Ernährung aktuell

Was eine seniorengerechte Ernährung ausmacht

Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit nimmt die durchschnittliche Lebenserwartung zu. Durch den medizinisch-pharmakologischen Fortschritt und bessere finanzielle und soziale Bedingungen weisen Senioren heute insgesamt einen besseren Gesundheitszustand auf als Generationen zuvor. Individuell betrachtet kann der Alterungsprozess jedoch sehr unterschiedlich ablaufen. Ob jemand gesund altert, hängt nicht zuletzt auch von seiner Ernährung ab. Deren Anforderungen ändern sich in Abhängigkeit von den altersbedingten physischen Veränderungen, was im folgenden Beitrag näher beleuchtet werden soll.

In den Industrienationen markiert das Lebensalter von 60 bis 65 Jahren in der Regel das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und somit den Übergang in das Seniorenalter [1] (siehe Tab. 1). In Deutschland haben im Jahr 2009 nach Angaben des Deutschen Statistischen Bundesamtes 16,9 Millionen Personen, die 65 Jahre oder älter sind, gelebt. Damit macht der Anteil der Senioren ein Fünftel der Gesamtbevölkerung aus. Im Europäischen Vergleich liegt Deutschland damit auf Platz eins. Die Lebenserwartung steigt auch stetig, nicht zuletzt wegen des medizinischen Fortschritts, verbesserter Hygiene, besserer Ernährung und Wohnsituation sowie durch verbesserte Arbeitsbedingungen und den gestiegenen Wohlstand [2]. So kommt es heute nicht selten vor, dass Personen nach Ende des Erwerbslebens noch drei oder vier weitere Jahrzehnte leben. Altersforscher sprechen daher inzwischen auch vom dritten und vierten Lebensalter.

Tab. 1: Alter - Begriffe und Definitionen
Tab. 2: Richtwerte für die Energiezufuhr (kcal/ Tag) älterer Menschen (> 65 Jahre)
Tab. 3: Anzeichen und Kriterien einer Mangelernährung


Der dritte Lebensabschnitt ist in der Regel von moderaten Gesundheitsproblemen und Einschränkungen gekennzeichnet. Knapp die Hälfte dieser Altersgruppe schätzen ihren Gesundheitsstatus als gut bis sehr gut ein, nicht zuletzt, weil in der Regel dieser Abschnitt durch eine selbstbestimmte und aktive Lebensführung gekennzeichnet ist. Zwischen dem 80. und 85. Lebensjahr beginnt der Übergang in die vierte Lebensphase, die durch nachlassende Leistungsfähigkeit, abnehmende Selbstständigkeit und die Zunahme von Krankheiten geprägt ist. Während bis zum 85. Lebensjahr in Deutschland noch 98% der Senioren in privaten Haushalten leben, steigt danach die Zahl derjenigen, die in ein Alten- oder Pflegeheim übersiedeln, deutlich an.

Organische Veränderungen im Alter

Zu den organischen Veränderungen, die ab etwa 65 Jahren zunehmend zum Tragen kommen, zählt zunächst eine Abnahme der fettarmen, stoffwechselaktiven Körpermasse. Davon sind vor allem die Skelettmuskulatur, die inneren Organe und die Knochenmasse betroffen. Parallel zum Rückgang der fettarmen Masse steigt der Körperfettanteil. Bei Frauen führt zudem der veränderte Hormonhaushalt nach der Menopause zu einer Absenkung des Grundumsatzes.

Eine weitere Veränderung betrifft die Niere. Ihre Filtrationsleistung sinkt mit dem Alter, so dass Stoffwechselendprodukte (und Pharmaka) langsamer ausgeschieden werden und die Fähigkeit zur Harnkonzentration abnimmt. Bei älteren Menschen kann daher eine geringe Flüssigkeitszufuhr leicht kritisch werden. Das ist insbesondere in Verbindung mit der Tatsache, dass das Durstempfinden im Alter sinkt, bedenklich [1; 3]. Im Gastrointestinaltrakt ist vor allem der Magen bzw. die Magenschleimhaut vom Alterungsprozess betroffen. Sie bildet sich zurück, was bei jedem dritten bis zweiten über 65-Jährigen zu einer chronischen atrophischen Gastritis führt. Diese äußert sich in einer reduzierten Magensäure- und Pepsinogen-Sekretion, im fortgeschrittenen Stadium ist auch der Intrinsic-Faktor vermindert.

