Interpharm 2010

Der Apothekenleiter als Arbeitgeber

Apothekenleiter haben als Arbeitgeber eine Vielzahl europarechtlicher, gesetzlicher, tarif-, und individualvertraglicher Vorgaben zu beachten. Welche typischen Fragestellungen von der Ausschreibung einer Stelle bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auftreten können, zeigte Rechtsanwältin Claudia Mettang vom Landesapothekerverband Baden-Württemberg im Interpharm-Seminar "Arbeits- und Tarifrecht für Apothekenleiter" auf.


Inhaltsverzeichnis: Interpharm 2010

    Blutgerinnungssystem
  • Das Blutgerinnungssystem: Funktionen und physiologisches Zusammenspiel
  • Pathophysiologie: Wenn die Blutgerinnung gestört ist
  • Hämostasediagnostik: Wie Störungen der Gerinnung zu erkennen sind
  • Arterielle Thromboembolien: Ischämische Infarkte differenziert behandeln
  • Venöse Thromboembolien: Heparine sind individuelle Arzneistoffe
  • Blutgerinnungshemmer: Mit Interaktionen und Nebenwirkungen richtig umgehen
  • Operation unter dualer Plättchenhemmung? Perioperatives Prozedere individuell entscheiden
  • Non-Compliance und genetische Polymorphismen: Wenn Patienten auf ASS oder Clopidogrel nicht ansprechen
  • Unter oraler Antikoagulation: Besondere Aufmerksamkeit des Apothekers ist gefragt
    Asthma und COPD
  • Raucherentwöhnung: Die Nicotinsucht blockieren!
  • COPD: Beste Therapieoption: Weg mit dem Glimmstängel
  • Leitlinienkonforme Asthmabehandlung: Therapiedefizite bei Asthma überwinden
  • Asthmapatienten in der Apotheke: Anwendungsfehler bei Inhalativa vermeiden
    Studien
  • Arzneimittelstudien: Tricks zur Bewertung
  • Studien bewerten: Keine Angst vor Statistik
    Innovationen
  • Arzneimittel in der Pipeline: Fortschritte mit neuen und bekannten Wirkprinzipien
    Depressionstherapie
  • Depressionen im Alter: Keine adäquate Therapie
  • Jugend- und Midlife-Depressionen: Multimodale Therapie verringert Rückfallrisiko
  • Mikronährstoffe: Unterstützung der Depressionstherapie (Seminar)
    Neuro-Enhancement
  • Neuro-Enhancement: Riskantes „Hirndoping“ oder legitime Leistungsstütze?
  • Neuro-Enhancement: Selbstversuche ersetzen keine Studien
    Prävention und Alternativmedizin
  • Prävention mit Mikronährstoffen: Das Potenzial ausschöpfen!
  • Gesundheitsförderung: Apotheker als kompetente Präventionsmanager
  • Prophylaxe: Mit Homöopathie vorbeugen
  • Biochemie nach Dr. Schüßler: Antlitzanalyse hilft bei der Mittelauswahl
    Seminare
  • Reisemedizin: DIE Reiseapotheke gibt es nicht
  • Chemikalien in der Apotheke: Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen
  • Arbeitsrecht: Der Apothekenleiter als Arbeitgeber


Claudia Mettang

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Wachsam sollte man bereits bei der Stellenausschreibung sein. Es gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), nach dessen zentraler Verbotsnorm Beschäftigte nicht wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden dürfen. Wird die Stellenausschreibung nicht geschlechtsneutral formuliert oder ein Mitarbeiter für ein "junges, dynamisches Team" gesucht, ist dies schon als diskriminierend einzustufen. Kritisch ist auch, eine Bewerbung mit Lichtbild und Lebenslauf zu fordern. Hieraus könnten sich unberechtigte Rückschlüsse auf die ethnische Herkunft, das Alter oder eine etwaige Behinderung ziehen lassen. Besser ist es, schlicht "aussagekräftige Bewerbungsunterlagen" anzufordern.

Wer bei der Formulierung einer Stellenanzeige leichtfertig an Benachteiligungsmerkmale anknüpft, läuft Gefahr, dass ein abgelehnter Bewerber Klage erhebt, warnte Mettang. Hat er vor Gericht Erfolg, kann das für den Ausschreiber der Stelle zur Folge haben, dass dieser ihm bis zu drei Monatsgehälter zahlen muss.

Geltung des BRTV

Ist das Arbeitsverhältnis begründet, kommt der Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) zwingend zur Anwendung, wenn der Apothekenleiter im ADA und der Mitarbeiter bei der ADEXA Mitglied sind. Darüber hinaus kann seine Anwendbarkeit auch vereinbart werden. Bei einer stillschweigenden Übernahme der einschlägigen tariflichen Regelungen über einen längeren Zeitraum wird der BRTV kraft betrieblicher Übung anwendbar. Im Übrigen gelten die allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts. Wichtige Vorschriften, mit denen sich Apothekenleiter vertraut machen sollten, sind insbesondere jene zur Probezeit, Arbeitszeit, Vergütung, Krankheit und Entgeltfortzahlung, Urlaub, Mutterschutz, Elternzeit und Teilzeitbeschäftigung.

