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Grünes Licht für Stationsapotheker

In Niedersachsen sind Apotheker auf Station ab 2022 Pflicht – ein Schritt mit Vorbildcharakter

BERLIN (ks) | Niedersachsen hat die Blaupause für die flächendeckende Einführung von Stationsapothekern vorgelegt: Am 24. Oktober verabschiedete der Landtag in Hannover einstimmig ein neues Kranken­hausgesetz. Dieses sieht als Reaktion auf die erschreckenden Klinikmorde des Ex-Pflegers Niels Högel verschiedene Maßnahmen zur Er­höhung der Patientensicherheit vor – darunter den Stationsapotheker.

Künftig ist in jedem zugelassenen Krankenhaus in Niedersachsen sicherzustellen, dass in „ausreichender Zahl“ Apotheker als Beratungspersonen für die Stationen eingesetzt werden. Die erforderliche Beratungsintensität legt das Krankenhaus in Abhängigkeit von den vorhandenen Fachrichtungen fest. Für die Umsetzung gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren (bis 1. Januar 2022). Bis dahin sollen möglichst viele Apotheker auch eine Weiterbildung in Klinischer Pharmazie absolviert haben.

Der Gesundheitsausschuss des Landtags hatte zuvor noch einen ergänzenden Absatz eingebracht, wonach die Sicherstellung der Aufgaben des Stationsapothekers im Vertrag mit der krankenhausversorgenden Apotheke geregelt werden soll (§ 14 ApoG), wenn das Krankenhaus nicht über eine eigene Krankenhausapotheke verfügt. „Diese Anbindung an die versorgende Apotheke hat sich bewährt und soll daher übernommen werden“, erklärte das niedersächsische Gesundheitsministerium auf Nachfrage. Gerade in diesem Punkt waren im Gesetzgebungsprozess verfassungsrechtliche Probleme ausgemacht worden, weil hier bundes- und landesrechtliche Kompetenzen konkurrieren. Doch diese hofft man nun mit dem Kompromiss in den Griff bekommen zu haben.

Bund soll Refinanzierung prüfen

Zugleich beschloss der Landtag einen Entschließungsantrag, mit dem die Landesregierung gebeten wird, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, die Re­finanzierungsmöglichkeiten von Stationsapothekern durch den Bund zu prüfen und im Sozialgesetzbuch V oder einer anderen Rechtsvorschrift – zu verankern. Zudem soll sie dafür sorgen, dass im Gemeinsamen Bundesausschuss erörtert wird, ob Stationsapotheker ein Qualitätskriterium für Krankenhäuser sind.

Darüber hinaus regelt das neue Gesetz, dass künftig jede Klinik in Niedersachsen eine Arzneimittelkommission haben muss, die eine Arzneimittelliste führt und das ärztliche und pflegerische Personal berät. Zudem sind ein anonymes Fehlermeldesystem sowie Mortalitäts- und Morbiditäts-Konferenzen einzuführen.

Genug Personal?

Während die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft – bei allem Zuspruch für das Ziel des Gesetzes – die verfassungsrechtlichen Bedenken nach wie vor für gewichtig hält und zudem überzeugt ist, dass die flächendeckende Einführung von Stationsapothekern „in der geplanten Übergangsphase objektiv nicht umsetzbar“ ist, gibt es von Apothekerseite viel Zuspruch. Bei der Bundesapothekerkammer (BAK) kann man einen Teil der Kliniksorgen aber offenbar nachvollziehen. So erklärte eine BAK-Sprecherin: „Wir begrüßen, wenn in Niedersachsens Krankenhäusern mehr Stationsapotheker eingesetzt werden. Das trägt dazu bei, die Patientensicherheit im Krankenhaus zu verbessern. Andererseits wird der gesteigerte Bedarf an Fachkräften auch den Druck auf den ohnehin schon angespannten Arbeitsmarkt der Apotheker erhöhen.“ Wie viele Apotheker genau gebraucht werden, steht nicht fest. Während des Gesetzgebungsverfahrens sprach man von etwa einem Stationsapotheker pro 300 Krankenhausbetten – diese Zahl hat allerdings keinen Eingang in das Gesetz gefunden.

Beim Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) freut man sich nicht zuletzt über die Klarstellung zu den klinikversorgenden Apotheken. Denn so könne die „bundesgesetzlich verankerte pharmazeutische Versorgung aus einer Hand“ sichergestellt werden, erklärte der stv. BVKA-Vorsitzende Karl-Heinrich Reimert. Er kündigte an, dass der BVKA eine Mustervereinbarung zwischen dem Krankenhausträger und der krankenhausversorgenden Apotheke vor­legen werde, die den apothekenrecht­lichen Vorgaben Rechnung trägt. |

ADKA: Meilenstein mit Strahlkraft

Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) will das NKHG zum Anlass nehmen, seine Bemühungen zur Etablierung von Stationsapothekern als wichtigem Element des „geschlossenen Medikationsprozesses“ auf Bundesebene zu intensivieren.

Denn dieser ist laut ADKA die Lösung, wenn es darum geht, Risiken und Probleme in der stationären Arzneimitteltherapie zu beheben. Dieser geschlossene Prozess besteht aus vier aufeinander aufbauenden Elementen:

  • der elektronischen Arzneimittel­verordnung durch Ärzte,
  • dem Medikationsmanagement durch Stationsapotheker,
  • einer patientenindividuellen ­Arzneimittellogistik durch die ­Krankenhausapotheke,
  • der Verabreichung und Dokumentation der Arzneimittelgabe durch Pflegekräfte

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