Nährstoffbedarf im Alter

Grundsätzlich benötigen ältere Menschen die gleichen Nährstoffe wie jüngere Personen. Da aber der Energiebedarf bereits ab dem 51. Lebensjahr abnimmt, muss die Nährstoffdichte erhöht werden, um den Bedarf adäquat zu decken [4; 5]. Etwa 20 Prozent weniger Energie braucht ein 75-jähriger Mann verglichen mit einem 25-jährigen (siehe Tab. 2). In Kalorien ausgedrückt sind das etwa 375 kcal/Tag weniger. Bei einer Frau nimmt der Bedarf um etwa 200 kcal/Tag ab. Der Energiebedarf kann natürlich individuell variieren, abhängig von der körperlichen Aktivität. Hier gibt es große Unterschiede bei Senioren. Während sich manche bereits als "junge Alte" aufgrund von Verschleißerscheinungen etc. nur noch wenig bewegen und somit einen deutlich verringerten Leistungsumsatz haben, sind andere noch bis ins hohe Alter "fit" und bewegen sich entsprechend viel. Daher können in der Ernährungsberatung von Senioren stets auch nur individuell angepasste Empfehlungen ausgesprochen werden [6].

So ernähren sich Senioren in Deutschland

Laut den Ergebnissen der zweiten Nationalen Verzehrsstudie (NVS II) haben Senioren in Deutschland im Mittel eine zu hohe Aufnahme an Gesamtfett, gesättigten Fettsäuren und Cholesterin. Auch ist die Proteinzufuhr, gemessen an den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr, zu hoch. Im Gegensatz dazu verzehren Senioren weniger Kohlenhydrate als empfohlen. Problematisch ist auch, dass nur die Hälfte dieser Nährstoffgruppe in Form von Polysacchariden aufgenommen wird. Zudem liegt die Ballaststoffzufuhr deutlich unterhalb der Empfehlungen. Ebenfalls ungünstig erweist sich laut NVS II, dass einige Vitamine und Mineralstoffe in zu geringen Mengen aufgenommen werden. Dazu zählen Vitamin D, Folsäure und Calcium [7].

Ernährungsrisiken im Alter

Im Alter bestehen zwei grundsätzliche Ernährungsrisiken – Übergewicht sowie Mangel- und/oder Unterernährung [1; 6].

Übergewicht und Adipositas

Bei "jungen Alten" werden überwiegend Ernährungsprobleme wie bei Personen im mittleren Lebensalter beobachtet [1]. Übergewicht und Adipositas sind ein zentrales Problem. So sind laut NVS II in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen 51,8% der Männer und 38% der Frauen übergewichtig. 30,7% der Männer und 31,2% der Frauen gelten mit einem BMI ≥ 30 sogar als adipös. Während bei den Männern der Anteil der Übergewichtigen und Adipösen ab dem 70. Lebensjahr abnimmt, steigt der Anteil der übergewichtigen Frauen bis zum 80. Lebensjahr an. Bislang ist allerdings nicht abschließend geklärt, ob für Personen höheren Alters die gleichen Kriterien zur Bewertung von Übergewicht und Adipositas herangezogen werden sollten oder nicht [8].

Bedingt ist das Problem der Überernährung meist durch eine unausgeglichene Energiebilanz. Neben fehlender körperlicher Beanspruchung in Beruf oder Sport, ist die unveränderte Energieaufnahme bei altersbedingt abnehmendem Energiebedarf eine mögliche Erklärung.

Mangelernährung

Im höheren Alter steigt die Zahl derjenigen, die nicht ausreichend essen und trinken. Senioren, die in einem Privathaushalt leben, sind dabei wesentlich seltener (10%) von Mangelernährung betroffen als diejenigen, die in einer Senioreneinrichtung leben (35 – 45%) [9]. Besonders betagte und hochbetagte Personen sind aufgrund fortschreitender Alterungsprozesse und abnehmender physiologischer Reserven anfällig für eine Mangelernährung. Diese kann durch Kaubeschwerden und Appetitlosigkeit, akute und/oder fortschreitende chronische Erkrankungen, Immobilität oder nachlassende geistige Leistung begünstigt werden (siehe Kasten "Auslöser für eine Mangelernährung") [1; 3].

