Fortbildung

Aktuelle Empfehlungen der STIKO

Die aktuellen Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO), veröffentlicht im Oktober 2010, stellte Prof. Dr. Wolfgang Jilg, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universität Regensburg, vor. Er beschränkte seine Auswahl dabei auf die Impfungen gegen Influenza, Masern, Keuchhusten, Meningokokken und Röteln.
Foto: DAZ/diz
Wolfgang Jilg

Influenza

Neu bei der Grippeschutzimpfung: Die STIKO empfiehlt nun auch alle Schwangeren ab dem 2. Trimenon, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens bereits ab dem 1. Trimenon zu impfen. Wie Jilg hinzufügte, wäre es auch möglich, die Empfehlung auszugeben, Schwangere generell ab dem 1. Trimenon gegen Influenza zu impfen. Da jedoch im 1. Trimenon das natürliche Risiko einer Fehlgeburt am höchsten ist, würden Schwangere eine Fehlgeburt auf die Impfung zurückführen, die Impfung würde schnell in Verruf kommen. Man habe sich daher darauf verständigt, die allgemeine Empfehlung erst für das 2. Trimenon auszusprechen.

Die Verträglichkeit des Influenzaimpfstoffs ist sehr gut, an der Einstichstelle kann es zur Rötung und Schwellung kommen, generell zu einer leichten Temperaturerhöhung sowie leichten Kopf- und Muskelschmerzen. Jilg machte darauf aufmerksam, dass die Wirksamkeit einer Grippeimpfung bei etwa 88 Prozent liegt, das heißt, bei manchen Menschen kann sie auch mal keine Wirksamkeit zeigen.

Bei der Aufzählung der Grundleiden von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die trotz dieser Grundleiden geimpft werden sollten, wurden nun auch chronische neurologische Krankheiten aufgenommen, z. B. multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben.

Masern

Masern-Erkrankungen dürfen nicht unterbewertet oder als Kinderkrankheit abgetan werden. Die Bedeutung der Schutzimpfungen im Kindesalter kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ohne die weite Verbreitung der Masernimpfung hätten wir in Deutschland rund 56.000 Fälle von Otitis media und rund 70 Todesfälle durch diese Erkrankung. Die Impfung sollte mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR-Impfstoff) durchgeführt werden, in der Regel im Alter von elf bis 14 Monaten. Bis zum Ende des 2. Lebensjahres soll auch die 2. MMR-Impfung erfolgt sein, um den frühestmöglichen Impfschutz zu erreichen.

Neu ist: In folgenden Situationen kann die erste MMR-Impfung unter Berücksichtigung der mütterlichen Immunität und der gegebenen epidemiologischen Situation bereits ab einem Alter von neun Monaten erfolgen:

bevorstehende Aufnahme in eine Gemeinschaftseinrichtung

nach möglichem Kontakt zu Masernkranken.

Sofern die Erstimpfung vor dem Alter von elf Monaten erfolgte, muss die 2. MMR-Impfung bereits zu Beginn des 2. Lebensjahres erfolgen, da persistierende mütterliche Antikörper im 1. Lebensjahr die Impfviren neutralisieren können. Für eine MMR-Impfung von Säuglingen unter neun Monaten fehlen umfassende Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit, sodass solche Säuglinge in einem Ausbruchsgeschehen in erster Linie durch Impfungen der Kontaktpersonen in der Umgebung zu schützen sind. Individuelle Risiko-Nutzen-Abwägungen können eine Impfung mit sechs bis acht Monaten ausnahmsweise begründen. Vor dem Alter von neun Monaten geimpfte Säuglinge sollen zum Aufbau einer langfristigen Immunität zwei weitere Dosen MMR-Impfstoff im 2. Lebensjahr erhalten. Nach Kontakt zu Masernkranken können unter neun Monate alte Säuglinge nach individueller Risiko-Nutzen-Abwägung alternativ Immunglobuline zum Schutz vor einer Erkrankung erhalten. Nach einer Immunglobulingabe ist die MMR-Impfung für fünf bis sechs Monate nicht sicher wirksam. Dies sollte bei der Indikation zur Immunglobulingabe berücksichtigt werden.

Empfohlen wird die MMR-Impfung auch für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit, insbesondere wenn sie im Gesundheitsdienst, in der Betreuung von Immundefizienten oder in Gemeinschaftseinrichtungenarbeiten.

Keuchhusten

Da Keuchhusten bei Säuglingen zu Erstickungsanfällen führen kann, wird dringend empfohlen, Kleinkinder gegen Pertussis zu impfen. Die Grundimmunisierung der Säuglinge und Kleinkinder sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt, das heißt, unmittelbar nach Vollendung des 2. Lebensmonats, begonnen und zeitgerecht fortgeführt werden. Empfohlen werden je eine Impfung mit einem Impfstoff, der Pertussis-Antigene enthält, im Alter von zwei, drei und vier Monaten, eine weitere Impfung im Alter zwischen elf und 14 Monaten sowie eine erste Auffrischung mit fünf bis sechs Jahren und eine weitere Dosis zwischen neun und 17 Jahren. Impflücken sollten insbesondere bei Jugendlichen geschlossen werden.

Speziell vor Geburt eines Kindes bzw. – und das ist neu – für Frauen im gebärfähigen Alter sollte überprüft werden, ob ein adäquater Immunschutz (Impfung innerhalb der vergangenen zehn Jahre) gegen Pertussis für enge Haushaltskontaktpersonen und Betreuer des Neugeborenen besteht. Dieser sollte ggf. mit einem Kombinationsimpfstoff (Tdap) unter Berücksichtigung der Indikation der anderen im Impfstoff enthaltenen Antigene aktualisiert werden.

Generell gilt: Jede Auffrischimpfung mit Td (auch im Verletzungsfall) sollte Anlass sein, eine mögliche Indikation einer Pertussis-Impfung zu überprüfen und gegebenenfalls einen Kombinationsimpfstoff (Tdap) einzusetzen.

Meningokokken

Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C mit einem konjugierten Meningokokken-C-Impfstoff im Alter von zwei Monaten bis zwei Jahren. Nach Vollendung des 2. Lebensjahres sollte diese Impfung durch 4-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PS-Impfstoff) ergänzt werden. Ein Mindestabstand von zwei Monaten ist zu beachten.

Neu ist: Ab einem Alter von elf Jahren wird die Impfung mit 4-valentem Konjugatimpfstoff empfohlen.

Röteln

Neu bei der Röteln-Impfung ist: Ungeimpfte Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus sollten im gebärfähigen Alter eine zweimalige Impfung – bei entsprechender Indikation mit einem MMR-Impfstoff, erhalten.

Einmal geimpfte Frauen erhalten eine einmalige Impfung – bei entsprechender Indikation mit einem MMR-Impfstoff.

Ungeimpfte Personen oder Personen mit unklarem Impfstatus in Einrichtungen der Pädiatrie, der Geburtshilfe und der Schwangerenbetreuung sowie in Gemeinschaftseinrichtungen erhalten eine einmalige Impfung – bei entsprechender Indikation mit einem MMR-Impfstoff.

diz



DAZ 2011, Nr. 23, S. 65


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