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Das Apothekenrad – los geht‘s!

Ein Hingucker für den Apotheken-Botendienst

(diz). Fahrradfahren ist in. Mit diesem Trend kann auch die Apotheke punkten. Warum also nicht Apothekenbotendienst per Fahrrad? Ein Start-up-Unternehmen entwickelte zusammen mit der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ein professionelles Fahrrad zur Auslieferung von Arzneimitteln. Was dabei alles bedacht werden musste und was dann dabei herausgekommen ist, erfuhren wir in einem Gespräch mit den beiden Jungunternehmern.

Die Entwickler. Haltbar und stabil, sicher und praktisch soll das Apothekenfahrrad sein – von diesen Gedanken ließen sich die beiden Ingenieure Marcel Honisch (li.) und Sebastian Hauß leiten.

Vielleicht kennen Sie die Roller und Mopeds von Pizza-Lieferdiensten: die kleinen Flitzer mit einem vergleichsweise riesigen Styropor-Kasten auf dem Gepäckträger, in denen Pizzas, Nudeln und Salate nach Hause geliefert werden. Zwei junge Ingenieure, Sebastian Hauß und Marcel Honisch, machten sich nach ihrem Studium Gedanken, wie man die Thermoboxen für diese Gefährte besser baut. Da die herkömmlichen Boxen ihren Ansprüchen nicht genügten, mussten sie sie also neu erfinden.

Überlegt, getan. Hauß: "Wir fingen an, in einer kleinen Werkstatt Thermoboxen zu bauen, die höchsten Ansprüchen an Stabilität, Hygiene und Inneneinteilung genügten." Doch die Box alleine brachte es noch nicht. Sie muss von A nach B gelangen. "Und dann kam die Idee dazu, die Lieferboxen, umweltfreundlich und zeitgemäß, statt mit Mopeds mit dem Fahrrad zu transportieren", so Honisch. Anfangs versuchten Sie es mit herkömmlichen Industrie-Fahrrädern von der Stange, doch auch damit konnten sich die beiden Ingenieure nicht abfinden. Hauß: "Unsere Überlegungen waren: wir brauchen sehr gute Räder, die unseren Vorstellungen entsprechen. Wir wollen aber keine Fahrradhersteller und keine Hersteller von Thermokisten werden, sondern die Entwicklerzentrale, die solche Fahrräder entwirft und entwickelt, die den geistigen Input liefert. Die Produktion soll an bestehende Hersteller vergeben werden."

Gesagt, getan. Sie gründeten 2010 ihr Unternehmen "enviado", das Fahrräder und Thermoboxen für den Lieferdienst im Bereich der Gastronomie, also beispielsweise Pizza und China-Fastfood, und seit 2013 im Bereich Arzneimittel für den Botendienst der Apotheke entwickelt. Übrigens: der Name enviado kommt aus dem Spanischen und bedeutet so viel wie Bote oder Abgesandter.

Einige Fakten


Das enviado-MedicBike hat einen Aluminium Doppelrohr-Rahmen, ist ausgerüstet mit einer 7-Gang-Schaltung, einer Continental Touring Plus Bereifung ("unplattbar"), einem Nabendynamo und einer LED-Beleuchtung, einer vollhydraulischen Felgenbremse, einem Tacho mit Kilometerzähler und einem sicheren Schloss.

Es wird in drei Ausstattungsversionen angeboten: Medium (für kleines bis mittleres Liefervolumen), Medium Plus mit einer zusätzlichen 6 Liter Thermobox und Big für große bis sehr große Lieferungen. Die Preise für das Fahrrad liegen, je nach Ausstattung, zwischen 1200 und 1415 Euro zzgl. MwSt.

Nur gute Zutaten

Klar, es gibt heute schon Apotheken, die – übertrieben gesprochen – die PTA mit dem alten Drahtesel des Chefs und den Arzneimitteln in einer Plastiktüte am Lenker auf Tour schicken. Doch abgesehen davon, dass dies sicherheitstechnisch gesehen bedenklich wäre, wird es auch Anforderungen an einen Arzneimitteltransport nicht gerecht. Für eine Apotheke, die Qualität liefert, sollte auch das Transportmittel entsprechend sein. Daher haben die Ingenieure bei der Konstruktion ihres Rads höchsten Wert auf qualitativ gute Zutaten gelegt. In der Box, die in verschiedenen Größen zur Verfügung steht, können die Arzneimittel vor äußeren Witterungseinflüssen und Stößen geschützt, transportiert werden. Die Boxen sind abschließbar, haben verstellbare Innenböden und können z. T. mit herausnehmbaren Einschubkästen bestückt werden. Außerdem erfüllt das enviado-Fahrrad die Anforderungen, die an den Transport temperaturempfindlicher Arzneimittel z. B. bei heißen Temperaturen gestellt werden.

