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Lieferdienste
Rechtliche Probleme bei den Lieferdiensten
Im November 2012 sorgte ein Artikel im Allgemeinen Wirtschaftsdienst für Apotheken (AWA 2012, Nr. 21, S. 10) für Unruhe unter den Anbietern von Lieferdienst-Plattformen. Die Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking thematisierte, ob es sich bei den mit großem Werbeaufwand angebotenen Konzepten eigentlich um eine "zulässige logistische Erleichterung der Kommunikation" zwischen den Gesundheitspartnern handelt oder ob "unter Missachtung gesetzlicher Vorgaben Patienten zugewiesen werden".
Problem Provisionen
Weiter machte Mecking auf die Problematik der umsatzbezogenen Provisionen aufmerksam, die beinahe alle Anbieter kassieren. Denn nach § 8 Apothekengesetz (ApoG) sind Vereinbarungen ungültig, bei denen die Vergütung für dem Apothekenleiter überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet sind. So sind beispielsweise Mieten, die sich am Umsatz bemessen, für Apotheken nicht zulässig. Strittig sei aber, gibt Mecking zu, ob Dienstleistungen, um die es sich bei den Portalen handelt, von dieser Vorschrift erfasst werden.
Für den auf Apothekenrecht spezialisierten Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas sind "Transaktionsgebühren" unproblematisch, die nach der Anzahl der Verkaufsvorgänge, nicht jedoch nach deren Umsatz berechnet werden. In einem Gutachten für den Anbieter Ordermed bezeichnet er eine Provision "wonach 10 Prozent des Kaufpreises fällig werden" als rechtlich bedenklich – genau solch eine Provision wird aber von einigen Anbietern im OTC-Bereich erhoben.
Im Fall der Hamburger Lieferplattform Vitabote hat allerdings das Landgericht Hamburg im Januar 2012 entschieden, auch die umsatzabhängigen Provisionen seien mit § 8 Satz 2 ApoG vereinbar.
Diesem Urteil widerspricht Prof. Dr. Elmar J. Mand, Universität Marburg. Auf dem ApothekenRechtTag der diesjährigen Interpharm leitete Mand stringent ab, dass es sich sowohl bei umsatzabhängigen Provisionen wie auch bei einem "mittelbaren Umsatzbezug", beispielsweise von 1 Euro pro bestelltem Rx-Arzneimittel, um ein sogenanntes partiarisches Rechtsverhältnis – also die verbotene Beteiligung am Unternehmenserfolg – handele. Dabei sei es unerheblich, dass es sich um die Bestellungsanbahnung per Internet handelt. Auch die "partiarische Bereitstellung einer virtuellen Verkaufsfläche auf Zeit fällt nicht anders als Vermietung der realen Verkaufsräume prinzipiell unter § 8 Satz 2 ApoG", so Mand.
Problem Einzelfall
Problematisch ist nach Mecking auch die "Institutionalisierung des Botendienstes", welche dem § 17, Absatz 2 Satz 1 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) widerspreche. Denn dieser beschränkt den Botendienst auch nach seiner neuen Fassung auf den Einzelfall. Doch durch die neuen Modelle werde "diese Versorgungsform regelhaft in die Entscheidungsbefugnis des Verbrauchers gestellt".
Auch hier widerspricht Douglas. Die von Mecking behauptete "saubere Trennung" zwischen Versandhandel und Botendienst durch die ApBetrO könne er nicht erkennen. Es gebe gerade keine formale Unterscheidung, unterschieden werde nur danach, ob die Arzneimittel durch eigenes Personal (Botendienst) oder fremdes Personal (Versand) ausgeliefert werden.
Douglas betont, es sei widersprüchlich, wenn an den Botendienst andere Anforderungen gestellt würden als an den Versandhandel. Mecking hatte ausgeführt, beim Botendienst handele es sich um eine Form der Präsenzversorgung, an die die entsprechenden Maßstäbe hinsichtlich der pharmazeutischen Beratung anzulegen seien.
Laut Mand spielen für die Bewertung, ob es sich um einen Einzelfall handle, auch Zusicherungen in den Verträgen keine Rolle, dass das Plattformgeschäft nicht die "Haupteinnahmequelle" sei und "der ganz überwiegende Teil des Umsatzes" in der Offizin erzielt werde.
Problem Abhängigkeit
Mand machte noch auf ein weiteres Problem aufmerksam: Laut § 10 ApoG darf sich der Apothekeninhaber "nicht verpflichten, bestimmte Arzneimittel ausschließlich oder bevorzugt anzubieten oder abzugeben oder anderweitig die Auswahl der von ihm abzugebenden Arzneimittel auf das Angebot bestimmter Hersteller oder Händler oder Gruppen von solchen zu beschränken". Kritisch sieht Mand in diesem Zusammenhang die Auszeichnung eines "Spitzensortiments" durch den Plattformbetreiber, da die Apotheken de facto verpflichtet werden, diese Präparate auch anzubieten. Ebenfalls kritisch sei eine allfällige Verpflichtung, an sogenannten Couponing-Aktionen teilzunehmen.
Mand zog das Resümee, dass Internet-Vertriebsplattformen grundsätzlich mit dem Apothekenrecht vereinbar seien. Allerdings seien der Ausgestaltung enge Grenzen gesetzt: Der Botendienst dürfe nicht zur Regelversorgung erhoben werden, die Plattform-Betreiber dürften nicht anteilig an den Umsatzerlösen partizipieren und die Kontrolle über die Sortiments- und Preisgestaltung müsse beim Apothekeninhaber liegen.
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