Gesundheitspolitik

E-Health: Deutscher Apothekerverband zieht mit

gematik-Gesellschafter kritisieren E-Health-Zeitplan - Apothekerinteressen außen vor

BERLIN (jz) | Das E-Health-Zeit­alter soll im Juli 2016 beginnen: Dann sollen die Leistungserbringer vernetzt sein und der Online-Rollout der Telematikinfrastruktur starten. Sollte der Termin nicht eingehalten werden können, drohen Kassen und (Zahn-)Ärzten Sanktionen in Form von Haushaltskürzungen. Apotheker haben in diesem Fall nichts zu befürchten – der Deutsche Apothekerverband (DAV) zeigt sich dennoch solidarisch und kritisiert in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit den Vertretern von Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern den Zeitplan des geplanten E-Health-Gesetzes. Die apothekerlichen Interessen hingegen spielen darin so gut wie keine Rolle.

Die gematik-Gesellschafter sehen im geplanten Gesetz auch positive Ansätze, die einen Mehrwert für Patienten und ihre Behandlung bringen können: „Das Gesetz eröffnet neue Möglichkeiten und fördert die sichere elektronische Kommunikation im Gesundheitswesen.“ Trotz Defiziten in Detailfragen kämen damit sinnvolle Anwendungen wie etwa der Medikationsplan und der Notfalldatensatz auf den Weg. Sorgen bereitet den Gesellschaftern allerdings der Zeitplan für die Umsetzung der Vorgaben, der nicht – oder jedenfalls nicht sinnvoll – ­eingehalten werden könne.

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Finanzielle Sanktionen drohen nicht allen gematik-Beteiligten bei Verzögerungen, aber der DAV zeigt sich in einer Erklärung zum Zeitplan solidarisch.

Starttermin zu kurzfristig angesetzt

Der Gesetzentwurf schreibt den Start des Online-Rollouts ab dem 1. Juli 2016 vor. Können die notwendigen Voraussetzungen bis zu diesem Termin nicht geschaffen werden, drohen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband Sanktionen. Das Problem: Die Vernetzung unter den Leistungserbringern muss zuvor mit Industrielösungen erprobt werden. Doch das Erprobungsende ist für Juli 2016, also nach dem Start des Rollouts geplant. Somit wäre keine Auswertung der Erprobungsergebnisse mehr möglich, fürchten die gematik-Gesellschafter – und bisher gebe es Zweifel, ob die bis dahin erprobten auch tatsächlich geeignete Lösungen für Praxen und Krankenhäuser seien.

Praktikable Lösungen zweifelhaft

Die Gesellschafter sehen darüber hinaus ein weiteres Problem: Durch die Ausschreibung der ­Erprobung können bereits zwei ­Industriekonzerne Produkte aus Versichertengeldern entwickeln, während andere Anbieter aufgrund des engen Zeitplans kaum eine Chance bekommen, in den Markt einzusteigen und gleichwertige oder bessere Produkte anzubieten. Die Gesellschafter befürchten daher, dass dies zu unreifen oder schlechten Produkten zu ­völlig überhöhten Preisen führen könnte „und bei den beteiligten Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenhäusern die Akzeptanz für die Umsetzung dieser grundsätzlich sinnvollen Technik weiter geschmälert wird“.

Ihr Fazit: „Neben den positiven Aspekten des Gesetzes sind die Sanktionsregelungen [...] das völlig falsche Instrument, um die Telematikinfrastruktur wie erhofft zu fördern.“

Zeitaspekt für Apotheker nicht relevant

So richtig und wichtig diese Kritik sein mag: Die Interessen der Apothekerschaft sind in dieser gemeinsamen Pressemitteilung nicht berücksichtigt. Sie enthält allein den Hinweis, dass das Gesetz sinnvolle Anwendungen wie den Medikationsplan auf den Weg bringe – ohne jedwede Auseinandersetzung mit den bereits geäußerten Kritikpunkten der Apothekerschaft. „Die Pressemitteilung ist als gemeinschaftliches Signal der Leistungserbringerorganisationen in der gematik zu verstehen, die übereinstimmend der generellen Auffassung sind, dass das E-Health-Gesetz zwar positive Ansätze hat, aber in der Operationalisierung eben auch erhebliche Defizite aufweist“, erklärt der ABDA-Pressesprecher auf Nachfrage. Natürlich heiße das nicht, dass alle Organisationen von allen Maßnahmen im Gesetz gleichermaßen tangiert seien. Die Schwerpunkte für die Ärzteschaft lägen naturgemäß mehr bei der Implementierung des Versichertenstammdatenmanagements und der Sanktionsandrohung für den Fall der Nichteinhaltung von Fristen. „Apotheken sind von dieser Regelung in der Tat nicht betroffen“, ­bestätigt Dr. Reiner Kern.

Kritik der Apothekerschaft ausgelassen

Für die Apothekerschaft wiederum, führt er weiter aus, sei in erster Linie die Einführung eines Anspruchs auf einen Medikationsplan für polymedikamentierte Patienten entscheidend: „Sie ist grundsätzlich zu begrüßen, wegen der unzureichenden Berücksichtigung der apothekerlichen Rolle aber zugleich kritikwürdig.“ Doch Kritik an der unzureichenden Berücksichtigung findet sich in der Pressemitteilung nicht. |

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