Wirtschaft

Awinta-Außendienst wetterte gegen Red Medical

Konnektorenanbieter im Streit über Kosten, Technik und Warenwirtschaftsanbindung / Awinta-Geschäftsführer entschuldigt sich

eda | Bis Ende September 2020 müssen alle Apotheken in Deutschland an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden sein. Die Zutaten für einen erfolgreichen TI-Anschluss sollten mittlerweile allgemein bekannt sein: E-Health-Konnektor und Kartenterminals, dazu einen VPN-Zugangsdienst sowie zertifizierte Software und zu guter Letzt noch Heilberufsausweise sowie die Institutionskarte. Für Furore sorgt Red Medical Systems, ein Münchener Unternehmen, das meint, es könne auch ganz ohne Konnektoren in den Apotheken gehen. Davon halten die etablierten Softwareanbieter im Apothekenmarkt nicht viel. Außendienstmitarbeiter von Awinta gingen jetzt offenbar einige Schritte zu weit.

Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) hat den Apotheken in Deutschland eine wichtige Frist gesetzt: Bis Ende September 2020 müssen sich alle Betriebe an die Telematikinfrastruktur angeschlossen haben. Dazu sind diverse Anschaffungen erforderlich – unter anderem geht es um Kartenterminals und einen sogenannten E-Health-Konnektor, hinzu kommen elektronische Heilberufsausweise (HBA) sowie Institutions­karte. Die TI ist gewissermaßen die Datenautobahn des Gesundheitssystems, auf der die E-Rezepte und E-Medikationspläne zukünftig ausgetauscht werden sollen.

Den elektronischen Heilberufsausweis sowie die Institutionskarte erhalten die Apotheken von ihrer jeweiligen Apothekerkammer. Doch auch weitere Anbieter im Markt, wie die Softwarehäuser oder der Deutsche Apotheker Verlag, bieten die Karten sowie andere Komponenten in TI-Paketen an. Das Herzstück bildet der Konnektor, der explizit eine Zulassung als E-Health-Konnektor haben muss.

„Konnektorenfarm“ ersetzt Hardware in der Apotheke

Ein Anbieter im Markt wirbt allerdings damit, dass sich gar nicht jede Apotheke einen eigenen Konnektor in die Offizin stellen muss. Dahinter steht das Münchener Unternehmen Red Medical Systems, das web- und rechenzentrum­basierte Lösungen für das Gesundheitswesen entwickelt und vertreibt, zum Beispiel eine web­basierte Arztsoftware, ein System für Videosprechstunden und eben auch eine eigene Lösung für den TI-Anschluss für Ärzte und Apotheker. Im Gegensatz zu den gängigen TI-Angeboten steht der Konnektor nicht in der Apotheke oder Praxis, sondern im Rechenzentrum von Red Medical Systems. Die Firma selbst nennt das eine „Konnektorenfarm“.

Zweifel und Vorbehalte gegenüber dem Anbieter

Die etablierten Softwareanbieter im Apothekenmarkt halten von dem Konzept jedoch nicht viel. Doch die anfänglichen Zweifel und Vorbehalte gegenüber dem Anbieter der „Konnektorenfarm“ konnten sich Stand heute zum größten Teil nicht bestätigen. Das TI-Paket von Red Medical Systems beinhaltet Konnektoren mit Gematik-Zulassung, ist durch die Erstattungspauschale gedeckt und lässt sich laut Aussage der Firma an jedes Warenwirtschaftssystem anschließen. Eine Kooperation besteht zudem mit der Deos Software GmbH, die ein Apple-macOS-basiertes Warenwirtschaftssystem vertreibt.

In einem offenen Brief wandte sich Jochen Brüggemann, Geschäftsführer von Red Medical Systems, Anfang der Woche an die Chefs von Awinta, der Softwaretochter des Gesundheitsdienstleisters Noventi. Darin moniert er, dass Außendienstmitarbeiter in Apotheken eine Präsentation verteilen würden, die den Titel trägt: „Red Medical Systems GmbH aus Sicht der Noventi!” Brüggemann leitet sein vierseitiges Schreiben mit den Worten ein: „Ich verstehe, dass es Ihnen missfällt, sich nach Jahren der Monopolstellung nun endlich dem Wettbewerb stellen zu müssen, aber das bedeutet nicht, dass Sie deswegen den Pfad der Wahrheit verlassen müssen. In der oben genannten Präsentation werden von Ihnen eine ganze Reihe von Behauptungen aufgestellt, die schlichtweg falsch sind.“

Dann beginnt eine Aufzählung verschiedener Zitate aus der Präsentation, die der Red-Medical-Chef als „Behauptungen“ bezeichnet und denen er seine „Wahrheiten“ jeweils gegenüberstellt. (Geben Sie auf DAZ.online in das Suchfeld den Webcode R8XH8 ein und Sie gelangen direkt zum Dokument.) Zum Schluss setzt Brüggemann Awinta eine Frist, „die wahrheitswidrigen und wettbewerbsrechtlich relevanten Aussagen zu widerrufen und zu erklären, dass Sie diese nicht weiter verbreiten“.

Versöhnliche Worte von Awinta

Eine Reaktion aus dem Hause Awinta ließ nicht lange auf sich warten. In einem kurzen, aber deutlichen Statement distanziert sich Geschäftsführer Gordian Schöllhorn von der Präsentation und vom Vorgehen einzelner Mitarbeiter. In einer Mitteilung, die der AZ vorliegt, heißt es:

„Wir bedauern den Vorgang sehr, dass in diesem Fall scheinbar Ausarbeitungen einzelner Mitarbeiter der Awinta GmbH nach außen getragen wurden. Von diesen Aussagen Einzelner distanzieren wir uns deutlich und entschuldigen uns formal bei der Red Medical Systems GmbH. Diese Inhalte entsprechen nicht der Haltung von Awinta und die Verantwortlichen tragen dafür die Konsequenzen. Die Unter­nehmensleitung toleriert dieses Vorgehen nicht und wird dafür Sorge tragen, dass es gegenüber den einzelnen be­troffenen Apotheken eine Richtigstellung der unzutreffenden oder miss­verständlichen Aussagen gibt und solche Fehler zukünftig nicht mehr passieren werden.“ |

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