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Dermatologie

Stabile Schutzschicht

Basistherapie bei Neurodermitis

Bei Neurodermitis kann eine konsequente Hautpflege die Ekzemschübe und den lästigen Juckreiz erfolgreich stoppen. Die Basistherapie mit topischen Externa steht daher im Mittelpunkt der Behandlung – und damit eine qualifizierte, fachkundige Beratung zu dieser in der Apotheke. Als Orientierungshilfe für eine evidenzbasierte Empfehlung adäquater Pflegeprodukte hat die Gesellschaft für Dermopharmazie eine aktuelle Stellungnahme herausgegeben. | Von Ines Winterhagen

Neurodermitis oder atopische Dermatitis ist eine weit verbreitete, nicht kontaginöse Hauterkrankung mit chronisch rezidivierenden Ekzemen und quälendem Juckreiz. Sie tritt bevorzugt im Kleinkindalter auf, betrifft aber auch 1 bis 3% der Erwachsenen. Im Krankheitsverlauf wechseln sich akute und chronische Phasen ab: Zwischen den Stadien mit akut entzündeter Haut liegen beschwerdefreie Zeiten, in denen jedoch die Neigung für eine trockene, empfindliche Haut bestehen bleibt. Die Ursachen der Neurodermitis sind vielfältig und bis heute noch nicht vollständig geklärt. Neben einer genetischen Prädisposition spielt auch eine Überreaktion des Immunsystems für die Erstmanifestation und das Auftreten der Erkrankungsschübe eine wichtige Rolle, ohne dass zwangsläufig eine Allergie zugrunde liegt. Hinzu kommt eine gestörte Barrierefunktion der Haut mit einer Mutation des Filaggrins, eines Proteins, das beim Verhornungsprozess der Haut beteiligt ist, sowie einer Reduktion antimikrobieller Peptide. Zudem bewirken fehlende natürliche Feuchthaltefaktoren und Ceramide über einen erhöhten transepidermalen Wasserverlust nicht nur die typische Hauttrockenheit, sondern rufen auch eine veränderte Hautflora bei den Betroffenen hervor. So lassen sich bei circa 90% der Neurodermitis-Patienten vermehrt Staphylococcus-­aureus-Erreger auf der Haut nachweisen [1, 2, 3].

Basispflege bedeutet Basistherapie und Prävention von Ekzemschüben

Die Neurodermitis-Therapie richtet sich in erster Linie nach Verlauf und Schwere der Symptome und folgt dabei einem Stufenschema. Da der Barrieredefekt der Haut nach dem aktuellen Krankheitsverständnis kritisch zum Verlauf der Erkrankung beiträgt und allergische Sensibilisierungen begünstigen kann, gilt als wichtigste Regel: Die topische Basispflege der Haut ist Therapie. Sie wird damit nicht nur in beschwerdefreien Zeiten bei trockener Haut eingesetzt, sondern bildet auch die Grundlage aller weiteren Behandlungsstufen [1, 2]. Die Verwendung topischer Basistherapeutika ist im Regelfall bereits von Geburt an angezeigt. Neue Studien haben bewiesen, dass der Beginn einer Basispflege bereits im Alter von drei Wochen, also lange vor dem Auftreten erster Symptome, bei Säuglingen mit einer familiären Atopie-Belastung die Entwicklung einer Neurodermitis um bis zu 50% reduzieren kann [4, 5]. Somit stellt die Basistherapie eine sichere und effektive Maßnahme zur Prävention der atopischen Dermatitis dar. Zudem konnte gezeigt werden, dass sich durch die Anwendung einer konsequenten Hautpflege der Zeitraum bis zum Auftreten eines Krankheitsrezidivs beeinflussen [6] und sich der Verbrauch topischer Corticoide bei leichter bis mittelschwerer Neurodermitis einsparen ließ [7, 8, 9]. Nach vorausgegangener Behandlung mit Cortison oder Calcineurin-Inhibitoren und erfolgter Remission blieb der Hautzustand unter langfristiger Therapie mit Pflegepräparaten – mindestens zweimal wöchentlich oder mehr angewendet – für längere Zeit stabil [10, 11].