Auslöser einer Mangelernährung im Alter


Altersassoziierte Veränderungen

  • nachlassender Appetit, längere Sättigung
  • nachlassendes Durstempfinden
  • verändertes/nachlassendes Geschmacks- und Geruchsempfinden

Körperliche/funktionelle Einschränkungen

  • nachlassende Speichelsekretion, Mundtrockenheit
  • Kau-, Schluckstörungen, schlechter Zahn-/ Gebissstatus
  • Sehbehinderungen
  • manuelle Einschränkungen, Lähmungen
  • Mobilitätsprobleme, kaum Bewegung an der frischen Luft

Kognitive Probleme

  • nachlassende Gedächtnisleistung, Probleme bei der Haushaltsführung
  • Verwirrtheit, Orientierungsprobleme
  • Demenz

Psychosoziale Probleme

  • niedrige Rente, Armut
  • unangepasste Wohn-, Lebensverhältnisse, fehlende nahe Einkaufsmöglichkeiten, -hilfen
  • Single-Haushalt: fehlende Motivation zur Mahlzeitenzubereitung, fehlende Kenntnisse, einseitige Lebensmittelauswahl

  • Einsamkeit, Depression, Trauer

  • Ablehnung von Heimsituation und neuer Verpflegung, von Unterstützung beim Essen und Trinken

  • Ablehnung von besonderen Ernährungsmaßnahmen (z. B. Trink-, Sondennahrung, Ernährung bei Kau- und Schluckstörungen)

  • Scham bei Pflegebedürftigkeit


Akute/chronische Erkrankungen

  • Infektionen
  • Stürze, Unfälle und damit verbundene Operationen und Immobilität
  • Diabetes mellitus, insbes. mit schlechter, instabiler Stoffwechseleinstellung
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Herzinsuffizienz, Schlaganfall)
  • Lungenerkrankungen (z. B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung)
  • Magen-Darm-Erkrankungen, Nahrungsmittelintoleranz (z. B. Colitis ulcerosa, Glutenintoleranz)

  • maligne Erkrankungen
  • dauerhafte Schmerzzustände

Medikamentennebenwirkungen

  • Appetitverlust
  • Magen-Darm-Beschwerden: Übelkeit, Völlegefühl, Durchfall
  • Mundtrockenheit

Quelle: [13]


Auch die Einnahme von Medikamenten über einen langen Zeitraum, die maßgeblich an der kontinuierlich steigenden Lebenserwartung beteiligt sind, kann sich ungünstig auf die Ernährung auswirken [3].

Mangelernährung wird jedoch nicht verbindlich definiert. Im Verständnis der Geriatrie ist dies eine Situation mit defizitärer Energie- und/oder Nährstoffversorgung, die ungünstige klinische Folgen mit sich bringen kann (siehe Kasten "Folgen der Mangelernährung") [9; 10].


Folgen der Mangelernährung im Alter


↓ Muskelmasse und Muskelkraft

↓ Funktionalität

↑ Sturzrisiko

↓ Knochenmasse

↑ Frakturrisiko

↑ Infektionsrisiko

↓ Impferfolg nach Influenzaimpfung

↑ Erschöpfung

↓ Kognitive Leistung

↑ Inzidenz von Dekubiti

↑ Häufigkeit der Krankenhausaufnahme

↓ Wundheilung

↑ Länge der Krankenhausverweildauer

↑ Sterblichkeit


Quelle: [10]


