Arzneimittel und Therapie

EMA fehlt Beweis für Narkolepsie durch Pandemrix

Unerwartet viele Berichte zum Auftreten einer Narkolepsie nach Impfung mit dem Pandemieimpfstoff Pandemrix® in Finnland und Schweden beschäftigen die Überwachungsbehörden. Während das finnische Gesundheitsinstitut THL einen Zusammenhang zwischen Impfung und Narkolepsie für wahrscheinlich hält, fehlen dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bislang die Beweise für einen ursächlichen Zusammenhang, so das Fazit des CHMP auf seiner Februarsitzung.
Ursachenforschung Die Inzidenz der Narkolepsie bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre wird in Deutschland auf 0,12/100.000 geschätzt, eine Dunkelziffer ist wahrscheinlich. In Finnland stieg die Inzidenz im Zusammenhang mit der Pandemrix® -Impfung auf das Neunfache. In Deutschland wurden dem Paul-Ehrlich-Institut bis Ende Januar acht Verdachtsfälle gemeldet. Foto: GlaxoSmithKline

Eine Häufung von Narkolepsie-Fällen nach der Impfung mit Pandemrix® wurde bislang nur in Finnland und Schweden festgestellt, nicht dagegen in anderen nicht-nordischen Ländern und auch nicht in Kanada, wo die Impfung überwiegend mit einem entsprechenden Impfstoff durchgeführt worden ist, so die EMA in ihrer Pressemitteilung. Die Studie aus Finnland, nach der durch Pandemrix® das Narkolepsie-Risiko bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 4 bis 19 Jahren um das Neunfache erhöht war, wird in ihrem Design zwar gelobt, doch es sei nicht auszuschließen, dass nicht erkannte Faktoren für das erhöhte Risiko mitverantwortlich waren. Als mögliche Erklärung wird ein bislang unbekannter Umwelt- und/oder genetischer Faktor ins Spiel gebracht. Antworten zu den offenen Fragen und Hypothesen sollen weitere Studien geben, insbesondere eine durch das European Center for Disease Control and Prevention (ECDC) geförderte epidemiologische Studie. Sie wird von dem VAESCO-Projekt durchgeführt, einem Netzwerk von europäischen Gesundheitsinstitutionen und Forschungseinrichtungen, das ein Datenbank-gestütztes Monitoring zur Sicherheit von Impfungen in Europa unterhält. Mit Ergebnissen wird Ende Juni 2011 gerechnet.

Weitere Empfehlungen des CHMP

Neben dem Update zu Pandemrix® hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA in seiner Sitzung vom Februar 2011 weitere Empfehlungen und Einschränkungen ausgesprochen:


Zulassungsempfehlung für Methylthioninchlorid

Methylthioninchlorid (Methylenblau) soll zur akuten symptomatischen Therapie einer durch Medikamente oder Chemikalien induzierten Methämoglobinämie eingesetzt werden.


Zulassungsempfehlung für humanes Immunglobulin

Humanes normales Immunglobulin (Hizentra®) soll zur Substitutionstherapie bei Erwachsenen und Kindern mit primären Immundefizienz-Syndromen sowie bei Patienten mit Myelom oder chronischer lymphatischer Leukämie mit schwerer sekundärer Hypogammaglobulinämie und rezidivierenden Infektionen eingesetzt werden.


Zulassungsempfehlung für die Fixkombination aus Aliskiren und Amlodipin

Die Kombination aus dem direkten Renininhibitor Aliskiren und dem Calciumkanalblocker Amlodipin ist angezeigt zur Behandlung der essenziellen Hypertonie bei erwachsenen Patienten, deren Blutdruck mit Aliskiren oder Amlodipin allein nicht ausreichend kontrolliert werden kann.


Indikationserweiterung von Adalimumab

Der humane monoklonale Antikörper gegen den Tumornekrosefaktor α Adalimumab (Humira®) soll künftig auch zur Behandlung einer juvenilen idiopathischen Arthritis bei Patienten im Alter zwischen vier und zwölf Jahren eingesetzt werden können.


Einschränkungen für Stavudin

Der nukleosidische Hemmer der Reversen Transkriptase Stavudin (Zerit®) sollte bei Erwachsenen und Kindern nur so kurz wie möglich und nur dann angewendet werden, wenn keine therapeutischen Alternativen zur Verfügung stehen.


Einschränkung für Tigecyclin

In die Produktinformation des Tetracyclinderivats Tigecyclin (Tygacil®) soll ein Hinweis aufgenommen werden, dass bei Gabe des Antibiotikums in klinischen Studien die Sterblichkeit erhöht war. So soll sichergestellt werden, dass Tigecyclin adäquat angewendet und nur in den zugelassenen Indikationen eingesetzt wird.


Kontraindikation für Vernakalant erweitert

In den Kontraindikationen des Antiarrhythmikums Vernakalant (Brinavess®) soll die Zeit zwischen Vernakalant-Gabe und Gabe weiterer intravenöser Antiarrhythmika (Klasse I und III) auf vier Stunden verlängert werden.


Überprüfung von Buflomedil

Der Ausschuss für Humanarzneimittel prüft das Risiko einer kardialen und neuronalen Toxizität des Vasodilatators Buflomedil bei Patienten, die Buflomedil zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit einnehmen.


Überprüfung von Pholcodin

Der Ausschuss für Humanarzneimittel prüft das Risiko einer anaphylaktischen Reaktion durch das Antitussivum vom Opiattyp Pholcodin bei Patienten, die Muskelrelaxanzien im Rahmen einer Narkose erhielten. Anlass ist die Beobachtung, dass in den Ländern, in denen Phlocodin nicht mehr verfügbar ist, ein Rückgang von anaphylaktischen Reaktionen auf Muskelrelaxanzien beobachtet wurde.


Zum Weiterlesen


Pandemie-Impfstoffe: Pandemrix ® unter Narkolepsie-Verdacht.

DAZ 2010, Nr. 35, S. 39 – 40.


Quelle

European Medicines Agency reviews further data on narcolepsy and possible association with Pandemrix. EMA-Pressemitteilung vom 18. Februar 2011.

Meeting highlights from the Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) 14-17 February 2011.


ck/du



DAZ 2011, Nr. 8, S. 29

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.