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Bestens aufgestellt für eine arbeitsreiche Zukunft

HAMBURG (tmb). Bei der Mitgliederversammlung des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ) am 26. Juni in Hamburg präsentierte die Unternehmensgruppe ein Rekordergebnis. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Jörn Graue wurde für eine weitere Amtszeit von drei Jahren wiedergewählt. Als wichtigste Aufgabe des Rechenzentrums sieht Graue, die Apotheker bei der Organisation und Abwicklung der Abrechnung weitestgehend zu entlasten und in dem schwierigen gesundheitspolitischen Umfeld zur Sicherung ihrer Liquidität beizutragen.
Wiedergewählt Birger Peters, ­Beisitzer im NARZ-Vorstand
Fotos: tmb

Graue wurde bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen einstimmig in seinem Amt bestätigt. Auch die Beisitzer Birger Peters und Gert Fiedler wurden einstimmig wiedergewählt. Gegenkandidaten gab es nicht. Die NARZ-Gruppe legte für das Geschäftsjahr 2009 ein herausragendes Ergebnis vor. "Die wirtschaftliche Situation der Unternehmensgruppe hat sich weiter verbessert", erklärte Geschäftsführer Hanno Helmker. Der Vorsteuergewinn betrug für die Unternehmensgruppe 4,9 Millionen Euro – der höchste Wert in der Firmengeschichte. Die Eigenkapitalquote beträgt 95 Prozent für das NARZ und 89 Prozent für die Unternehmensgruppe. "Das tut uns sehr gut", meinte Helmker, auch mit Blick auf anstehende Investitionen.

Ende 2009 hat das NARZ seinen Neubau fertiggestellt. Nun werde der Altbau von 1975 umgebaut. Außerdem müssten neue Belegleser angeschafft werden, weil die alte Technik künftig nicht mehr gewartet werden könne. Da somit erneut in die Verarbeitung von Papierrezepten investiert werden muss, zeigten sich die Verantwortlichen des NARZ erfreut über die politische Entwicklung zum elektronischen Rezept. Dies "ist wohl mausetot", konstatierte Graue mit dem Hinweis auf Äußerungen von Gesundheitsminister Rösler.


"Die Politiker schreien ja bekanntlich immer erst hundert Meter nach der Klippe ‚Halt‘."


Dr. Jörn Graue, Vorstandsvorsitzender des NARZ

Sündenfälle der Politik

Doch die langfristigen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen sieht Graue sehr kritisch. Die Fehlleistungen der Politik hätten einen weitgehenden Verlust der Unabhängigkeit des Apothekers zur Folge. Die politischen "Sündenfälle" hätten sich in immer kürzeren Abständen ereignet. Erst lange nach der Niederlassungsfreiheit folgten die Einführung des Mehrbesitzes und die Freigabe der OTC-Preise. Graue sieht die Gefahr, dass die Beratung durch Werbung ersetzt werde, zunehmend auch für rezeptpflichtige Präparate. Außerdem könnten die ökonomischen und politischen Nutznießer durch die zentrale Sammlung und Verwaltung elektronischer Daten ein nie gekanntes Machtmittel zur Steuerung der Gesellschaft erhalten.

Der vierte Sündenfall seien die Rabattverträge, "die an politischem Zynismus nicht mehr zu überbieten sind", so Graue. Denn dadurch werde der im Arzneimittelgesetz normierte einheitliche Abgabepreis Makulatur. Der jüngste Vorstoß zur Änderung durch Kostenerstattungen bei abweichenden Patientenwünschen "beschert uns bei der Umsetzung bestimmt neuen Ärger", erwartet Graue. Trotz vieler Probleme mit Rabattverträgen "herrscht bei den Kassen weiterhin regelrechte Goldgräberstimmung, als gelte es, einen Schatz zu heben", so Graue. Als fünften Sündenfall betrachtet er die bestehende Arzneimittelpreisverordnung mit der daraus folgenden Rabattgestaltung. Beim Kassenabschlag entstehe ein "Pingpong-Spiel" zwischen Schiedsstelle und Gerichten. Dies könne nur der Gesetzgeber beenden, indem er der Schiedsstelle das ultimative Entscheidungsrecht zuweist. Der vorläufig letzte Sündenfall seien die Selektivverträge im Hilfsmittelbereich. Um die Apotheker dort zu unterstützen, sei eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des NARZ und der Apothekerverbände eingerichtet worden.

Die jüngste Entwicklung zum Pick-up-Stellen-Verbot zeige, wie wetterwendisch Politik sein könne. Die FDP habe hier zähneknirschend der christlich-demokratischen Übermacht weichen und wesentliche freidemokratische Grundsatzpositionen opfern müssen. Während sich das Bundesverwaltungsgericht gerade eindeutig für die Arzneimittelsicherheit ausspreche, verhindere Schwarz-Gelb wider besseres Wissen das Pick-up-Verbot.


Zwei für das NARZ Hanno Helmker, ­Geschäftsführer des NARZ (li.) und Dr. Jörn Graue, Vorstandsvorsitzender des NARZ

Viel Arbeit beim NARZ

Zugleich stellte Graue die Leistungen des NARZ in diesem schwierigen Umfeld heraus und wies darauf hin, dass das Rechenzentrum unmittelbar nach dem jüngsten Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zum Kassenabschlag bereits die April-Rechnung korrigiert habe. Einige Krankenkassen würden sich noch sträuben, die Reduzierung des Kassenabschlages für 2010 anzuerkennen. Doch durch unberechtigte Kürzungen der Rechnungen liefen die Kassen Gefahr, den Rabatt insgesamt zu verwirken. Allerdings würden einige Kassen mit vordergründigen technischen Tricks versuchen, die Auszahlung der Rabattdifferenz zu verzögern.


"In dem verzweifelten und unnützen Bemühen, in jedem Einzelfall eine gerechte Lösung zu finden, hat sich der Gesetzgeber auch hier heillos in einem Gestrüpp von Regelungen verstrickt, aus dem er ganz offensichtlich keinen Ausweg mehr findet."


Dr. Jörn Graue über das Gesundheitswesen

Weitere Probleme erwartet Graue durch die Erhöhung des Herstellerrabattes auf 16 Prozent. Dieser erscheine als durchlaufender Posten, aber "wir können bereits jetzt prognostizieren, dass eine nicht unbedeutende Anzahl von Herstellern nicht in der Lage sein wird, den geforderten erhöhten Herstellerabschlag zu zahlen, oder zumindest Verspätungen beim Zahlungsfluss einkalkuliert werden müssen," so Graue. Doch die Kassen würden die Beträge einfordern. Daher habe man eine vertragliche Regelung vorgeschlagen, nach der die Kassen den Herstellerrabatt erst dann beanspruchen können, wenn er von den Herstellern auch erstattet wurde.

Neben der mühsamen Umsetzung solcher Neuregelungen engagiert sich das NARZ gemeinsam mit anderen Rechenzentren in Projekten mit der privaten Krankenversicherung. Außerdem sei mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine vertragliche Grundlage für gemeinsame Projekte geschaffen worden.

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