Beratung

Inhalationsgeräte auf Rezept

Die Versorgung mit Inhaliergeräten zulasten der GKV

Von Thomas Platz | Inhalationsgeräte sind traditionell ein Steckenpferd der Apotheken: Über 95% aller Inhalationsgeräte zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden in Apotheken abgegeben. In den meisten Fällen geht der Patient mit seiner Verordnung in die nächste Apotheke und erhält dort, sofern er nicht bei der DAK Gesundheit versichert ist, schnell und unkompliziert sein Inhaliergerät. Eine Wartezeit wäre nur schwer zu vermitteln, denn schließlich braucht der Patient in der Regel das Gerät sofort.
Foto: oocoskun – Fotolia.com

Inhalationsgeräte auf Rezept: 90% der Anwender sind Kinder.

Normalerweise ist die Versorgung mit Inhaliergeräten (Standard ist Kauf) und der dazugehörigen Zubehörsets (Year Sets) zwischen den Krankenkassen und dem jeweiligen Landesapothekerverband vertraglich geregelt. Üblich ist, um eine zeitnahe Versorgung zu gewährleisten, auch ein Genehmigungsverzicht. Nach Abgabe des Geräts kann bei bestehender Vertragspartnerschaft und Präqualifizierung (Gruppe 14D) ohne Kostenvoranschlag genehmigungsfrei abgerechnet werden.

Eine Ausnahme gibt es allerdings: Einige Verträge räumen die Möglichkeit eines Kostenvoranschlags ein, wenn das verordnete Produkt teurer ist als der Vertragspreis. Das ist aber die absolute Ausnahme, üblicherweise wird nur der Vertragspreis für den 7-Steller (Produktgruppe) erstattet, unabhängig vom abgegebenen Produkt. In der Regel verordnet der Arzt ein bestimmtes Einzelprodukt, den sog. 10-Steller. Über 90% dieser verordneten Geräte sind von der Firma Pari®. Allgemein gehaltene Verordnungen wie „Inhalationsgerät für tiefe Atemwege“ sind eine absolute Seltenheit.

Eigenmächtig von dem verordneten Produkt zu einem günstigeren abzuweichen, ist riskant: Kommt es nicht zur Linderung der Beschwerden, wird der Patient bzw. die Mutter (90% der Anwender sind Kinder) erneut zum Arzt gehen. Erkennt er, dass seiner Verordnung nicht entsprochen wurde, wird nicht nur die Zusammenarbeit mit ihm möglicherweise zukünftig erschwert, auch die Mutter wird kein Vertrauen mehr haben.

Hierbei ist es für die Wahrnehmung unerheblich, ob beispielsweise die erzeugte Partikelgröße des abgegebenen Produktes identisch mit der des verordneten Produktes ist. Es können Unterschiede in der Qualität, Lautstärke, Dauer der Inhalation sowie Verarbeitung bestehen. Wenn man von der Verordnung abweichen möchte, dann sollte dies aus genannten Gründen immer nur nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt geschehen. Üblich ist, in den Fällen, in denen der Vertragspreis unter dem Preis des verordneten Produktes liegt, eine „wirtschaftliche Aufzahlung“ zu verlangen. Vertraglich gedeckt ist das allerdings nicht.

Retaxfallen

Auch wenn ein Genehmigungsverzicht üblich ist, gibt es doch einige Fallen, die zu Retaxationen führen können. So ziehen eine fehlende Vertragspartnerschaft oder das Fehlen einer Präqualifizierung üblicherweise eine Total-Absetzung ohne Heilungsmöglichkeit nach sich.

Gelegentlich werden Inhalationsgeräte auch privat gekauft. Wird später dann eine Rechnung über ein Year Set zulasten der GKV eingereicht, hat der Kostenträger keine Information darüber, dass ein Inhalationsgerät existiert. Dasselbe Problem tritt auf, wenn Geschwister sich ein Gerät teilen, aber natürlich beide Zubehör benötigen. Auch bei einem Kassenwechsel des Versicherten ist bei der neuen Kasse nicht hinterlegt, dass ein Gerät von der Vorgängerkasse erstattet wurde. In diesen Fällen wird es ohne zusätzliche Erläuterung sehr wahrscheinlich zu Absetzungen von Year Sets kommen.

Zu beachten ist auch, dass Year Sets oft unterschiedliche Vertragspreise in Abhängigkeit vom Alter des An­wenders haben. Zudem muss immer mit der kassenspezifischen Hilfsmittelnummer abgerechnet werden. Auch diese unterscheidet sich in Abhängigkeit des Alters des Anwenders. Wird das Rezept mit der offiziellen Hilfs­mittelnummer für Year Sets bedruckt, führt das ebenfalls oft zu Absetzungen.

Sonderfall DAK Gesundheit

2012 kündigte die DAK Gesundheit die Produktgruppe der Inhalationsgeräte für tiefe Atemwege aus dem vdek-Vertrag und führte eine europaweite Ausschreibung durch. Warnungen von Apothekerverbänden hinsichtlich der zu erwartenden Verzögerung bei der Zustellung wurden ignoriert. Laut DAK habe man sich beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) versichert, dass in dieser Produktgruppe keine Dringlichkeit bestünde, die Verordnungen zeitnah zu beliefern.

Gewinner der Ausschreibung wurde das Sanitätshaus Philmed in Jena, das seitdem deutschlandweit exklusiv die betroffenen Patienten der DAK Gesundheit auf dem Postweg versorgen darf oder muss (im Gespräch ist ein Vertragspreis von unter 30 Euro). Gerade am Wochenende oder vor Feiertagen vergeht viel Zeit, bis das Gerät zum Versicherten gelangt. Da, wie zu erwarten war, viele Betroffene und auch Ärzte die Ansicht der DAK bzw. des MDK, Versorgung mit Inhalationsgeräten sei nicht dringend, nicht teilen, bot man dann den Apotheken an, als „Feuerwehr“ auszuhelfen. Wenn ein Patient freitags oder vor Feiertagen eine Verordnung zulasten der DAK Gesundheit bei der Apotheke einreicht, kann ein Miet­gerät für drei Tage mit einer absurd niedrigen Mietgebühr abgerechnet werden. Dieses Angebot wird allerdings von Apothekerseite nicht wahrgenommen.

Das Vorgehen der DAK Gesundheit ist im Bereich der Ausschreibungen ab­solut einzigartig, denn üblich ist eine exklusive Versorgung durch den Ausschreibungsgewinner. Die DAK Gesundheit weicht davon ab und versucht, das flächendeckende Netz der Apotheken für die dringenden Fälle zu nutzen, ansonsten aber von den finanziellen Vorteilen einer zentralen Versorgung zu profitieren. |


Autor

Thomas Platz war bis 2013 Hilfsmittelreferent beim hessischen Apothekerverband und schult in Apotheken vor Ort zum Thema Hilfsmittel.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.