Zu den Zeichen einer Mangelernährung zählen ein rascher und ungewollter Gewichtsverlust, Schwäche, Appetitmangel und eine einseitige Ernährung (siehe Tab. 3) [9]. Zur einfachen Beurteilung des Ernährungsstatus eignet sich die Erfassung von anthropometrischen Daten (BMI). Daneben spielen aber bei der Diagnostik der Mangelernährung auch die Anamnese, weitere klinische Befunde, Laboruntersuchungen und ein Risikofaktor-Screening eine wichtige Rolle [5]. Bei der Therapie einer Mangelernährung im Seniorenalter bestehen verschiedene Optionen, die an die Bedürfnisse des Patienten angepasst sein sollen. Ein wichtiger Aspekt ist die Milieugestaltung. So sollen Mahlzeiten möglichst in aufrechter Haltung und möglichst in Gesellschaft eingenommen werden. Zudem sollten die Speisen optisch ansprechend und gut gewürzt sein. Ebenso muss die Ernährung auf weitere Erkrankungen/Behinderungen abgestimmt sein. Beispielsweise sollten je nach Bedarf ergonomisch angepasste Hilfsmittel wie Besteck, Dysphagie-Kost, Nahrungsergänzungsmittel und ggf. temporär künstliche Ernährungsmaßnahmen zum Einsatz kommen [5].


Nicht auf den Durst warten


Ausreichendes Trinken ist für Senioren extrem wichtig. Da das Durstgefühl bei älteren Menschen nachlässt und gleichzeitig die Niere nicht mehr so gut wie bei Jüngeren funktioniert, kommt es insbesondere im Sommer immer wieder zu Austrocknungen, die häufig tödlich enden. Mindestens 1,5 Liter Flüssigkeitszufuhr pro Tag sollte für Senioren daher die Regel sein. Geeignete Getränke sind Leitungs- und Mineralwasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees oder Saftschorle. Folgende Tipps können eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme fördern:

  • Trinken Sie, bevor Sie Durst verspüren.
  • Trinken Sie zu jeder Mahlzeit ein Getränk.
  • Stellen Sie schon morgens die Getränke, die Sie tagsüber trinken möchten, an gut sichtbarer Stelle bereit.

  • Suppen und viele Obstsorten enthalten reichlich Flüssigkeit. Sie können einen Teil der nötigen Trinkmenge liefern.


Den Appetit anregen

Bei alten Menschen sollte man versuchen, den Appetit zu stei- gern. Folgende Tipps können da- bei helfen:

  • Kontrollieren Sie regelmäßig Ihr Körpergewicht.

  • Hilfsmittel wie Schnabeltas- sen, Besteck mit verdickten Griffen, abgewinkelte Löffel oder Teller mit rutschfestem Boden erleichtern das selbst- ständige Essen.

  • Bewegen Sie sich regelmäßig.

  • Essen Sie in einer Umgebung, in der Sie sich wohl fühlen.

  • Suchen Sie sich Gesellschaft während des Essens.

  • Auch wenn Sie alleine leben, sollten Sie regelmäßig kochen, den Tisch hübsch dekorieren und darauf achten, dass Spei- sen appetitlich angerichtet sind.



Kritische Nährstoffe

Neben allgemeinen Mangelsituationen kann auch ein spezifischer Nährstoffmangel auftreten. Dabei ist eine Gefährdung leicht zu übersehen, da auch normal- und übergewichtige Personen betroffen sein können. Kritische Nährstoffe sind die Vitamine D, Folat und B12 sowie die Mineralstoffe Calcium und Zink [9]. Im Seniorenalter ist die Fähigkeit zur Vitamin-D-Eigensynthese in der Haut im Vergleich zur Haut von jungen Erwachsenen deutlich herabgesetzt [4]. Daher verdoppelt sich die empfohlene Zufuhrmenge für Vitamin D im höheren Lebensalter [1]. Auch wird für Personen nach dem 70. Lebensjahr diskutiert, ob für eine optimale Calciumaufnahme im Darm sowie zur Reduktion des Knochenabbaus, für eine verbesserte Muskelfunktion und zur Sturzprophylaxe die Vitamin-D-Zufuhr von > 10 µg/Tag erhöht werden sollte und zusätzlich Supplemente notwendig sind [1; 4]. Weiterhin muss bei älteren Menschen beachtet werden, dass der Beitrag an der Eigensynthese von Vitamin D auch abnimmt, wenn sich Personen kaum im Freien aufhalten können und somit die UV-Exposition vermindert ist. Dies ist besonders häufig bei Heimbewohnern der Fall [4]. Liegt ein chronisches Calciumdefizit und eine gleichzeitig unzureichende Vitamin-D-Versorgung vor, werden Knochenabbauprozesse sowie eine senile Osteoporose begünstigt. Ein Vitamin-D-Mangel ist beispielsweise an unspezifischen Muskelschmerzen zu erkennen, da das Vitamin auch für den Calciumeinstrom in die Muskelzellen und somit für eine normale Muskelfunktion benötigt wird. Ein chronischer Vitamin-D-Mangel wird zudem im Zusammenhang mit erhöhter Sturzneigung diskutiert.

