt.
cb
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