"Jede Komponente des Fahrrads haben wir sorgfältig ausgesucht", so Honisch, "damit es den professionellen Anforderungen an ein solches Fahrzeug gerecht wird. Der Fahrradständer beispielsweise kommt aus Italien, ein patentiertes System, so dass das Fahrrad auch bei Wind sicher abgestellt werden kann und nicht umkippt." Auch die anderen Komponenten wie Beleuchtung mit Nabendynamo, die Nabenschaltung, die vollhydraulischen Bremsen, der Tacho sind eigens dafür ausgewählt. Sogar die Reifen sind gegen einen Platten geschützt mit einer Pannenschutzeinlage. "Robustheit und Verkehrssicherheit sind oberste Maxime", ergänzt Hauß. Natürlich wurde dafür gesorgt, dass das Rad mit einem stabilen Schloss abschließbar ist genauso wie die Thermobox, wenn der Bote die Arzneimittel ins Haus bringt. Selbstverständlich lässt sich das Fahrrad für die Apotheke individualisieren.

Gute Werbewirkung

Hinzu kommt: das enviado-Fahrrad lässt sich mit dem Apotheken-Logo schmücken, so dass es ein Werbeträger für die Apotheke wird, ein echter Hingucker. Über das Fahrrad als Marketinginstrument kann sich die Apotheke gegenüber anderen Apotheken differenzieren. Man wirbt mit diesem besonderen Lieferservice der Apotheke, ein Service, der zudem umweltfreundlich erbracht wird.

Honisch: "Und die ökologische Komponente, dass die Apotheke per Fahrrad ausliefert, kann nicht hoch genug geschätzt werden." Hinzu kommen viele andere Vorteile: keine Parkplatzsuche, keine Staus, keine Benzin- und Versicherungskosten, keine Emissionen – und der gesundheitliche Wert des Fahrradfahrens darf nicht unterschätzt werden.

Damit der Lieferdienst den Kunden in guter Erinnerung bleibt, haben die Unternehmer eine Karte entwickelt, die man der Lieferung beifügt: sie weist darauf hin, dass die Arzneimittel per Fahrrad zugestellt wurden – "damit macht unsere Apotheke die Stadt ein klein wenig gesünder und lebenswerter".

Die ökologische Komponente. Dass die Apotheke per Fahrrad ausliefert, kann nicht hoch genug geschätzt werden. Und den meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern macht Fahrradfahren Spaß.
Fotos: enviado

Bald auch als eBike

Nicht jede Stadt ist so gut zum Radfahren geeignet wie Münster oder Hamburg. In Stuttgart mit seiner hügeligen Lage würde sich die Arzneimittelauslieferung per Rad mühsamer gestalten. Das ruft nach einer elektrischen Version, nach einem eBike. Honisch: "Auch das ist in unsere Überlegungen mit eingeflossen. Allerdings waren die elektrischen Komponenten bis vor kurzem noch nicht ausgereift. Mittlerweile haben wir einen Elektrohersteller gefunden, der die eBikes der Deutschen Post ausrüstet. Wir testen dieses System seit einigen Monaten."

Hauß und Honisch sind sich bewusst, dass sicher nicht der gesamte Botendienst einer Apotheke, bei jedem Wetter und bei entfernten Zielen, und auch nicht Großpakete wie Inkontinenzprodukte per Fahrrad abgewickelt werden können. Aber für die Auslieferung in der näheren Umgebung und bei anständigem Wetter dürfte das Fahrrad unschlagbar sein.

Fazit

Der Apothekenbotendienst per Fahrrad – das sollte die Apotheke unbedingt als Besonderheit über ihr Marketing herausstellen. Denn: in einer Zeit, in der Bio, Fair Trade und Freizeitsport en vogue sind, liegt auch Radfahren im Trend, hinzukommen Aspekte wie Ökologie, Nachhaltigkeit und: Radfahren ist gesund und umweltverträglich. Mit einem Fahrradbotendienst trifft die Apotheke den Zeitgeist und kann zeigen, dass sie es ernst meint mit dem Thema Gesundheit, Bewegung, und mit gutem Beispiel vorangehen.

Keine Frage: Betriebswirtschaftlich rechnet sich ein Fahrrad für jede Apotheke, auch für die kleinste. Im Vergleich zu einem Auto sind die Anschaffungskosten äußerst gering, das Rad erfordert keine Energiekosten und laufende Wartungskosten. Die beiden Ingenieure: "Das Rad ist von uns so konzipiert und gebaut, dass es den hohen Apothekenanforderungen gewachsen ist, robust ist und viele Jahre läuft. Eigentlich kann die Apotheke mit dem Fahrrad nur gewinnen …".

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