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Häusliche Palliativversorgung

Die Palliativversorgung ist ein Paradebeispiel für die interdisziplinäre Zusammenarbeit: Ärzte, Pfleger, Psychologen, Seelsorger, Sozialarbeiter, Ehrenamtliche arbeiten gemeinsam an dem Ziel, dem Patienten mehr Lebensqualität trotz unheilbarer Krankheit zu geben. Oft steht die Linderung von Symptomen wie Schmerz, Luftnot, Übelkeit und Erbrechen im Vordergrund. Nicht selten werden diese Symptome durch Nebenwirkungen von Arzneimitteln verursacht. Hier kann der Apotheker als Arzneimittelspezialist Probleme erkennen und Lösungen anbieten.

Neben der Versorgung in verschiedenen stationären Einrichtungen besteht seit 2007 unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Die SAPV-Teams haben rund um die Uhr Einsatzbereitschaft. Sie machen Hausbesuche, begleiten Patienten und Angehörige und versorgen die Patienten mit Arzneimitteln.

Im Optimalfall werden vorausschauend alle Arzneimittel verordnet, die in Krisensituationen eingesetzt werden. Trotzdem kann der Krankheitsverlauf es notwendig machen, kurzfristig weitere Arzneimittel, ggf. auch Betäubungsmittel, zu verordnen. Diese müssen dann in der dienstbereiten Apotheke besorgt werden – nicht selten kommt es dabei zu Versorgungslücken.

Um den Palliativmedizinern und den SAPV-Teams die Arbeit zu erleichtern und die Nutzung des Ausnahme-Dispensierrechts durch Ärzte möglichst gering zu halten, muss in Notfallsituationen eine schnelle Versorgung mit Betäubungsmitteln und anderen Notfallarzneimitteln gewährleistet werden.

Hier bietet die neue Apothekenbetriebsordnung neue Möglichkeiten! Das umstrukturierte Notfalldepot und hier speziell die Vorgaben zur Bevorratung mit Betäubungsmitteln war Anlass, diejenigen zum Gespräch zu bitten, die das Depot mit größter Wahrscheinlichkeit auch nutzen werden: die palliativmedizinisch tätigen Ärzte. Nach Vorbereitungen auf ärztlicher und apothekerlicher Seite trafen sich Vertreter der öffentlichen, der krankenhausversorgenden und der Krankenhaus-Apotheken mit ärztlichen Vertretern aus allen nordhessischen Landkreisen (Kassel, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Werra-Meißner) und der Stadt Kassel. In einer intensiven Diskussion wurde eine Empfehlung zur Bestückung des Notfalldepots erarbeitet (s. Tab.). Dabei wurden sowohl die medizinischen Aspekte der Ärzte als auch die wirtschaftlichen Belange der Apotheker berücksichtigt.


Tab.: Empfohlene Bestückung eines Notfalldepots nach § 15 ApBetrO*

Arzneigruppe
Arzneistoff, Wirkstärke
Zubereitung, Menge
Opiate
Morphin 10 mg
10 Ampullen
Morphin 20 mg/ml
Tropfen
Morphin, oral 10 mg
10 Beutel à 5 ml
(z. B. Oramorph® 10 mg)
Morphin, oral, retardiert 10 mg
alternativ: Hydromorphon 4 mg
20 Tabletten
20 Retardkapseln
Morphin, oral, retardiert 30 mg
Tabletten
Fentanyl Pflaster 25 µg/h
5 Stück
Fentanyl Buccaltabletten 200 µg
4 Stück
Fentanyl 100 µg/Dosis
Nasenspray
Benzodiazepine
Midazolam 5 mg
5 Ampullen
Diazepam 5 mg
Rektallösung
Lorazepam 1,0 mg Plättchen (Expidet) 50 Stück
Neuroleptika
Levomepromazin 25 mg
5 Ampullen
Haloperidol 2 mg/ml
Tropfen
Corticosteroide
Dexamethason 8 mg
5 Ampullen
Anticholinergika
Butylscopolamin 20 mg
10 Ampullen
Antiemetika
Dimenhydrinat 150 mg
Suppositorien
Dimenhydrinat 50 mg
Tabletten
Diese Darreichungsformen sind Pflicht nach ApBetrO und müssen regelhaft vorrätig gehalten werden.

Diese Darreichungsformen sind ebenfalls Pflicht nach ApBetrO und müssen kurzfristig beschaffbar sein.

Weitergehende Empfehlung von LAK Hessen und HAV.

* Konsens der Apotheker und palliativ tätigen Ärzte Nordhessen

Besonders die Diskussion um eine schnell wirksame Fentanyl-Zubereitung (Nasenspray, Buccaltablette) wurde lange und ausgiebig geführt, denn hierbei handelt es sich um ein Arzneimittel, das im regulären Apothekenbetrieb eher selten benötigt wird und deshalb mit einem hohen Lagerrisiko verbunden ist. Um dieses Risiko zu minimieren, haben die Apotheker mit der Firma Teva verhandelt. Als Ergebnis bietet die Firma den Apothekern, die sich anhand der Empfehlungsliste bevorraten möchten, eine spezielle Regelung zur Minimierung des Lagerrisikos an, die auf Anforderung gern zur Verfügung gestellt wird.

Die Empfehlung zur Bestückung des Notfalldepots ist für alle Seiten vorteilhaft:

  • Apotheker halten Arzneimittel vorrätig, die auch tatsächlich im Notfall angefragt werden.
  • Ärzte können mit bewährten Wirkstoffen ihre Patienten auch im Notfall umfassend und gut versorgen – sie brauchen die neue Ausnahmeregelung für SAPV nach BtMVV nicht in Anspruch zu nehmen.
  • Patienten können in Krisensituationen gewohnt schnell und zuverlässig mit hochwirksamen Arzneimitteln versorgt werden.

Die Ärzte werden gebeten, vor der Verordnung mit der diensthabenden Apotheke zu telefonieren, damit sie wissen, welche Arzneimittel dort vorrätig sind (Wirkstärken, Packungsgrößen) und ob Aut-idem-Kreuze notwendig sind (z. B. Lorazepam Expidets).

Zertifikatfortbildung Palliativpharmazie

Die LAK Hessen bietet in Zusammenarbeit mit der Akademie für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit Nordhessen (APPH) in Kassel das Curriculum Palliativpharmazie der Bundesapothekerkammer an zwei Wochenenden im Herbst an (Anmeldungen unter: www.apothekerkammer.de).

Es soll Apotheker dazu befähigen, sich als kompetente Partner zusammen mit Pflegern, Ärzten, Sozialarbeitern, Seelsorgern und anderen an der Versorgung von Palliativpatienten zu beteiligen – das ist dann wirklich interdisziplinär!


Claudia Wegener, Baunatal

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