Abb. 1: Auswahl einer geeigneten Darreichungsform in Abhängigkeit vom Hautzustand (nach: Roos TC, Brost H. Neurodermitis: Juckreiz und Hautentzündungen stoppen [37])

Nomenklatur der Pflegepräparate

Bei den topischen Pflegepräparaten kann es sich aus regulatorischer Sicht um Arzneimittel, Medizinprodukte oder Kosmetika handeln. Die Zuordnung erfolgt durch die Zusammensetzung, Qualität und Zweckbestimmung der jeweiligen Externa [12]. Die englischsprachige Literatur weicht von dieser Kategorisierung ab und bezeichnet die topischen Basistherapeutika meist unabhängig von ihrem regulatorischen Status als „emollients“ (deutsch: Emollienzien). Dabei handelt es sich um Hautpflegemittel, die der Haut Feuchtigkeit und Fette zuführen. Zum Einsatz kommen Externa, die entweder keine oder keine pharmakologisch aktiven Wirkstoffe enthalten. Neben einem humectant – einer hydratationsfördernden Substanz wie Harnstoff, Milchsäure oder Glycerin – beinhaltet ein Emolliens zusätzlich ein Mittel (occludent), das den Wasserverlust der Haut verhindert wie beispielsweise Vaseline [1, 13]. Wie ein im Jahr 2017 erschienener Cochrane-Review deutlich gemacht hat, wird in der englischsprachigen Literatur im Zusammenhang mit der Ekzemtherapie oft auch der Terminus „moisturizer“ verwendet anstelle der Bezeichnung „emollient“, ohne dabei auf eine deutliche und einheitliche Begriffsabgrenzung zu achten [13, 14].

In der letzten Fassung der europäischen Neurodermitis-Leitlinie wurde der Begriff „emollients plus“ neu geprägt. Er bezieht sich auf verschiedene Medizinprodukte und Kosmetika mit nicht-arzneilichen, aktiven Substanzen, denen spezielle Wirkungen bei Neurodermitis zugesprochen werden. Als Präparatebeispiele führt die Leitlinie Produkte mit Zusätzen von proteinfreiem Junghafer-Extrakt [15] und von Bakterien­lysaten aus Aquaphilus dolomiae oder Vitreoscilla filiformis an [1]. Diese Art der Basispflege, also eine topische Applikation von Mikroorganismen, stellt eine neue Therapieoption dar und ist darauf ausgerichtet, das gestörte Mikrobiom der Haut von Neurodermitis-Patienten zu verbessern. Statt der „normalen“ Besiedlung mit 39% S. aureus überwiegt diese Spezies bei atopischer Dermatitis mit > 70% und führt hier zu Exazerbationen. Studienergebnisse zeigten, dass sowohl das Bakterienlysat Vitreoscilla filiformis [16] als auch das Lysat von Aquaphilus dolomiae [17] die S.-aureus-Kolonialisierung, den Schweregrad der Erkrankung und den Juckreiz verringern konnten.

Ausgleich des Barrieredefekts

Die Basispflege zielt ab auf eine ausreichende Rückfettung und Versorgung der Haut mit genügend Feuchtigkeit und damit insgesamt auf eine Stabilisierung der gestörten Barrierefunktion. Dadurch kommt es zu einer Besserung des Juckreizes und einer reduzierten Häufigkeit von Exazerbationen. Schlussendlich lassen sich teure wirkstoffhaltige Medikamente einsparen. Der Vielfalt der Körperpflegemittel liegen unterschiedliche Wirkmechanismen zugrunde. Hierzu zählen: eine Okklusionswirkung, die den Wasserverlust aus äußeren Hautschichten verhindert (z. B. durch weißes Paraffin), die Addition von zusätzlichem Wasser auf die trockenen äußeren Hautschichten (z. B. durch hydrophile Cremes) sowie ein verbessertes Wasserbindungsvermögen in der Haut (z. B. durch Harnstoff). Zudem sorgt die Verwendung von Badezusätzen und nachfolgender Basispflege ­direkt nach dem Baden dafür, dass das Wasser in der noch feuchten Haut zurückgehalten wird [2].

