ADEXA Info

Aus dem Netz gefischt: GKV-Reform

Zum Thema GKV-Reform findet man online unzählige Beiträge von Fach- und Publikumsmedien – aber nicht selten sind die Kommentare der Leser mindestens so interessant und lehrreich wie die Artikel selbst. Das trifft auch auf einen Beitrag der Ärzte Zeitung vom 19. Oktober zu, der sich mit der Kritik des liberalen Ökonomen Prof. Bernd Raffelhüschen an der GKV-Reform von Gesundheitsminister Philipp Rösler befasst.

Während Raffelhüschens Thesen dort relativ unkritisch zitiert werden, gehen zwei Leser mit dem Vorstandsmitglied der Stiftung Marktwirtschaft hart ins Gericht (www.aerztezeitung.de, suche raffelhüschen).

Das gipfelt in dem Satz: "Das Solidaritätsprinzip gilt im deutschen Sozialversicherungssystem praktisch nur für die unteren und mittleren Einkommensgruppen, während die Besserverdienenden geschont werden. Das ist keine übertriebene Behauptung von Gewerkschaften, sondern eine Feststellung der OECD." Erläutert wird dies u. a. an dem Beispiel eines freiwillig versicherten Angestellten mit einem Jahresverdienst von 90.000 Euro, der aufgrund der Beitragsbemessungsgrundlage von 45.000 Euro nur einen effektiven Beitragssatz von 4 Prozent zahlt, also nur die Hälfte vom regulären Satz von 7,9 Prozent, mit dem niedrige und mittlere Einkommen belastet sind. Hinzu kommt, dass der Gutverdiener vermutlich über wesentlich mehr Kapitaleinkünfte verfügt, die nicht mit einbezogen werden.

Die von Raffelhüschen gelobten pauschalen Zusatzbeiträge werden diese unsolidarische Belastung weiter verschärfen, denn auch sie belasten die Gutverdiener weniger als Menschen mit Normaleinkommen.

Wenn Rösler davon spricht, dass seine Reform des GKV-Systems "transparent, stabil und gerecht" und damit auch "künftigen Generationen eine Gesundheitsversorgung auf dem bewährt hohen Leistungsniveau" sicherstelle, kann man als politisch bewusster Mensch mit einem noch funktionierenden gesunden Menschenverstand nur staunen. Glaubt der Minister wirklich, dass diese Beitragssätze und dieser Leistungskatalog, ja dieses ganze System noch 50 bis 100 Jahre Bestand haben werden? Das wäre tatsächlich ein Novum in der gesundheitspolitischen Geschichte seit Einführung der Sozialversicherungen durch Bismarck.

Eigentlich schade, dass Realpolitik und Regierungs"verantwortung" auch einen Menschen vom Schlage Philipp Röslers so schnell korrumpieren.


Barbara Neusetzer, ADEXA, Erste Vorsitzende

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.