Management

Me too – aber richtig!

Schlüsselbegriffe der Apothekenführung

Foto: privat
Prof. Dr. Dieter Benatzky

Sehr verehrte Apothekerinnen, sehr verehrte Apotheker,

Unternehmen – und dazu gehören natürlich auch Apotheken – können in ihrem Rollenverständnis und aufgrund ihrer Ressourcen auf ihren relevanten Märkten in vier Gruppen klassifiziert werden, nämlich in Marktführer, Markt­herausforderer, Marktfolger bzw. Market Follower und Nischenbesetzer. Je nach der Größe des jeweiligen Marktes gibt es immer ein oder zwei Marktführer, die ihre Position stärken und weiter ausbauen möchten. Außerdem existieren ebenfalls ein oder ­mehrere Marktherausforderer. Das sind Unternehmen, die in ihrer Größe hinter den Marktführern liegen und die ebenfalls ehrgeizig genug sind, um zu wachsen. Sie streben an, selbst Marktführer zu werden, und fordern daher gewissermaßen den bzw. die Marktführer heraus, indem sie ständig versuchen, mit schöneren und besseren Angeboten und günstigeren Preisen anzugreifen.

Marktführer wiederum müssen ihre Position permanent verteidigen. Aufgrund ihrer Größe fällt es ihnen allerdings nicht schwer. Je nach Branche geschieht dies mit Produktinnovationen, mit Sortimentsmaßnahmen, mit aufmerksamkeitsstarker Kommunikation sowie aggressiven Aktionen und Preisangeboten.

Außerdem gibt es Unternehmen, die aufgrund ihrer Ressourcen nicht in der Lage und auch nicht willens sind, dieses aggressive Wettbewerbsverhalten mitzu­spielen. Ihr Ziel ist es nicht, ihre Marktanteile auf Kosten der Wettbewerber zu steigern. Sie sind ­bestrebt, ihre Ertragslage zu ­optimieren und ihre Position im Markt zu halten. Das sind die Marktfolger oder Market Follower, die in wohl allen Märkten die Mehrzahl der Unternehmen darstellen.

Hier kommt unser heutiger Schlüsselbegriff ins Spiel: Der strategische Ansatz der Markt­folger ist die Me-too- oder Nach­ahmer-Strategie. Soweit es sinnvoll ist, ahmen sie die Markt­führer nach, und halten sich im ­Übrigen möglichst aus allen Wettbewerbskonflikten heraus. Das bedeutet auch, dass sie sich nicht in Preiskämpfe hineinziehen lassen.

Zusätzlich gibt es in fast allen Märkten die Nischenbesetzer. Dies sind spezialisierte Unternehmen, die sich auf einem kleinen Gebiet einen Namen machen und hier auch wirklich Spitze sind. Aufgrund ihrer Kompetenz und Expertise auf diesem Gebiet be­sitzen sie eine Sonderstellung – kaum ein Wettbewerber wird ­ihnen gefährlich werden. Nischen­anbieter erfüllen die besonderen Anforderungen einer klar umrissenen Zielgruppe. Sie verfolgen eine Strategie der Spezialisierung bzw. der Profilierung.

Die unten stehende Abbildung verdeutlicht die Klassifizierung der Marktteilnehmer und ihrer typischen Strategien.

Grafik: Dieter Benatzky – AZ/ ekr
Abb.:Klassifizierung der Marktteilnehmer und ihre typischen Strategien.

Diese typischen strategischen Verhaltensweisen finden wir in ähnlicher Weise auch bei Apotheken. Die Entscheidung, Markt­folger zu sein, ist nicht nur eine Frage der Größe der Apotheke. Es sind ganz reale Überlegungen, die zu einer Me-too-Strategie ­führen können.

Da die Marktfolger die erfolgreichen Aktivitäten des Marktführers nachahmen, ersparen sie sich den Aufwand für die Ideenfindung und Entwicklung solcher Maßnahmen. Es lohnt sich, z. B. die Schaufenster und Aktionen der größeren Apotheken genau anzuschauen sowie die Indikatorpreise von Drogeriemärkten zu notieren. Marktfolger können dies kopieren – sie gehen damit kein Risiko ein und sparen Personalkosten.

Reaktionen der führenden Apotheken brauchen Marktfolger nicht zu fürchten. Diese sind ­bereits mit neuen Aktivitäten ­beschäftigt. Preislich werden Marktfolger die Wettbewerber nicht unterbieten; auch auf diesem Gebiet wird kein Risiko eingegangen.

Me too heißt aber nicht, dass Marktfolger gar nicht aktiv sind und ganz auf Wachstum verzichten. Die Me-too-Apotheken verfolgen ein nachhaltiges Wachstum ihrer Stammkunden. Sie konzentrieren sich auf ihre ureigensten Stärken. Das sind Kundenbindung und Kundenzufriedenheit sowie Service im direkten Kundenkontakt. Die Kunden wählen diese Apotheken nicht wegen des besonders innovativen Schaufensters oder der neuesten Einrichtung. Sie kommen wegen der kompetenten Beratung, des persönlichen Services und der echten Anteilnahme. Dies sind dann auch treue Kunden, die sich von keinem aggressiven Wettbewerber weglocken lassen.

Me too kann eine sehr erfolgreiche Strategie sein. Allerdings hat diese Strategie immer zwei Seiten. Die eine Seite ist das Nachahmen. Dies allein reicht jedoch nicht. Es muss auch die andere nicht offensichtliche Seite gesehen werden: Das ist die persönliche Kundenbeziehung und pharmazeutische Beratung. Damit ist Me too für die Mehrzahl der deutschen Apotheken das angesagte strategische Verhalten. Unser ­Fazit: Me too – aber richtig! |

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Bisher sind als „Schlüssel­begriffe der Apotheken­führung“ erschienen:



Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim.

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