Tab. 1: Produkte zur Basispflege bei Neurodermitis (Auswahl) [Lauer-Taxe® Online, Stand: 21. Oktober 2019]
Produkt(linie)
Hersteller
ausgewählte Inhaltsstoffe
regulatorischer Status
A-Derma Exomega Control
Pierre Fabre
Rhealba Jungpflanzen-Haferextrakt, ­Filaxerine® (u. a. Omega-6-Fettsäuren)
Kosmetikum
Alfason Basis Cresa® Creme
Karo Pharma
Glycerin, Milchsäure
Kosmetikum
Allergika® Lipolotio sensitive
Allergika
Glycerin, Bisabolol, Vitamin E
Kosmetikum
Avène Xeracalm
Pierre Fabre
Avène Thermalwasser, Lysat aus Aquaphilus dolomiae, Lipidkomplex Cer-Omega
Kosmetikum
Basodexan® Softcreme
Allmiral Hermal
Harnstoff
Arzneimittel
Bioderma Atoderm Intensive
NAOS
Skin Barrier Therapy®, Palmitoylethanolamid (PEA), Zingluconat, β-Sitosterol
Kosmetikum
Cetaphil® Pro ItchControl
Galderma
Ceramide, Filaggrin, Glycerin
Kosmetikum
Dermaplant® Salbe
Schwabe
Cardiospermum-halicacabum-Urtinktur
Arzneimittel
Dermaveel® Creme
Heel
Ectoin
Medizinprodukt
Dr. Hauschka® Med Akut Creme Potentilla
Dr. Hauschka
Jojobaöl, Sheabutter, Potentilla-Extrakt
Kosmetikum
Eubos® Kinder Hautruhe Creme
Dr. Hobein
Nachtkerzenöl, Urea, Johanniskraut-Extrakt
Kosmetikum
Eucerin® AtopiControl
Beiersdorf
Nachtkerzensamenöl, Licochalcone A
Kosmetikum
Imlan® Creme Pur
Amryt
Betulin, Jojobaöl
Kosmetikum
La Roche-Posay Lipikar Balsam
L’Oréal Deutschland
Sheabutter, Glycerin, Niacinamid
Kosmetikum
Linola® Creme
Dr. August Wolff
Ungesättigte Fettsäuren
Arzneimittel
Neuroderm® Pflegecreme
InfectoPharm
Glycerin
Medizinprodukt
Physiogel® Calming Relief
GlaxoSmithKline
Olivenöl, Glycerin
Kosmetikum
SanaCutan® Basiscreme
Pädia
Glycerin
Arzneimittel
Tannolact® Lotio
Galderma
synthetischer Gerbstoff
Arzneimittel
Wala® Rosatum Heilsalbe
Wala
Geranii aetheroleum, Rosae aetheroleum, wässrige kolloidale Siliciumdioxid-Lösung
Arzneimittel

Schonende Hautreinigung

Die Auswahl von geeigneten Mitteln zur Reinigung trockener Haut ist eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe. Grundsätzlich sind milde Präparate anzuraten. Statt auslaugender Seifen sollten pH-neutrale Syndets verwendet werden. Während es laut einer neuen britischen Studie [18] bei Balneo­therapeutika an eindeutiger Evidenz mangelt, empfehlen beide Neurodermitis-Leitlinien [1, 2] beim Baden ausdrücklich die Anwendung von medizinischen Ölbädern (z. B. Balneum Hermal®, Linola® Fett N Ölbad, Neuroderm® Mandel­ölbad). Die Temperatur des Badewassers sollte zwischen 27 und 30 °C betragen. Eine kurze Badedauer von fünf Minuten sowie die Verwendung eines Badeöls für die letzten zwei Minuten des Bades vermeiden ein Austrocknen der Haut. Außerdem ist sorgfältiges Eincremen nach jedem Wasserkontakt Pflicht. Das Auftragen des Pflegeproduktes sollte vorzugsweise unmittelbar nach Bad oder Dusche und behutsamem Abtrocknen auf die noch leicht feuchte Haut erfolgen [1].

Welche Inhaltsstoffe sollte man vermeiden?

