Arzneimittel und Therapie

Weniger Knochenbrüche unter Dabigatran

Ein weiteres Argument für die neuen oralen Antikoagulanzien

Seit Markteinführung der neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) sinkt die Bedeutung der Vitamin-K-Antagonisten. Denn wichtige Faktoren wie rascher Wirkungseintritt, kurze Wirkdauer und die nicht mehr notwendige regelmäßige Kon­trolle der Blutgerinnung vereinfachen die Therapie. Nun scheint ein weiteres Argument für die NOAK zu sprechen: ein vermindertes Fraktur-Risiko.

Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon oder Warfarin werden bereits seit Jahrzehnten zur Behandlung und Prophylaxe von Thrombosen und Embolien angewendet. Auch bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern wurden sie lange Zeit verordnet.

Ihre Wirkung beruht auf einem Eingriff in die Synthese der Gerinnungsfaktoren: Sie hemmen die Vitamin-K-vermittelte Carboxylierung von Glutaminsäure in Vorstufen der Gerinnungsfaktoren. Darüber hinaus unterdrücken sie über denselben Mechanismus die Aktivierung von Knochenmatrix-Proteinen.

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Frakturen sind besonders im Alter gefürchtet. Auf Arzneimittel, die das Risiko steigern, sollte verzichtet werden. Alternativen sind gefragt.

Ein möglicher Zusammenhang zwischen Warfarin-Gabe und erhöhtem Osteoporose-Risiko wird bereits seit Längerem diskutiert. In einer großen US-amerikanischen Studie wurde 2006 tatsächlich nachgewiesen, dass Patienten unter langfristiger Warfarin-Gabe ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche haben. Trotz des bekannten Risikos wurde Warfarin mangels therapeutischer Alternativen weiterhin verordnet.

Alternative Dabigatran?

Mit Dabigatran (Pradaxa®) kam das erste Nicht-Vitamin-K-abhängige Antikoagulans auf den Markt. Es ist zur Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern, zur Behandlung und Prävention tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien und zur Primärprävention von venösen thromboembolischen Ereignissen nach chirurgischem Hüft- oder Kniegelenkersatz zugelassen. Zusätzlich zur gerinnungshemmenden Wirkung wurde in präklinischen Studien im Vergleich zu Warfarin ein höheres Knochenvolumen festgestellt – ein Hinweis auf ein im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten vermindertes Fraktur-Risiko.

Es steht außer Frage, dass osteoporotische Knochenbrüche bei älteren Patienten ein hohes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko darstellen. Da orale Antikoagulanzien vorwiegend bei älteren Patienten verordnet werden, ist die Gabe von Arzneistoffen, die das Fraktur-Risiko möglichst wenig beeinflussen, natürlich wünschenswert.

In einer Kohorten-Studie wurden nun Dabigatran und Warfarin hinsichtlich ihrer Wirkung auf osteoporotische Frakturen verglichen. Die retrospektive Studie wurde basierend auf einer bevölkerungsweiten Datenbank in Hongkong durchgeführt. Von 2010 bis 2014 wurden Patienten mit neu diagnostiziertem nicht-valvulärem Vorhofflimmern eingeschlossen, die entweder mit Dabigatran oder Warfarin behandelt wurden. Bis zum Ende des Follow-ups im Juli 2016 wurde das Risiko für Osteoporose-bedingte Hüft- und Wirbelbrüche zwischen Dabigatran und Warfarin verglichen.

Von insgesamt rund 50.000 Patienten erhielten 3268 Dabigatran und 4884 Warfarin. Bei 1,0% der Patienten der Dabigatran-Gruppe und bei 1,5% der Warfarin-Gruppe traten Knochenbrüche auf. Nach Regressions-Analyse zeigte sich ein signifikant geringeres Risiko für Dabigatran (0,7 pro 100 Patientenjahre) verglichen mit Warfarin (1,1 pro 100 Jahre). Besonders deutlich war der Unterschied bei Patienten mit einer Historie von Stürzen und/oder Knochenbrüchen: 1,6 pro 100 Patientenjahre in der Dabigatran-Gruppe verglichen mit 3,6 pro 100 Patientenjahre in der Warfarin-Gruppe.

Die seltener auftretenden Knochenbrüche unter Dabigatran scheinen unabhängig von der Einnahmedauer zu sein: Sowohl nach kurzfristiger (unter 1 Jahr) als auch nach langfristiger Einnahme (über 1 Jahr) war Dabigatran überlegen.

Insgesamt ist Dabigatran also mit einem signifikant niedrigeren Risiko für osteoporotische Frakturen assoziiert als der Vitamin-K-Antagonist Warfarin. Das reduzierte Fraktur-Risiko reiht sich somit in die Liste der Argumente „pro NOAK“ ein. |

Quelle

Lau WCY et al. Association Between Dabigatran vs Warfarin and Risk of Osteoporotic Fractures Among Patients With Nonvalvular Atrial Fibrillation. JAMA 2017;317(11):1151–1158; doi: 10.1001/jama.2017.1363

Apothekerin Dr. Birgit Benedek

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