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Wirtschaft
Zyto-Apotheker mit Riesen-Retaxationen
Rückwirkende Rabatte als Kompromiss bei Verhandlungen zur Hilfstaxe / Forderung nach direkten Preisvereinbarungen zwischen Herstellern und Kassen
Vorausgegangen war dem Kompromiss, den der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband Anfang des Jahres fanden, ein langes Hickhack inklusive Schiedsspruch, Klage und Vergleich. Der Knackpunkt dieses Kompromisses ist, dass die Kassen dank der neu verhandelten Anlage 3 der Hilfstaxe die Möglichkeit haben, für einzelne Wirkstoffe beziehungsweise Fertigarzneimittel rückwirkende Rabatte zu erheben. Dies führt nun dazu, dass zurzeit von einzelnen Kassen Rückforderungen im fünf- und sechsstelligen Bereich erhoben werden. Und das könnte, fürchtet die „Arbeitsgemeinschaft parenterale Zubereitungen“ (ARGE PareZu), erst der Anfang sein.
Dr. Franz Stadler, der die ARGE PareZu mit ins Leben gerufen hat, kritisiert insbesondere, dass hier „Riesensummen“ zurückgefordert würden, und es werde noch viel mehr auf die Apotheken zukommen. Dies schlage sich voll auf die Liquidität durch. Die Krankenkassen gingen davon aus, dass die Apotheken die Rabatte seinerzeit schon bekommen hätten, aber das sei gar nicht unbedingt gesagt. Problematisch sei dies vor allem für kleinere Apotheken. Rückwirkende Rabatte seien, so Stadler, kompletter Unsinn. Vielmehr müsste die Hilfstaxe auf eine neue Basis gestellt werden, bei der die Kassen mit den Herstellern die Preise direkt vereinbaren. Kritik übt Stadler weiter an der Verhandlungsführung des Deutschen Apothekerverbands. In der gesamten Verhandlungskommission gebe es keinen einzigen Betroffenen, der die Preissenkungen zu spüren bekomme.
Das sieht der Verhandlungsführer des Deutschen Apothekerverbands Dr. Klaus Michels naturgemäß ganz anders. Er erklärt, dass sich mit Einführung der Nachahmerpräparate die Rabatte entwickelten. Für die rückwirkenden Rabatte habe man sich etwa auf die Hälfte der neu festgelegten Rabatte geeinigt. Nach einem zunächst moderaten Beginn seien diese für die betroffenen Wirkstoffe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon einige Zeit in nahezu voller Höhe im Markt gewesen, was von den Krankenkassen auf Basis ihrer Abfragen bei den Herstellern belegt wurde. Das Fazit von Michels: „Man hat sich somit unter Beteiligung des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker in den Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband auf einen rückwirkenden Rabattsatz geeinigt, der aufgrund dieser Erkenntnisse sachgerecht ist.“
Peterseim: Haben Mitgliedern zu Rücklagen geraten
Dr. Klaus Peterseim, Präsident des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA), findet zwar die aktuellen Retaxationen „in der Tat zum Teil recht spektakulär aufgrund der Höhe“, aber sie kämen nicht überraschend. „Der VZA hat seine Mitglieder immer wieder darauf hingewiesen, dass dies auf uns zukommt, und die Kolleg/innen aufgefordert, entsprechende Rücklagen zu bilden und bilanziell Rückstellungen vorzunehmen“, so Peterseim. Die Rückwirkung selbst und die zugehörigen Prozentsätze seien wie immer ein Kompromiss, auf den sich die Verhandlungskommissionen des DAV und des GKV-Spitzenverbands verständigt hätten. Dieser sei „nicht rundherum zufriedenstellend, aber so ist das halt mit den Kompromissen“. Besonders ärgerlich sei und bleibe in diesem Zusammenhang „die konstante Weigerung der Kassen, über eine angemessene Erhöhung der Dienstleistungspauschale auch nur zu verhandeln“. Schließlich habe der VZA mit einem sehr qualifizierten Gutachten nachgewiesen, dass der Wert etwa 130 Euro betragen müsste.
Christiane König, die als Vorstandsmitglied des VZA in die Verhandlungen eingebunden war, ist zwar der Ansicht, dass rückwirkende Rabatte „ein Unding“ sind. Diese Regelung sei jedoch im Rahmen des Vergleichs zwischen DAV und GKV-Spitzenverband im Gegenzug für die Streichung von automatisch zu gewährenden und damit ebenfalls problematischen Rabatten auf neue Arzneimittel (Originalia) und neu generisch werdende Arzneimittel vereinbart worden. Auch König betont, dass man den Zyto-Apothekern geraten habe, sie sollten Einkaufsvorteile, die sie für die betreffenden Substanzen bekommen hätten, in die Reserve packen, denn: „Die Kassen werden sich das zurückholen.“
König: Kassen haben einfache Lösung im GSAV verhindert
Das Ziel müsse sein, so König, die ganze Abrechnung transparenter und einfacher zu machen. Im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) sei zunächst geplant gewesen, dass die Kassen direkt mit den Herstellern die Preise verhandeln und die Apotheker 110 Euro als Arbeitspreis bekommen. Dagegen seien die Kassen jedoch Sturm gelaufen und hätten den Gesetzgeber gedrängt, diese Regelung wieder aus dem GSAV zu entfernen – mit Erfolg. |
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