Arzneimittel und Therapie

Beeinflussen Nährstoffe Asthma?

Prävention kann nicht belegt werden

Für die stetige Zunahme an Asthma-Erkrankten in Industrieländern könnten Veränderungen im Ernährungsverhalten eine Erklärung sein. Im Fachmagazin Lancet Respiratory Medicine wurde kürzlich ein Review veröffentlicht, der die Zusammenhänge zwischen einzelnen Nährstoffen, wie verschiedene Vitamine und Methyldonatoren, und der Prävention oder Therapie von Asthma näher untersucht.

Asthma ist eines der größten Gesundheitsprobleme weltweit. Während die Prävalenz in den Industrienationen nach einem steilen Anstieg bis 1990 ein Plateau erreicht hat, steigt sie weiterhin in den nicht industrialisierten Ländern an. Meistens sind die Gründe dafür noch ungeklärt und man geht von einem multifaktoriellen Geschehen aus, das vielleicht auch ein verändertes Essverhalten mit einschließt. Tendenziell werden immer weniger Gemüse und Früchte verzehrt, die Ernährung geht hin zu hohem Konsum von Auszugsmehlen, Fleisch und gesättigten Fettsäuren. Daher untersuchte die Expertengruppe um Han über 80 Beobachtungsstudien und nur elf randomisierte kontrollierte Studien, die sich mit der Verbindung zwischen Vitaminen und Methylgruppen-Donatoren und dem Einfluss auf die Entstehung oder Verbesserung des Asthmas beschäftigten.

Ernährung kaum vergleichbar

Da es aber durch unterschiedliche Lebensgewohnheiten, kulturelle Unterschiede, finanzielle Einschränkungen etc. schwierig ist, die Ernährung bei vielen Probanden zu vergleichen, wären laut Han Untersuchungen mit Asthmapatienten, die Nahrungsergänzungsmittel einnehmen eine Alternative. Zahlreiche Untersuchungen existieren über zwei große Gruppen in Bezug auf Asthma-Entstehung und Therapie; Vitamine A, C, D und E, sowie Nährstoffe, die direkt oder indirekt als Methyl-Donatoren fungieren: Folat, Vitamin B12 und Cholin. Die Auswertungen dieser Studien ergaben folgende Hinweise:

Vitamin A, C und E

  • Downregulation von oxidativem Stress und allergischer Immunantwort.

Vitamin D3

  • verbesserte Ansprechbarkeit von Steroiden,
  • antivirale Eigenschaften,
  • Hochregulation von regulatorischen T-Zellen,
  • verhindern von Gewichtszunahme,
  • Effekte auf die Lungenentwicklung und -funktion.

Folat

  • Vorstufe der Tetrahydrofolsäure (aktive Form),
  • C1-Gruppendonator (Methyl-, Methylen- und Formylgruppen), beteiligt an der DNA-Synthese,
  • Co-Faktor im Methionin-Stoffwechsel und damit Einfluss auf DNA-Methylierung (siehe Kasten), Regulation der Gene für die regulatorischen T-Zellen und T-Helfer Zellen, Th2-Immunantwort und bronchiale Entzündung

DNA-Methylierung

DNA-Methylierung ist ein Mechanismus, die Genexpression zu regulieren und zwar ohne Änderung der Basensequenz (sogenannte Epigenetik). So besteht die Möglichkeit, die Genaktivität beispielsweise dem Lebensalter anzupassen: bei kleinen Kindern sind andere Gene aktiv als bei älteren Menschen. Durch Methylierung werden Gene sozusagen stillgelegt.

Auch bei der Krebsentstehung kann die Methylierung eine Rolle spielen, so weisen Tumorzellen häufig andere Methylierungsmuster auf, als nicht entartete Zellen vom gleichen Zelltyp. Eine Schlüsselrolle als Methylgruppen-Donator hat S-Adenosylmethionin (SAM), ein Produkt des Methionin-Stoffwechsels. Die benötigten Methylgruppen stammen größtenteils aus der Nahrung, beispielsweise aus Cholin.

