Gesundheitspolitik

Gleichbehandlung?

Dr. Benjamin Wessinger

Die AATB, eine Arbeitsgruppe der Aufsichtsbehörden der Länder, hat in einem Papier mit 56 Fragen und Antworten eine einheitliche Linie zur Auslegung der neuen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorgelegt (siehe Artikel "Umsetzung der ApBetrO: Letztlich eine Frage des Einzelfalls").

Dieses Papier enthält einige interessante Interpretationen. So unterscheide die neue ApBetrO bei der Beratungspflicht nicht zwischen Apotheken mit und ohne Versanderlaubnis. In beiden Fällen müsse der Apothekenleiter im QMS festlegen, dass der Patient hinreichend beraten wird. Bei der Abgabe muss in beiden Fällen durch Nachfragen festgestellt werden, ob ein Beratungsbedarf vorliegt und eine entsprechende Beratung angeboten werden. Die weitere Beratung erfolge dann aber nur auf Kundenwunsch, es gebe keine Zwangsberatung.

Warum gibt es dann aber bei einer Lieferung durch einen Boten der Apotheke höhere Anforderungen als beim Versand?

Die ApBetrO ist hier eindeutig, genauso das AATB-Papier: Wenn beim Botendienst der Patient vorher nicht in der Apotheke war, muss die Auslieferung durch pharmazeutisches Personal erfolgen. Begründung: zwischen der Beratung in der Apotheke und der bei der Auslieferung dürfe es keine grundsätzlichen Unterschiede geben.

Zum Versand darf es diesen Unterschied aber geben: Dort soll es ausreichen, die Telefonnummer des Kunden zu erfragen (ohne ihn aber anrufen zu müssen) und ihm mitzuteilen, wann er eine telefonische Beratung bekommen kann.

Wenn es keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen der Beratung in der Apotheke und durch den Boten gibt und gleichzeitig die Beratungspflicht von Apotheken mit und ohne Versand gleich ist, dann müsste im Fall der Lieferung ohne vorherige Beratung in der Apotheke das Angebot einer telefonischen Beratung ebenfalls ausreichend sein. Oder die Versandapotheken müssten verpflichtet werden, jeden Besteller durch pharmazeutisches Personal anzurufen, um den Beratungsbedarf festzustellen.

Das Argument des Gesundheitsministeriums, durch die Bestellung bei der Versandapotheke habe sich der Patient bewusst gegen die Beratung der Apotheke entschieden, kann doch für die Lieferung durch die Apotheke ohne vorherigen Besuch derselben ganz genauso gelten. Schlüssig ist dieses Argument sowieso nicht, da der Patient seinen objektiven Beratungsbedarf oft genug nicht bewerten kann.


Benjamin Wessinger



AZ 2013, Nr. 11, S. 1

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