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Apotheker 2.0

Peter Ditzel

"Der Apotheker ist ein naturwissenschaftlich geprägter Heilberuf", heißt es im Vorwort zum Berufsbild des Apothekers, das 2003 von der ABDA aufgrund eines Antrags auf der Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker überarbeitet wurde. Das liegt nun mittlerweile fast zehn Jahre zurück. Da lohnt es sich, genauer hinzusehen. Denn diese Version des Berufsbilds wurde vor 2004 niedergeschrieben, dem Jahr, in dem sich die Apothekenwelt entscheidend veränderte (z. B. Honorar, Filialisierung, freie OTC-Preise). Ist das seinerzeit formulierte Berufsbild also heute noch zeitgemäß? In einer Zeit, in der Internet, Datenverkehr, Rabattverträge und AMNOG deutliche Spuren und Veränderungen bewirkt haben? Man kann auch fragen: Inwieweit erfüllen die Apothekerinnen und Apotheker die im Jahr 2003 niedergelegten Ansprüche des Berufsbilds? Schauen wir uns einige Formulierungen genauer an.

Das damals umschriebene Berufsbild stützt sich auf § 1 der Bundes-Apothekerordnung, wonach der Gesetzgeber dem Apotheker den Auftrag erteilt hat, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. "Dieser Auftrag", so heißt es in der Präambel wörtlich, "umfasst insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, die Herstellung, Qualitätssicherung, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Risikoerfassung von Arzneimitteln, die Forschung über Arzneimittel, die Entwicklung von Arzneimitteln sowie die Suche nach neuen Wirkstoffen und Darreichungsformen." Das klingt noch sehr allgemein, lässt den Apotheker als kleinen Tausendsassa erscheinen, von allem etwas, aber wo liegt der Schwerpunkt? (Mit Sicherheit nicht mehr bei der Herstellung, erst recht nicht in der Zeit nach der neuen Apothekenbetriebsordnung.)

Der erste, noch sehr allgemein gehaltene Passus wird im weiteren Verlauf der Präambel präzisiert. So heißt es dort beispielsweise: "Der Apotheker setzt sich aktiv für die sichere und effiziente Arzneimittelversorgung ein und ist Ansprechpartner des Patienten, des Arztes und anderer Gesundheitsberufe im Rahmen der Information und Beratung über Arzneimittel und Medizinprodukte sowohl im Bereich der Verschreibungspflicht als auch der Selbstmedikation." Damit kommt man einer zeitgemäßen Definition der apothekerlichen Tätigkeit schon sehr nahe. Ob es auf Dauer reicht, "Ansprechpartner" zu sein, oder ob in einer überarbeiteten Fassung vielleicht weniger eine passive als vielmehr eine aktivere Formulierung gewählt werden sollte, ist zu überlegen. Nur Ansprechpartner zu sein, wird auf Dauer nicht reichen.

Ein weiterer Punkt der Präambel: "Der Apotheker ist unentbehrlich bei der Qualitätssicherung, Qualitätssteigerung und Kostenoptimierung arzneimittelbezogener Leistungen im Gesundheitswesen." Dahinter verstecken sich viele Leistungen, die der Apotheker z. B. im Zusammenhang mit aut idem und der Auswahl von Rabattarzneimitteln erbringt. Was die Kostenoptimierung angeht, so ist die Rolle des Apothekers ausbaubar. Bei der mit dem AMNOG eingeführten frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln beispielsweise sollte sich die Berufsvertretung des Apothekers noch einbringen. Der Gemeinsame Bundesausschuss und die Hersteller vermissen die Apotheker in diesem Verfahren. Warum hat sich hier die Berufsvertretung noch nicht beteiligt? Warum wird dieses Recht nicht wahrgenommen?

Zum Berufsbild des Apothekers gehören auch diese Passagen der Präambel: "Der Apotheker setzt sich im Rahmen der Pharmazeutischen Betreuung systematisch für die Optimierung der Arzneimitteltherapie ein" und "Der Apotheker beteiligt sich in allen Tätigkeitsbereichen am Aufbau von Netzwerken zwischen den Gesundheitsberufen zur Optimierung der Patientenversorgung." Das war 2003 bereits fortschrittlich in die Zukunft gedacht, denn die Pharmazeutische Betreuung, die bereits Anfang der 90er Jahre als Zukunftsaufgabe gehandelt wurde, ist flächendeckend bis heute nicht richtig in die Gänge gekommen. Derzeit steht bereits die Erweiterung der Pharmazeutischen Betreuung an, das Medikationstherapie-Management und die Therapieoptimierung, zusammen mit dem Arzt, Stichwort ist hier beispielsweise das ABDA-KBV-Konzept. Aber auch die Geriatrische Pharmazie, die bereits jeder Apotheker schon heute in seiner Apotheke umsetzen kann, so er es denn kann und will, gehören zu diesem Punkt des Berufsbilds.

Ist das vor knapp zehn Jahren definierte Berufsbild des Apothekers also heute noch zeitgemäß? Oder ist ein Update notwendig? Mein Fazit: Was damals als Aufgabe des Apothekers fixiert wurde, trifft auch heute noch weitgehend zu. Mehr noch: Einige der formulierten Aufgaben sind noch lange nicht in die Praxis umgesetzt oder nur von wenigen. Auf der anderen Seite: Den Blick in die Zukunft gerichtet dürfte ein kleines Update auf die Version Apotheker 2.0 nicht schaden. Ich bin sicher, man wird die eine oder andere Position im Berufsbild schärfen können, vor allem mit dem Ziel, den Apotheker als Arzneitherapiemanager zu profilieren. Vor diesem Hintergrund wäre eine neue Diskussion über die zukünftige Ausrichtung des Apothekerberufs sinnvoll. Wo möchte, wo sollte der Apotheker im Jahre 2022 stehen?


Peter Ditzel



DAZ 2012, Nr. 12, S. 3

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