Vitamin B12

  • Co-Faktor im Methionin-Stoffwechsel (siehe Folat),
  • indirekte Beteiligung an der DNA-Synthese: B12-Mangel führt zu sekundärem Tetra-hydrofolsäure-Mangel

Choline

  • Methylgruppen-Donator

Cholin

Cholin ist Bestandteil des Lecithins (Phosphatidylcholin) und der Phosphatide. Es ist beteiligt am Aufbau der Zellwände und der Produktion von Myelin. Cholin ist ein Methylgruppen-Donator und kann drei Methylgruppen abgeben. Dies entlastet den Methionin-Stoffwechsel und mittelbar auch den Stoffwechsel der Folsäure. Cholin ist auch Bestandteil des Neurotransmitters Acetylcholin. Cholin-reiche Lebensmittel sind beispielsweise Fleisch, Leber, Eier, Fisch und Erdnüsse.

Die Grafik zeigt mögliche Wirkungsmechanismen der Vitamine und Methylgruppen-Donatoren auf das Immunsystem.

Einfluss von Nährstoffen auf die Immunantwort Methyl-Donatoren und Vitamin D3 beeinflussen die Gen-Expression, reaktive Sauerstoff-Spezies wirken direkt auf die Immunzellen und fördern überschießende Immunreaktionen und Entzündungen.
ROS: reaktive Sauerstoff-Spezies; SAM: S-Adenosylmethionin, Th: T-Helferzellen; Il: Interleukin

Hinweise auf positive Effekte; aber keine Belege

Die untersuchten Beobachtungsstudien sind anfällig für Bias. Verzerrung der Ergebnisse gab es durch unterschiedliche Eingangsbedingungen und Selektionskriterien oder Zurückhaltung von Teilnehmer-Daten (selection bias), sowie durch verschiedene Störgrößen wie Umweltfaktoren oder unterschiedliche Lebensstile (Rauchen, Bewegung, Ernährungsstile). Des Weiteren kam es zu einer Ergebnisverzerrung aufgrund geringer Rücklaufquoten (Recall Bias). Die meisten Beobachtungsstudien haben auch nicht genügend statistische Power, um die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen untersuchten Nährstoffen und anderen Nahrungsmitteln zu testen, da der Stichprobenumfang meist zu gering ist. Für die Behandlung oder Prävention von Asthma mit Nahrungsergänzungsmitteln, die spezielle Vitamine oder Nährstoffe mit Methyldonatoren enthalten, existieren also derzeit keine ausreichenden Belege.

Trotzdem können diese Beobachtungsstudien wertvolle Hinweise geben, die weiterhin in randomisierten kontrollierten Studien untersuchen werden können. Es gibt Hinweise auf positive Effekte beim Einsatz von

  • Vitamin D in der Asthmaprävention und -therapie,
  • Cholin als ergänzende Therapie,
  • Vitamin E, um negativen Effekt der Luftverschmutzung entgegenzuwirken.

Nach Meinung der Expertengruppe um Han sollten daher zu diesen Themen randomisierte kontrollierte Studien mit einem Studiendesign nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft folgen.

Versorgungsleitlinie sieht ebenfalls keine Evidenz

In der nationalen Versorgungsleitlinie aus dem Jahr 2011 wird auf keine ausreichenden Belege für einen Nutzen bestimmter Lebensmittel und Nährstoffe auf die Asthma-Erkrankung hingewiesen. Hintergrund ist die Beurteilung von 13 Studien, die in die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) eingeflossen sind. Keine Studie war von hoher methodischer Qualität. Eine eindeutige Befürwortung oder Ablehnung eines bestimmten Lebensmittels war nicht möglich. Mehrfach wurde die Aufnahme von Vitamin E als protektiv und der Konsum von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Margarine) als Risikofaktor für atopische Erkrankungen beschrieben. Es gibt einzelne positive Studien, die eine erhöhte Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren als möglicherweise Asthma-präventiv beschreiben. Insgesamt sind die Ergebnisse von Interventionsstudien jedoch negativ. 

Quelle

Han YY, Blatter J et al. Diet and asthma: vitamins and methyl donors. Lancet Respiratory Medicine, 31. Juli 2013 DOI: 10.1016/S2213-2600(13)70126-7.

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma 2. Auflage Version 1.3 Juli 2011 basierend auf der Fassung von Dezember 2009; www.asthma.versorgungsleitlinien.de

 

Apothekerin Ina Richling, PharmD

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