Nicht nur zur Hautreinigung, sondern auch zur Pflege sollten schonende Präparate verwendet werden, welche die Haut nicht irritieren oder reizen. Zu vermeiden sind Bestandteile, die ein erhöhtes Sensibilisierungspotenzial aufweisen (z. B. Duftstoffe, Wollwachsalkohole, Cetylstearylalkohole) [19, 20, 21]. Neben diesen Inhaltsstoffen sind in Hautpflegemitteln oft weitere potenziell gefährdende Substanzen enthalten, die ein Ekzem verschlechtern können. Hierzu zählen: Detergenzien (Barriere-Schädigung, TEWL = transepidermaler Wasserverlust), Emulgatoren (emulgieren körpereigene Lipide, TEWL), Mineralöle, Vaseline, Paraffin (Anreicherung im Fettgewebe), Olivenöl (Barriere-Schädigung, TEWL), Polyethylenglykole (transkutane Adsorption v. a. bei Epidermis-Defekten, Nierenschädigung) und Propylenglykol (erhöht die Serum-Osmolarität) [22]. Bei entzündeter Haut und bei Kleinkindern wird generell empfohlen, vor einer großflächigen Anwendung zunächst die Verträglichkeit der Externa an einer kleinen, intakten Hautstelle zu testen.

Empfohlene Wirkstoffe

Als Bestandteile in der Basispflege eignen sich hydratisierende Wirkstoffe wie Harnstoff oder Glycerin. Bei Patienten mit atopischer Dermatitis ist der physiologische Harnstoff-Gehalt in klinisch unauffälliger Haut um 70% und in geschädigter Haut um 85% im Vergleich zu gesunder Haut erniedrigt. Harnstoff-haltige Externa können dieses Defizit ausgleichen, indem sie das Wasserbindungsvermögen im Stratum corneum erhöhen, also eine verbesserte Hydratation bewirken. In Fertigarzneimitteln ist Harnstoff in Konzentrationen von 4 bis 12% enthalten. Das Ausmaß der Hydratationswirkung des Harnstoffs hängt nicht allein von dessen Einsatzkonzentration ab, sondern im wesentlichen Maße auch von den Eigenschaften des verwendeten Vehikels. Harnstoff wird zum Beispiel aus O/W-Zubereitungen sehr schnell freigesetzt, entfaltet dann aber nur eine geringe Tiefenwirkung. Aus W/O-Formulierungen penetriert der Wirkstoff dagegen langsamer, dafür aber gleichmäßiger und bewirkt dadurch eine länger anhaltende Hydratisierung der oberen Hautschichten [23]. Urea-haltige Externa zeichnen sich im Allgemeinen durch eine gute Verträglichkeit und fehlende Toxizität aus. Kontraindiziert ist Harnstoff jedoch bei akut entzündlichen Krankheitserscheinungen und bei Kleinkindern. Hier kann es zum Brennen der Haut (stinging effect) kommen [24].

Glycerin verursacht im Regelfall keine Hautirritation. Daher empfiehlt die europäische Neurodermitis-Leitlinie Glycerin-haltige Topika auch zur Anwendung bei Säuglingen und Kleinkindern [1]. In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie bei zwei- bis sechsjährigen Kindern konnte schon nach vierwöchiger Anwendung einer 15% Glycerin enthaltenden O/W-Creme eine über mehrere Wochen anhaltende Verbesserung von bereits bestehender Hauttrockenheit gezeigt werden [25]. Weitere Studien zur hydratationsfördernden Wirkung von Glycerin-haltigen Topika bestätigen diesen ­Befund sowohl für die Anwendung bei Kindern als auch bei Erwachsenen [26]. Zudem können Glycerin-haltige Externa Ekzemschüben vorbeugen und den Bedarf der Patienten an topischen Glucocorticoiden senken [27, 28].

Auch lipophile Zusätze wie Linolsäure und die daraus gebildete Gamma-Linolensäure können den Effekt der Grundlage verstärken und für eine optimale Lipidsubstitution sorgen. Beide ungesättigten Omega-6-Fettsäuren sind im Nacht­kerzenöl enthalten, das in Form verschiedener Präparate zur Pflege der trockenen Neurodermitishaut eingesetzt wird. Studien zur topischen Applikation ungesättigter Fettsäuren lieferten widersprüchliche Ergebnisse [29, 30, 36] bezüglich ihrer Evidenz bei atopischer Dermatitis. Nach Expertenmeinung kann die Anwendung jedoch in ausgewählten Fällen erfolgen [2].

