Arzneimittel und Therapie

Immuntherapie bei Tumorerkrankungen

Stärkung der immunologischen Krebsabwehr erfolgreich

Tumorzellen können immunsuppressive Signale aussenden und so der körpereigenen Krebsabwehr entkommen. Ein Unterbinden dieser Vorgänge wird derzeit in klinischen Studien untersucht. Erste Ergebnisse sind ermutigend.
Die körpereigene Krebsabwehr zu stärken ist ein Ansatzpunkt in der Onkologie. Bildet die Tumorzelle den Liganden PD-L1, werden durch eine Wechselwirkung zwischen PD-1 und PD-L1 die T-Zellen geschwächt und die Krebszellen entkommen so den Angriffen der zellulären Immunabwehr. Es liegt nun nahe, einen Antikörper gegen PD-L1 zu entwickeln, um diese Wechselwirkung aufzuheben.

Tumorzellen können den Angriffen des körpereigenen Immunsystems ausweichen, indem sie eine Toleranz gegen Tumorspezifische T-Zellen induzieren. Dies erfolgt unter anderem durch die Bildung von Liganden, welche die inhibitorischen Rezeptoren besetzen und so die T-Zell-Funktionen abschwächen. Eine wichtige Rolle bei der körpereigenen Krebsabwehr spielen PD-1-Proteine (PD-1 = programmed death 1), die auf der T-Zelloberfläche sitzen. PD-1-Proteine wurden 1992 von japanischen Forschern bei Untersuchungen zum programmierten Zelltod, der Apoptose, entdeckt. Es hat sich gezeigt, dass diese Proteine, die auf den T-Zellen sitzen, eine wichtige Rolle bei verschiedenen Immunreaktionen spielen, so auch bei der immunologischen Krebsabwehr. Bildet die Tumorzelle den Liganden PD-L1, werden durch eine Wechselwirkung zwischen PD-1 und PD-L1 die T-Zellen geschwächt und die Krebszellen entkommen so den Angriffen der zellulären Immunabwehr. Es liegt nun nahe, einen Antikörper gegen PD-L1 zu entwickeln, um diese Wechselwirkung aufzuheben und die körpereigene Krebsabwehr zu stärken.

Erste Studien mit Anti-PD-L1

PD-L1 wird von vielen soliden Tumoren exprimiert. Ob sich eine Blockade von PD-L1 auch in einem klinischen Benefit auswirkt, wurde in einer Phase-I-Studie untersucht. Eingesetzt wurde dabei BMS-936559, ein humaner monoklonaler IgG4-Antikörper, der die Bindung von PD-L1 an PD-1 hemmt. Durch die Blockade der Interaktion von PD-1 mit seinem Liganden PD-L1 erhofft man eine Verbesserung der zellulären Immunantwort auf Krebszellen.

An der multizentrischen Studie nahmen 207 Patienten teil, die an unterschiedlichen Tumorarten in fortgeschrittenen Stadien erkrankt waren (Melanom, Nierenzellkarzinom, Brustkrebs, Ovarialkrebs, Pankreaskarzinom, nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, Magenkrebs). Sie erhielten BMS-936559 intravenös alle 14 Tage (in 6-Wochen-Zyklen an Tag 1, 15 und 29 bis zu 16 Zyklen oder bis zum Eintreten einer kompletten Response oder Krankheitsprogression). Die mediane Therapiedauer betrug zwölf Wochen. Die objektiven Ansprechraten mit der Antikörpertherapie lagen zwischen 6% und 17%. Zum Vergleich: Die in den vergangenen 30 Jahren mit einer Immuntherapie erzielte Anti-Tumoraktivität liegt zwischen 10% und 15%. Eine Krankheitsstabilisierung 24 Wochen nach Therapiebeginn wurde bei 12% bis 41% der Patienten dokumentiert. Auf die Antikörper-Therapie sprachen auch einige Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom an, obwohl diese Tumorentität bisher als nicht immunogen galt. Grad-3- oder 4-Nebenwirkungen traten bei 9% der behandelten Patienten auf. Weitere Studien müssen klären, welche Patienten von der Immuntherapie am meisten profitieren.


Quelle

Brahmer J., et al.: Safety and activity of anti-PD-L1 antibody in patients with advanced cancer. N Engl J Med 366, 2455 – 2465 (2012).

Ribas A.: Tumor immunotherapy directed at PD-1. N Engl J Med 366, 2517 – 2519.


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr



DAZ 2012, Nr. 35, S. 40

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