Arzneimittel und Therapie

Studie zu Antibiotika-Verordnungen für Kinder

Jeffrey Garber und seine Mitarbeiter vom Children’s Hospital of Philadelphia wollen niedergelassene Kinderärzte dazu bewegen, Antibiotika bei akuten Atemwegsinfektionen leitlinienkonformer zu verordnen. In einer randomisierten Studie erreichten sie durch eine einstündige Schulung und regelmäßige Überprüfungen und Feedbacks nahezu eine Halbierung der Verordnungszahlen von nicht-leitliniengerechten Breitbandantibiotika.

Antibiotika zählen bei Kindern zu den am häufigsten verordneten Medikamenten. Niedergelassene Pädiater in den USA verschreiben 75% aller Antiinfektiva bei akuten Atemwegsinfektionen. Bei Infektionen wie Streptokokken-Pharyngitis, akuter Sinusitis oder Pneumonie werden dabei häufig Breitspektrumantibiotika eingesetzt, obwohl die Leitlinien Penicilline empfehlen. In Krankenhäusern in den USA gibt es sogenannte Antimicrobial-Stewardship-Programme, die eine verantwortungsvolle, leitliniengerechte Verschreibung von Antibiotika zum Ziel haben. Jeffrey Garber und Mitarbeiter wollten in einer randomisierten Studie herausfinden, ob sich auch das Verordnungsverhalten von niedergelassenen Pädiatern durch derartige Interventionen beeinflussen lässt.

Es beteiligten sich 18 pädiatrische Gemeinschaftspraxen aus Pennsylvania und New Jersey mit insgesamt 162 Ärzten. In neun wurde eine einstündige Schulung zum leitliniengerechten Antibiotikaeinsatz bei akuten Atemwegsinfektionen durchgeführt. Zusätzlich fand vierteljährlich eine Überprüfung statt, wobei die Pädiater eine Rückmeldung erhielten, ob ihre Verordnungen leitlinienkonform waren oder nicht. Neun Praxen, in denen diese Interventionen nicht durchgeführt wurden, dienten als Kontrolle. Von 2008 bis 2011 erfassten die Forscher 20 Monate vor und zwölf Monate nach der Schulung die Antibiotika-Verschreibungszahlen. Primärer Endpunkt waren die Verordnungen für (nicht leitliniengerechte) Breispektrumantibiotika wie Amoxicillin/Clavulansäure, Cephalosporine der dritten und vierten Generation und Azithromycin bei bakteriellen und viralen Atemwegserkrankungen bis zu einem Jahr nach der Schulung. Obwohl häufig vorkommend, konnten Verordnungen bei Mittelohrentzündungen im Rahmen dieser Untersuchung aus organisatorischen Gründen nicht erfasst werden.

Halbierung der Verordnungen

In den neun Praxen, die für das Antimicrobial Stewardship ausgelost worden waren, kam es nahezu zu einer Halbierung der Verordnungen von Breitbandantibiotika bei akuten Atemwegsinfektionen (von 26,8% auf 14,3%, Differenz 12,5%), in der Kontrollgruppe dagegen war nur ein leichter Rückgang (von 28,4% auf 22,6%, Differenz 5,8%) zu beobachten. Der Unterschied war signifikant. Der größte Effekt wurde bei den Verordnungen bei Pneumonien erzielt. Unter den speziell geschulten Ärzten sank der Anteil der nicht-leitliniengerechten Antibiotikaverordnungen von 15,7% auf 4,2%, in der Kontrollgruppe von 17,1 auf 16,3% (DOD 10,7%, p < 0,001). Bei pädiatrischen Patienten mit akuter Sinusitis wurde ein Rückgang von 38,9% auf 18,8% beobachtet, in der Kontrollgruppe dagegen nur von 40,0% auf 33,9% (DOD 14,0%, p = 0,12). Bei der Streptokokken-Pharyngitis und den viral bedingten Atemwegsinfektionen war der Unterschied nicht statistisch signifikant. Kindern mit viralen Infekten wurden bereits vor Studienbeginn nur selten Antibiotika verordnet.

Großer Nutzen auch im ambulanten Bereich

Die Autoren schätzen, dass die Ausweitung der Schulungen zum rationalen Antibiotikaeinsatz, wie sie in Kliniken üblich sind, auf den ambulanten Bereich von großem Nutzen sein kann. Die Gesundheitskosten könnten gesenkt werden, Resistenzen würden sich seltener entwickeln. Ob die Ergebnisse nachhaltig sind, ließ sich mit der auf zwölf Monate begrenzten Nachbeobachtungszeit der Studie jedoch nicht ausreichend beurteilen. Auch über den Genesungsverlauf der Patienten konnten die Autoren keine Aussage machen.


Quelle

Gerber JS et al. Effect of an Outpatient Antimicrobial Stewardship Intervention on Broad-Spectrum Antibiotic Prescribing by Primary Care Pediatricians. JAMA (2013) 22: 2345 – 2352.

Finkelstein AJ. Putting antibiotic prescribing for children into context. JAMA (2013) 22: 2388 – 2389.


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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