Allgemeine Pflegetipps

Gute Pflegepräparate zeigen nur einen optimalen Nutzen, wenn sie richtig und regelmäßig verwendet werden. Diese Hinweise sollten Sie Patienten geben:

  • Waschen Sie sich vor der Gesichtsreinigung und -pflege gründlich die Hände. Schneiden Sie Ihre Fingernägel immer kurz.
  • Tragen Sie die Hautpflegeprodukte mindestens zweimal täglich ausreichend dick auf. Behandeln Sie aber nur ekzemfreie Hautbereiche, die entzündeten Partien bedürfen einer gesonderten Therapie.
  • Entnehmen Sie die Creme aus der Tube bzw. dem Tiegel jeweils mit einem frischen Spatel oder einem neuen Wattestäbchen.
  • Bewahren Sie Ihre Pflegemittel am besten im Kühlschrank auf, damit diese bei Gebrauch einen angenehmen Kühleffekt haben.
  • Testen Sie neue Präparate vor einem großflächigen Einsatz zunächst auf ihre Verträglichkeit, indem Sie eine geringe Menge Creme nur auf einer kleinen Hautpartie eines Armes auftragen.
  • Passen Sie Ihre Pflegeprodukte immer der Jahreszeit an: Salben sind im Winter meist gut geeignet, im Sommer aber zu fettig. Sie fördern dann den Juckreiz. Bevorzugen Sie in der warmen Jahreszeit eher feuchtigkeitsspendende O/W-Cremes.
  • Machen Sie bei Kindern aus dem regelmäßigen Eincremen ein spielerisches Verwöhnritual, indem Sie mit der feuchtigkeitsspendenden Creme Figuren auf die Haut malen, die das Kind verstreichen darf.

Bei entzündlichen Läsionen können aufgrund der klinischen Erfahrung Zink-haltige Externa zum Einsatz kommen. Kontrollierte Studien zur Wirksamkeit bei Neurodermitis liegen hingegen nicht vor [2]. Neben den genannten Inhaltsstoffen stehen zur äußerlichen Neurodermitisbehandlung verschiedene Präparate aus dem Bereich der Naturheilkunde (z. B. Dermatodoron® Salbe, Rosatum Heilsalbe, Dr. Hauschka Med® Mittagsblume, Halicar® Creme, Dermaplant® Salbe, Ekzevowen® derma Creme) zur Verfügung, die gern von den Patienten nachgefragt werden. Hier ist Vorsicht geboten wegen ihres möglichen irritierenden und Kontaktdermatitis auslösenden Potenzials [31, 32]. Die Autoren der Neurodermitis-Leitlinien sehen daher von einem Gebrauch von topischen Externa mit Pflanzenextrakten ab [2, 33].

Maßnahmen gegen den Juckreiz

Ein charakteristisches Symptom für Neurodermitis ist der quälende Juckreiz, der die Patienten attackiert. Zur Linderung kommen neben anästhesierend wirkendem Polidocanol auch adstringierende Gerbstoffe infrage. Bei Kindern mit Neurodermitis zeigte eine Kombination aus Polidocanol und 5% Urea im Vergleich zu einer Linolsäure-haltigen Fettsalbe eine Reduktion des Juckreizes um 30%. Zudem wurde eine Normalisierung des Hautzustandes bei 46% der mit Polidocanol/Harnstoff behandelten Kinder beobachtet – im Vergleich zu 28% unter der Behandlung mit Fettsalbe [34]. Aufgrund dieser Ergebnisse sowie klinischer Erfahrungen kann eine unterstützende antipruriginöse Behandlung mit Polidocanol erwogen werden [2]. Ähnliches gilt für die Anwendung von Gerbstoffen, die eine ergänzende Behandlungsmöglichkeit bei Juckreiz bieten, für die aber ebenfalls keine kontrollierten Studien vorliegen [2]. Zur Hautpflege und als Akuttherapie gegen den Juckreiz haben sich zudem fettfeuchte Umschläge bewährt. Hierbei wird zunächst eine stark fettende Grundlage relativ dick aufgetragen, darüber ein mit Leitungswasser angefeuchteter Schlauchverband (z. B. Tubifast®) gezogen und wiederum darüber ein trockener Verband angelegt. Über dem Verband können die Patienten normale Kleidung tragen. Der untere Verband sollte alle drei Stunden angefeuchtet werden. Nach sechs bis acht Stunden muss die Haut erneut eingecremt werden. Durch diese fettfeuchte Behandlung entsteht Verdunstungskälte, die den Juckreiz nimmt; die Fettschicht verhindert zudem ein Austrocknen der Haut. Tubifast® wird in verschiedenen Größen angeboten und eignet sich deshalb für Arme, Beine, Nacken oder Rumpf [3].

