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Gesundheitspolitik
Grippeimpfung in Apotheken kann im Herbst starten
AOK Rheinland/Hamburg und AVNR schließen bundesweit erste Vereinbarung zu Modellvorhaben
cha | Als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schon bald nach seinem Amtsantritt den Anstoß dazu gab, dass zukünftig auch Apotheker gegen Grippe impfen sollen, konnte noch niemand ahnen, welche Relevanz dies in naher Zukunft haben würde. Denn vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und einem möglichen Anstieg der Erkrankungszahlen im Herbst ist es wichtig, eine starke Grippewelle mit zahlreichen Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Eine sinnvolle Maßnahme ist daher, die viel zu niedrige Durchimpfungsrate der Bevölkerung zu erhöhen – und genau dazu sollen die Grippeimpfungen in der Apotheke beitragen. Nachdem im Masernschutzgesetz die rechtlichen Grundlagen geschaffen wurden, kann es mit den Modellprojekten losgehen. Die bundesweit erste Vereinbarung haben nun der Apothekerverband Nordrhein und die AOK Rheinland/Hamburg geschlossen. Danach sollen Impfungen in den Apotheken mit Beginn der kommenden Grippesaison im Herbst durchgeführt werden.
In einer gemeinsamen Pressemeldung teilen der Apothekerverband Nordrhein und die AOK Rheinland/Hamburg mit, dass das Modellvorhaben über einen Zeitraum von drei Jahren läuft und „nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards begleitet und ausgewertet“ wird. Thomas Preis, Vorsitzender des AV Nordrhein, betont dabei: „Unser Ziel ist es, die Durchimpfungsraten weiter zu steigern. Dabei sehen wir unser Angebot als eine Ergänzung zum Impfangebot der Ärzteschaft.“ Bislang seien nur rund 35 Prozent der Bundesbürger ab 60 Jahren gegen Grippe geimpft, so Preis; damit sei Deutschland von den auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO angestrebten 75 Prozent noch weit entfernt.
Der Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg Günter Wältermann verweist in der Pressemeldung darauf, dass allein die Grippewelle 2017/2018 über 25.000 Menschen in Deutschland das Leben gekostet habe. Mit den Apotheken vor Ort werde eine weitere qualitätsgesicherte und patientennahe Anlaufstelle im Gesundheitswesen genutzt, um die Durchimpfungsraten zu erhöhen. Zudem verweist Wältermann auf die positiven Erfahrungen mit vergleichbaren Angeboten durch Apotheken in anderen europäischen Ländern; hier sei es nachweislich zu einer deutlichen Steigerung der Durchimpfungsrate gekommen.
Über das weitere Procedere informiert der AV Nordrhein in einem Sonderrundschreiben. Danach können die Apotheken in den vier Modellregionen dem Modellvorhaben beitreten, wenn sie die persönlichen und räumlichen Voraussetzungen zum Impfen nach den gesetzgeberischen Vorgaben – neben der ärztlichen Schulung gehört dazu ein geeigneter Raum mit Sitzmöglichkeiten und Liege – erfüllen. Derzeit ist jedoch noch kein Beitritt möglich, da vor dem endgültigen Abschluss der Verträge noch die Stellungnahmen des Robert Koch-Instituts (RKI) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) abgewartet werden müssen. Geplant ist, so Preis gegenüber der AZ, dass die Schulungen Ende August starten. Er rechnet mit rund 100 teilnehmenden Apotheken.
12,61 Euro pro Impfung sind eher knapp bemessen
Besonders spannend ist natürlich die Frage, wie die Impfungen vergütet werden. Schließlich muss ja ein nicht unerheblicher Aufwand getrieben werden – angefangen von der Schulung über Verbrauchsmaterialien bis hin zur Arbeitszeit des impfenden Apothekers. Die AOK Rheinland/Hamburg und der Apothekerverband Nordrhein haben sich auf eine Vergütung von 12,61 Euro netto pro Impfung geeinigt. Dazu kommt der Impfstoff; dieser wird laut Arzneimittelpreisverordnung mit einem Zuschlag von 1 Euro pro Impfdosis bezahlt. Die Gesundheitsökonomen Cosima Bauer und Prof. Dr. Uwe May hatten in einem AZ-Interview (siehe AZ 2019, Nr. 27, S. 5) unter Berufung auf eigene Modellrechnungen eine Honorierung von 14 Euro je Grippeimpfung als angemessen erachtet. Die vereinbarten 12,61 Euro liegen einiges darunter. Auch Thomas Preis findet, dass das Honorar knapp bemessen sei. „Wie haben aber einen akzeptablen Preis erreicht“, so Preis gegenüber der Apotheker Zeitung. |
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