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Gesundheitspolitik
Kabinett ebnet Weg fürs E-Rezept
GSAV-Entwurf geht ins parlamentarische Verfahren
Das vergangene Jahr hatte eine Reihe von Arzneimittelskandalen zu bieten. Da waren die gestohlenen Arzneimittel, die der Brandenburger Pharmahändler Lunapharm in Deutschland weitervertrieben hat, das mit NDMA verunreinigte Valsartan, der Bottroper Zyto-Apotheker, der Krebspatienten lange unbemerkt mit unterdosierten Arzneimitteln versorgt hat und der Heilpraktiker in Brüggen-Bracht, unter dessen Behandlung mit selbst hergestellter Arznei Patienten starben. Mit dem GSAV will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aus diesen Erfahrungen Konsequenzen ziehen: „Patienten müssen sich sicher sein können, dass Arzneimittel ihnen helfen und nicht schaden.“
E-Rezept ab 2020
Zugleich ist dem Minister ein Fortkommen in der digitalen Welt wichtig: So gibt der Gesetzentwurf einen Fahrplan zur Einführung des elektronischen Rezeptes vor. Die Selbstverwaltung – GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche Bundesvereinigung und Deutscher Apothekerverband – wird verpflichtet, innerhalb von sieben Monaten nach Inkrafttreten des GSAV die notwendigen Regelungen für die Verwendung des E-Rezeptes zu schaffen. Verfügbar sein soll das E-Rezept dann ab 2020. „Das ist für das Gesundheitswesen ein großer Schritt, das Jahrzehnte alte Papierrezept durch das E-Rezept zu ersetzen und damit im digitalen Zeitalter anzukommen“, betonte Spahn. Zugleich sorgt der Minister dafür, dass künftig nach einer ärztlichen Online-Sprechstunde auch Arzneimittel verordnet werden können. Er räumt ein, dass damit ein erst vor recht kurzer Zeit beschlossenes Verbot wieder aufgehoben wird. Doch es sehe wohl jeder ein, dass nach den Änderungen im ärztlichen Berufsrecht zu Online-Sprechstunden auch bei einem Erstkontakt eine elektronische Arzneimittelverordnung möglich sein müsse, so der Minister.
Das GSAV sieht ferner vor, dass die Bundesoberbehörden (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und Paul Ehrlich Institut) mehr Befugnisse bekommen, um auf Fälle wie die Valsartan-Rückrufe besser reagieren und sie besser koordinieren zu können. Zudem müssen die Länder, bei denen die Arzneimittelaufsicht grundsätzlich liegt, die Bundesoberbehörden über geplante Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln und Wirkstoffen in Drittstaaten informieren. Die Bundesoberbehörden können an diesen Inspektionen teilnehmen.
Überdies bekommen Krankenkassen einen Regressanspruch bei Produktmängeln gegenüber pharmazeutischen Unternehmen, z. B. im Falle eines Rückrufs. Und für Versicherte soll ausdrücklich die Zuzahlung wegfallen, wenn wegen eines Arzneimittelrückrufs aufgrund von Qualitätsmängeln eine Neuverordnung nötig ist.
Biosimilar-Austausch in der Apotheke erst in drei Jahren
Apothekenrelevant ist überdies eine Nachjustierung der anfänglichen Pläne, die Austauschbarkeit von biologischen Arzneimitteln/Biosimilars in der Apotheke zu ermöglichen. Nun ist vorgesehen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festlegt, welche Originalpräparate vom behandelnden Arzt durch Biosimilars ausgetauscht werden können. Erst drei Jahre später sollen dann auch Apotheken Biosimilars, die auf der Liste des G-BA stehen, austauschen können. Gänzlich aus dem Kabinettsentwurf entfallen ist die noch im Referentenentwurf enthaltene Neuregelung der Vergütung der Zytostatika-Herstellung.
Hand angelegt wird zudem an der Importförderklausel: Die bisherige Preisabstandsgrenze von 15 Euro/15 Prozent in § 129 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wird durch eine differenziertere Preisabstandsregelung ersetzt (siehe auch AZ 2019, Nr. 5, Seite 1). Spahn wollte bei der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch nicht näher darauf eingehen, dass jeder der vier bekannt gewordenen Entwürfe eine unterschiedliche Regelung der Importklausel vorsah. Er sagte lediglich: „Unter den vielen Vorschlägen zu Importarzneimitteln war alles dabei – von dem Vorschlag, einfach gar nichts zu ändern, bis hin zur kompletten Streichung. Wir haben jetzt einen klugen Kompromiss gefunden.“ Aus Sicht von Spahn ermögliche die nun beschlossene Lösung, dass die „Margen nicht mehr nur beim Importeur, sondern auch an die Versichertengemeinschaft“ gegeben würden. Das liege an den „größeren Preisabständen“.
Weitere Maßnahmen nicht ausgeschlossen
Letztlich betonte Spahn, dass es im globalen Arzneimittelmarkt mit seinen hochpreisigen Produkten und entsprechenden Margen auch weiterhin Anreize zum Missbrauch geben werde. „Das erfordert auch in Zukunft unsere höchste Aufmerksamkeit. Sobald wir feststellen sollten, dass es weiteren Bedarf zum Nachsteuern gibt, werden wir das auch zügig angehen.“ |
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