Abb. 2: Benötigte Crememenge für die Neurodermitis-Basistherapie (nach [PädiaAkademie: Neurodermitis bei Kindern]) Für die Berechnung der befallenen Körperoberfläche (KOF) wird die 1%-Regel verwendet (= Innenfläche einer Hand inklusive Finger des Patienten). Die benötigte Menge des Topikums wird aufgrund des Bedarfes pro Fläche ermittelt (0,25 g Topikum pro 1% KOF). Einen Anhaltspunkt für die richtige Dosierung bieten die „Fingerspitzen-Einheiten“ (fingertip unit; 1 FTU entspricht 0,5 g des Topikums) [35].

Welche Grundlage wann?

Je nach Hautzustand und Jahreszeit kommen verschiedene galenische Grundlagen zum Einsatz. Bei nässenden Formen des Ekzems stehen entweder feuchte Umschläge mit gerbstoffhaltigen Extrakten z. B. mit Schwarztee, Eichenrinde oder auch zinkhaltige Externa im Vordergrund der Therapie. Bei trockener Haut empfiehlt sich vor allem im Sommer eine Creme oder eine Lipolotio mit einem Fettgehalt von 30 bis 40%, was nicht zu fettig ist und daher keinen Hitzestau verursacht. Bei großflächig trockener Haut und in den Wintermonaten ist die Anwendung von Fettcremes mit einem Fettgehalt zwischen 50 und 60% sinnvoll. Wasserfreie Grundlagen wie Fettsalben, Lipogele und Hautöle sind hingegen keine optimalen Externa zur großflächigen Anwendung bei trockener Haut. Sie können aufgrund ihrer ausgeprägten Okklusionswirkung zwar initial eine Abnahme des TEWL bewirken, doch hält dieser Effekt meist nur für kurze Zeit an, da Feuchthaltesubstanzen in diesen reinen Lipidgrundlagen fehlen. Außerdem lassen das Einziehvermögen und die kosmetische Akzeptanz oft zu wünschen übrig. Aber auch stark wasserhaltige O/W-Lotionen mit Lipidanteilen von weniger als 20% sind für die Pflege der trockenen Haut nicht empfehlenswert. Präparate dieses Typs können den bei der trockenen Haut ohnehin erhöhten transepidermalen Wasserverlust weiter stimulieren („Doch­teffekt“) und damit die Hautaustrocknung verstärken [3].

Auf einen Blick

  • Neurodermitis geht einher mit einem Barrieredefekt der Haut und einem veränderten Haut-mikrobiom.
  • Die Basistherapie mit topischen Externa steht im Mittelpunkt der Behandlung.
  • Aus regulatorischer Sicht erfolgt eine Einteilung der Pflegepräparate in drei Kategorien: Arzneimittel, Medizinprodukte oder Kosmetika. ­Die englischsprachige Literatur unterscheidet „emollients“ von „emollients plus“.
  • Für die Auswahl einer adäquaten galenischen Grundlage gilt die Regel: „fett auf trocken“ und „feucht auf feucht“.
  • Als Bestandteile in der Basispflege eignen sich hydratisierende Wirkstoffe wie Harnstoff oder Glycerin, in ausgewählten Fällen auch ungesättigte Fettsäuren und Zink sowie Polidocanol und Gerbstoffe zur Juckreizlinderung.
  • Eine neue Therapieoption stellt die topische Applikation von Mikroorganismen dar. Sie zielt darauf ab, das gestörte Hautmikrobiom von Neurodermitis-Patienten zu verbessern.
  • Die Basistherapie wirkt präventiv, verlängert den Zeitraum bis zum Auftreten eines Krankheitsrezidivs und senkt den Verbrauch topischer Cortico­ide bei leichter bis mittelschwerer Neurodermitis.