Folat wird nicht nur im Alter, sondern von allen Bevölkerungsgruppen unzureichend aufgenommen. Zu den Hauptursachen zählen der unzureichende Gemüseverzehr sowie Zubereitungsverluste, die besonders beim Wiederaufwärmen, Vorbereiten und langen Warmhaltezeiten in der Gemeinschaftsverpflegung relevant sind. Im Fall von Kau- und Schluckbeschwerden wurde häufig beobachtet, dass der Verzehr von Obst, Gemüse, Nüssen und Salat eingeschränkt ist. Gerichte mit Hülsenfrüchten sowie Obstsäfte werden zudem aufgrund von Bekömmlichkeitsproblemen, etwa Blähungen und Säuregehalt, gemieden. Bei einer dauerhaft defizitären Folataufnahme werden Blutbildveränderungen, Blutarmut, Homocystein-Akkumulation im Stoffwechsel und erhöhte Homocystein-Blutwerte beobachtet.

Homocystein gilt als proatherogen und neurotoxisch und erhöht somit das Risiko für koronare Herzkrankheit und Schlaganfall. Weiterhin werden kognitive Defizite, die Entwicklung einer Depression und Demenz mit einem Folatmangel in Verbindung gebracht.

Auch Vitamin B12 ist am Homocystein-Stoffwechsel beteiligt. Neben Folat und Vitamin B6 wirkt es als Cofaktor und Coenzym bei der Umwandlung des im Stoffwechsel entstehenden Homocysteins in andere Aminosäuren und verhindert auf diese Weise eine Homocystein-Akkumulation. Auch wenn eine mangelhafte Vitamin-B12 -Versorgung lange Zeit nicht beachtet wurde, muss dieser bei Senioren Beachtung geschenkt werden. Zwar liegt im Mittel kein alimentär bedingter Mangel vor, doch kann es bei der Resorption zu Beeinträchtigungen kommen. Wenn die Bildung von Magensaft und die Sekretion des Intrinsic Faktors reduziert ist, ist die Freisetzung von proteingebundenem Vitamin B12 aus der Nahrung und die Bindung an den Intrinsic Faktor herabgesetzt. Dadurch sinkt die Bioverfügbarkeit des Vitamins erheblich. Die Vitamin-B12 -Aufnahme kann auch durch bestimmte Medikamente eingeschränkt werden. Dazu zählen z. B. Protonenpumpenhemmer oder H2 -Blocker. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass bis zu 43% der Senioren von einem Vitamin-B12 -Mangel betroffen sind. Bei einer unzureichenden Versorgungslage wird eine verstärkte Abnahme der kognitiven Leistung beobachtet. Gemeinsam mit einem Folatmangel ist zudem das Risiko für Schlaganfälle und transitorische ischämische Attacken erhöht.

Schließlich kann im hohen Alter auch die Zinkversorgung mangelhaft sein. Dies ist bedingt durch gesteigerte renale Verluste sowie einen seltenen Verzehr von Zinkquellen wie Fleisch, Geflügel, Milch, Käse oder Vollkornprodukte. Auch der Zinkbedarf ist gemessen an der Nährstoffdichte erhöht und die Zinkausnutzung aus der Nahrung herabgesetzt. Zeichen eines Zinkmangels sind wiederkehrende Infektionen, schlechte Wundheilung, Dermatitis oder Geschmacksstörungen [1].

Zudem kann eine einseitige Ernährung, die von einem geringen Obst- und Gemüseverzehr geprägt ist und zudem kein Fleisch oder Vollkornprodukte enthält, einen Vitamin-C-, Magnesium- oder Eisenmangel hervorrufen. Neben Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme und psychosozialen Problemen kann auch ein krankheitsbedingter Mehrbedarf einen spezifischen Nährstoffmangel auslösen [9].

Fazit

Die Ausführungen zeigen, dass besonders Ernährungsdefizite und eine Mangelernährung Senioren stark in ihrer Selbstständigkeit, Gesundheit und Lebensqualität beeinträchtigen können.

