Gesundheitspolitik

Hermann: Importquote hat sich endgültig überlebt

AOK Baden-Württemberg hält an Kritik fest – ABDA schweigt

BERLIN (ks) | Die Importförderklausel und die Importquote sind im vergangenen Jahr nicht zuletzt nach spektakulären Arzneimitteldiebstählen und immer häufiger auftauchenden Arzneimittelfälschungen verstärkt in die Kritik geraten. Anlässlich des Deutschen Apothekertags letzten September in München forderte die ABDA in ihrer Pressekonferenz öffentlichkeitswirksam mehr Transparenz in der Lieferkette und einen Verzicht auf die Importförderklausel. Mittlerweile ist von der ABDA nicht mehr viel zu diesem Punkt zu hören – dafür hat Dr. Christopher Hermann, der streitbare Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, sich erneut für eine Abschaffung der Importquote stark gemacht.

Letzten Herbst verabschiedete die Hauptversammlung der Deutschen Apothekerinnen und Apotheker drei Anträge, die sich mit (Re-)Importen befassten, einer direkt mit der Förderklausel im Sozialgesetzbuch V. Die Forderung: Die Verpflichtung der Apotheken zur Abgabe von importierten Arzneimitteln nach § 129 Abs. 1 Nr. 2 SGB V solle ersatzlos gestrichen werden. Doch was ist aus dieser leidenschaftlichen Forderung geworden?

Verschwundene ABDA-Forderung

Im Bericht über die Apothekertags-Anträge des vergangenen Jahres fällt die Antwort der ABDA knapp aus: „In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des GKV–Versorgungsstärkungsgesetzes hat die ABDA diesen Antrag aufgenommen und die Abschaffung gefordert.“ Auch wenn der Bericht erst am 1. Juli der ABDA-Mitgliederversammlung vorgelegt wurde – ganz up-to-date ist diese Information nicht. Zwar hatte die ABDA in einer ersten Stellungnahme zum GKV-VSG tatsächlich den Verzicht gefordert – die offizielle Stellungnahme zur späteren öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages wurde allerdings erheblich abgespeckt – auch die Forderung zur Importförderung war hierin nicht mehr zu finden. Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, erklärte zwar später, dass diese und andere aus der Stellungnahme verschwundene Forderungen weiterhin aufrecht erhalten würden. Doch seitdem ist der Ruf nach einem Verzicht nicht mehr zu hören gewesen.

Importeure weisen Vorwürfe beharrlich zurück

Doch das Thema bleibt aktuell. Kürzlich hatte der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Professor Karl Broich, bei der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein erklärt, dass der Parallelimport das Einfallstor für Fälschungen sei und die Importquote abgeschafft gehöre. Der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD) hatte darauf mit einem erzürnten offenen Brief reagiert. Die Importeure entdeckten die Fälschungen und gestohlenen Arzneimittel vielmehr, als dass die Quote ein Einfallstor für zweifelhafte Ware sei. Zudem: Immerhin hätten Importe ein Einsparpotenzial von 340 Millionen Euro im Jahr. Tatsächlich waren es dem Verband zufolge 2014 rund 240 Millionen Euro.

Hermann: Quote nutzt nur den Importeuren

Letzte Woche meldete sich auch AOK-Chef Christopher Hermann zu Wort. Nicht zum ersten Mal positionierte er sich klar gegen die Importquote – der Widerspruch der Importeure folgte auch hier umgehend. Nun machte Hermann deutlich, dass die AOK Baden-Württemberg an ihrer Kritik festhalte. Die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Quote durch die Apotheken habe sich „endgültig überlebt“. Die Quote garantiere ­Reimporteuren einen Marktanteil im patentgeschützten Hochpreismarkt, so die AOK in einer Pressemitteilung. Gerade dort sei eine Vorfahrtsregelung aufgrund eines Preisvorteils von 15 Euro pro Packung aber alles andere als zeitgemäß. „Bei den meisten innovativen Arzneimitteln liegt der Preis bei dem Hundertfachen oder mehr ­dieses Wertes“, betont Hermann.

Marginale Einsparungen

Der Kassenchef rechnet vor: „Die Reimporteure insgesamt lagen 2014 mit ihrem Umsatz zum Apothekenverkaufspreis von rund 1,2 Milliarden Euro auf Rang zwei aller pharmazeutischen Anbieter im patentgeschützten, verschreibungspflichtigen GKV-Markt. Der Marktführer allein belegte mit einem Umsatz von über 280 Millionen Euro Rang elf. Angesichts der marginalen Einsparungen durch die Quote dient diese im Wesent­lichen den Reimporteuren – und wird dadurch zum wettbewerbswidrigen Marktdirigismus.“

Zudem hält auch Hermann an ­seiner Auffassung fest, dass sich die Quote als Einfallstor für Fälschungen und gestohlene Ware ­herausgestellt habe. „Es geht auch darum, kriminelle Aktivitäten nicht auch noch per Quote zu ­befördern. Patientensicherheit bei der Arzneimittelversorgung muss absolute Priorität genießen“, so Hermann. |

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