Basispflege ganz konkret

An ein optimales Basistherapeutikum sind die verschiedensten Anforderungen zu stellen: Aus Sicht des Therapeuten sollte es eine gute und nachhaltige Versorgung der Haut mit Fett und Wasser garantieren sowie ein geringes allergenes Risiko aufweisen und eine möglichst geringe Irritation der Haut bewirken. Der Patient selbst erwartet eine gute Verstreichbarkeit, optimale Verträglichkeit und einen subjektiv angenehmen Geruch vom Pflegepräparat. Nur dann ist mit einer konsequenten, täglichen Pflege zu rechnen. Zur Förderung der Adhärenz ist eine gute Zusammenarbeit von Dermatologen und Apothekern wichtig. Bei ärztlicher Verordnung eines speziellen Präparats zur Basistherapie kommt dem beratenden Personal in der Apotheke die Aufgabe zu, dem Betroffenen die richtige Anwendung (siehe Kasten: „Allgemeine Pflegetipps“) und die erforderliche Auftragsmenge dieses Produkts zu erläutern [13]. Da die benötigte Menge an Basiscremes oft größer als vermutet ist, sollte der Neurodermitis-Patient über die Berechnung der notwendigen Menge des Topikums pro Fläche und über die Handhabung der „Fingerspitzen-Einheit“ instruiert werden (siehe Abb. 2). Bei der eigenverantwortlichen Auswahl einer geeigneten galenischen Grundlage in der Apotheke sind der aktuelle Hautzustand sowie die konkrete Lokalisation zu berücksichtigen. Generell gilt: Je trockener die Haut, desto fetthaltiger und somit rückfettender sollte das Pflegepräparat sein („fett auf trocken“). Im akuten Schub mit entzündeter und nässender Haut sind Externa mit höherem Wassergehalt und weniger Fett zu empfehlen („feucht auf feucht“). In der kalten Jahreszeit haben sich fetthaltige Cremes, in der warmen eher wasserhaltige Zubereitungen bewährt. Vor der Applikation im Kühlschrank aufbewahrte und damit gekühlte Präparate werden oft als angenehm empfunden. Ältere Kinder sollten die Pflege ihrer Haut möglichst selbst übernehmen. So können Irritationen durch zu starken Druck beim Applizieren vermieden werden [3].

Problem: Erstattungsfähigkeit

Seit Verabschiedung des Modernisierungsgesetzes zur gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2004 rückt die Frage nach der Erstattungsfähigkeit von Externa immer wieder in den Fokus. Seitdem müssen die Kosten für Basistherapeutika von Patienten mit Neurodermitis selbst getragen werden. Es gilt eine Ausnahmeregelung für Kinder bis zum 12. Lebensjahr, bei Entwicklungsstörungen bis zum 18. Lebensjahr. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung in der Neurodermitistherapie wird seitens der Leitlinien-Kommission eine generelle Kostenübernahme der Pflegepräparate durch die Krankenkassen empfohlen [1, 2, 33]. Im Sinne der Adhärenz ist diese Forderung angesichts der hohen, benötigten Anwendungsmenge, die für die Betroffenen mit erheblichen Kosten einhergeht, nur zu unterstützen. |

 

Literatur

 [1] Wollenberg A, Barbarot S, Bieber T et al. Consensus-based European guidelines for treatment of atopic eczema (atopic dermatitis) in adults and children: part I. J Eur Acad Dermatol Venereol 2018;32:657-682

 [2] Werfel T, Aberer W, Ahrens F et al. Leitlinie Neurodermitis. AWMF-Register 013/027, Stand: 31. März 2015, www.awmf.org

 [3] Winterhagen I. Beratungspraxis Neurodermitis. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2010

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 [5] Horimukai K, Morita K, Narita M et al. Application of moisturizer to neonates prevents development of atopic dermatitis. J Allergy Clin Immunol 2014;134:824-830

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 [9] Eberlein B, Eicke C, Reinhardt HW, Ring J. Adjuvant treatment of atopic eczema: assessment of an emollient containing N-palmitoylethanolamine (ATOPA study). J Eur Acad Dermatol Venereol 2008;22:73-82

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[13] Kresken J, Wollenberg A, Hünerbein A, Staubach P. Topische Basistherapie bei Neurodermitis – Evidenzbasierte Beratung in der Apotheke. Stellungnahme der GD Gesellschaft für Dermopharmazie e. V., 26. Juni 2019. www.gd-online.de

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[37] Roos TC, Brost H. Neurodermitis: Juckreiz und Hautentzündungen stoppen. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2004

Autorin

Ines Winterhagen, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Homöopathie und Naturheilkunde; Autorin für die DAZ und den Deutschen Apotheker Verlag; Mitglied im Aus- und Weiterbildungsausschuss der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg

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