Auf der anderen Seite kann eine ausreichende und bedarfsgerechte Ernährung auch im hohen Alter einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit, Funktionalität und Selbstständigkeit leisten [12]. Dabei gelten zunächst wie für gesunde Erwachsene die 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) (siehe Kasten).


10 Regeln der DGE


1. Vielseitig essen

2. Reichlich Getreideprodukte - und Kartoffeln

3. Gemüse und Obst - Nimm "5" am Tag ...

4. Täglich Milch und Milchprodukte; ein- bis zweimal in der Woche Fisch; Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen.

5. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel

6. Zucker und Salz in Maßen

7. Reichlich Flüssigkeit

8. Schmackhaft und schonend zubereiten.

9. Sich Zeit nehmen und genießen

10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben


Quelle: [13]


Damit Speisen und Getränke auch im hohen Alter akzeptiert werden, sollte stets auf eine abwechslungsreiche Kostzusammenstellung geachtet werden, die individuell angepasst zubereitet und dargereicht wird [1]. Tabelle 4 informiert über weiterführende Informationen für Senioren und Fachkräfte.


Literatur

[1] Küpper, C. (2008): Ernährung älterer Menschen – Veränderungen im Alter und deren Auswirkungen auf Ernährungsverhalten und Nährstoffbedarf. Ernährungs Umschau 9/08: 548 – 556.

[2] Deutsches Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2011): Ältere Menschen in Deutschland und der EU. Abrufbar unter: www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Fachveroeffentlichungen/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/BlickpunktAeltereMenschen1021221119004,property=file.pdf (Status September 2011).

[3] Biesalski, H.-K. und Grimm, P. (2001): Taschenatlas der Ernährung. Thieme, Stuttgart 2., aktualisierte Auflage, 300 – 301.

[4] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE); Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE); Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung (SGE) (Hrsg.) (2008): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt/Main 1. Auflage, 3., vollständig durchgesehener und korrigierter Nachdruck.

[5] Anders, J. (2009): Ernährung und Mangelernährung im höheren Lebensalter. In: von Renteln-Kruse, W. (Hrsg.): Medizin des Alterns und des alten Menschen. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Steinkopff Verlag, 160 – 172.

[6] Petru, C. & Sprinz, M. (2005): Ernährung der älteren Menschen. In: Likar, R. et al.: Lebensqualität im Alter – Therapie und Prophylaxe von Altersleiden. Springer-Verlag Wien: 273 – 280.

[7] Max Rubner-Institut (MRI) (Hrsg.) (2008): Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht Teil 2. Abrufbar unter: www.was-esse-ich.de/uploads/media/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf (Status September 2011)

[8] Max Rubner-Institut (MRI) (Hrsg.) (2008): Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht Teil 1. Abrufbar unter: www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/NVS_Ergebnisbericht.pdf?__blob=publi- cationFile (Status September 2011)

[9] Küpper, C. (2010): Mangelernährung im Alter – Teil 1: Definition, Verbreitung und Diagnose. Ernährungs Umschau 4/10: 204 – 211.

[10] Bauer, J. (2011): Ernährung im Alter – Grundlage für den Erhalt von Funktionalität und Lebensqualität. Der Internist 8 – 52: 946 – 954.

[11] Volkert, D. et al. (2011): Die Rolle der Ernährung bei der Entstehung von Sarkopenie und Frailty. Ernährungs Umschau 9/2011: 486 – 493.

[12] Volkert, D. (2011): Leitlinien und Standards zur Ernährung in der Geriatrie. Z Gerontol Geriat 2 – 44: 91 – 99.

[13] Küpper, C. (2010): Mangelernährung im Alter – Teil 2: Ursachen und Folgen, Therapie und Prävention. Ernährungs Umschau 5/10: 256 – 262.

[14] Deutsche Gesellschaft für Ernährung: 10 Regeln für eine vollwertige Ernährung www.dge.de/pdf/10-Regeln-der-DGE.pdf (2010), Status: September 2011).


Autorin

Katja Aue, M. Sc. Ökotrophologie E-Mail: katja_aue@web.de



DAZ 2011, Nr. 40, S. 118

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