Probezeit und Arbeitszeit

Bei der Probezeit, die – je nach Vereinbarung – bis zu sechs Monate dauern kann, ist etwa auf eine rechtzeitige Kündigung zu achten, wenn die Zusammenarbeit nicht fortgesetzt werden soll. Empfehlenswert ist laut Mettang eine zweiwöchige Kündigungsfrist – gekündigt werden kann aber noch am letzten Tag der Probezeit. Nicht versäumt werden sollte der Termin in Apotheken mit mehr als zehn Mitarbeitern. Hier greift das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), und eine spätere Kündigung kann kostspielig werden.

Was die Arbeitszeit angeht, so ergibt sich deren Dauer aus dem Arbeitsvertrag oder dem BRTV. Zu unterscheiden sind die sechs Werktage von den Arbeitstagen, an denen konkret gearbeitet wird. Die Höchstdauer der Arbeitszeit liegt bei grundsätzlich acht Stunden werktäglich. Sie kann auf zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten der Durchschnitt von acht Stunden nicht überschritten wird. Bei verschiedenen Arbeitgebern sind die Arbeitszeiten zusammenzurechnen.

Bei Urlaub, Krankheit oder Feiertagen gibt es nach dem BRTV bzw. dem Entgeltfortzahlungsgesetz eine bezahlte Freiststellung von der Arbeitspflicht. Dies gilt bei einem Feiertag nicht, wenn ein Mitarbeiter an diesem ohnehin seinen freien Tag hat. Andernfalls besteht Anspruch auf Feiertagsvergütung; dies gilt analog auch bei Urlaub und Krankheit. Heiligabend, Silvester und Rosenmontag sind keine Feiertage. Es kann jedoch eine vorzeitige Schließung vorgesehen sein. Anschließend kann der Arbeitnehmer mit internen Aufgaben beschäftigt oder unter Vergütungsfortzahlung freigestellt werden. Wird an diesen Tagen Urlaub genommen, so gelten sie als ganze Arbeitstage.

Arbeitsunfähigkeit und Urlaub

Wird ein Arbeitnehmer unverschuldet arbeitsunfähig, so wird ihm das Entgelt bis zu sechs Wochen fortgezahlt (§ 9 BRTV, EntgeltfortzG). Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich beim Arbeitgeber anzeigen. Wer länger als drei Kalendertage krank ist, muss am darauffolgenden Arbeitstag eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Bis zu ihrer Vorlage hat der Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht. Wer seinen arbeitsunfähig geschriebenen Arbeitnehmer beim Einkaufen oder bei McDonalds trifft, muss dies "wegstecken". Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht zwingend, dass der Betroffene das Bett hüten muss – und sich mit einem Arzt über eine AU-Bescheinigung zu streiten, macht wenig Sinn, so Mettang.

Der Urlaubsanspruch ergibt sich aus § 11 BRTV bzw. dem Urlaubsgesetz. Er beträgt für Voll- wie auch für Teilzeitbeschäftigte mindestens 24 Werktage, nach BRTV sind es 33. Festlegen kann den Urlaub der Arbeitgeber. Dabei sind die Arbeitnehmerwünsche zu berücksichtigen, soweit ihnen keine betrieblichen Belange oder Urlaubswünsche von Kollegen, die unter sozialen Aspekten vorrangig sind, entgegenstehen. Grundsätzlich ist der Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, in bestimmten Fällen ist eine Übertragung bis zum 31. März des Folgejahres möglich. Kann der Arbeitnehmer seinen Urlaub krankheitsbedingt nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums nehmen, ist die neue Rechtsprechung des EuGH und des Bundesarbeitsgerichts zu beachten: Danach verfällt der Urlaubsanspruch in diesen Fällen nicht mehr. Ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaub offen, so ist er abzugelten.

Mettang empfiehlt, bei Langzeitkranken den Urlaub besser frühzeitig abzugelten als ihn über Jahre "mitzuschleppen".

Kündigung

Beendet wird das Arbeitsverhältnis in der Regel durch eine Kündigung oder Aufhebungsvereinbarung. Die Kündigungsfristen ergeben sich aus § 622 Abs. 2 BGB, § 19 Abs. 1 BRTV oder dem Arbeitsvertrag (nicht kürzer als gesetzlich!). Seit dem 1. Januar 2004 ist das KSchG einschlägig, wenn zum Kündigungszeitpunkt mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind (ohne Azubis). Teilzeitkräfte mit bis zu 20 Wochenstunden zählen 0,5, mit bis zu 30 Wochenstunden 1,0.

Eine ordentliche Kündigung nach dem KSchG kann nur aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen. Die Arbeitsgerichte fordern hier eine sehr substanziierte Begründung des Arbeitgebers.

Einer verhaltensbedingten Kündigung müssen entgegen landläufiger Meinung nicht drei Abmahnungen vorausgehen. Die Arbeitsrichter glauben bei mehrfachen Rügen oft gar nicht mehr an eine gewollte Kündigung, so Mettang. Eine Abmahnung reicht, wenn sie präzise formuliert ist, zum vertragsgerechten Verhalten auffordert und die Kündigung androht. Aus Beweisgründen sollte sie schriftlich erfolgen. Wer außerordentlich kündigt – etwa wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung, Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit oder Diebstahl – sollte hilfsweise stets auch die ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin aussprechen.

Fazit: Das Feld des Arbeitsrechts ist weit – kaum ein Apothekenleiter wird mit allen Details vertraut sein können. Viele Fragen werden in einem überschaubaren Apothekenbetrieb einvernehmlich zu lösen sein. Kommt es zu Differenzen, kann der jeweilige Apothekerverband oder auch der Blick in einschlägige Fachliteratur weiterhelfen.


ks

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