Gesundheitspolitik

Zulässiger Bonus für PKV-Versicherte

Erst später zu verrechnende Boni sind zulässig / Gewinnspiele werden EuGH-Vorlage

ks | In zwei Verfahren der Apothekerkammer Nordrhein hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 20. Februar eine Entscheidung verkündet – ein Urteil erging aber nur in einem Fall, im anderen entschieden die Richter, zunächst den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen.

Zum einen ging es um den „Sofort-Bonus“ der mittlerweile in der Shop Apotheke aufgegangenen Europa Apotheek für Privatpatienten. Bis zu 30 Euro pro Rezept sollte es geben – auch heute findet sich ein solches Angebot noch bei der Shop Apotheke. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart befand diesen Bonus im Dezember 2018 für zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen: Es handelt sich nicht um einen Barrabatt, der unmittelbar den vom Patienten zu zahlenden Preis mindert – als Privatversicherter hat er in der Regel in Vorleistung zu gehen und rechnet erst später mit seinem Versicherer ab. Der PKV-Versicherte erhält für sein ­Rezept vielmehr einen Bonus, der erst später beim Kauf eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels verrechnet wird. Hierdurch, so das OLG, werde der Kaufpreis des verordneten Arzneimittels und damit der Erstattungsanspruch des Kunden gegenüber seiner Versicherung nicht gemindert. Einen solchen Bonus auszu­loben sei daher nicht unlauter. Dieses Urteil hat der BGH nun bestätigt. Auf die Urteilsbegründung wird man aber noch einige Monate warten müssen.

Das andere Verfahren betrifft ein an eine Rezepteinlösung gekoppeltes Gewinnspiel von DocMorris aus dem Jahr 2015. Wer mitmachte und ein Rezept einschickte, nahm an der Verlosung eines E-Bikes im Wert von 2500 Euro teil. Zudem waren neun hochwertige elektrische Zahnbürsten ausgelobt. In erster Instanz fiel das Urteil – ­ergangen nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 – zugunsten von DocMorris aus. Das Landgericht Frankfurt war der Auffassung, die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) müssten nach der EuGH-Entscheidung vom Oktober 2016 europarechtskonform ausgelegt werden – und zwar dahingehend, dass sie hier nicht zur Anwendung kommen. Doch das OLG Frankfurt kassierte die Entscheidung der Vorinstanz. Die Teilnahme an dem Gewinnspiel stelle eine unzulässige Zugabe dar, die nicht mehr geringwertig sei. Es liege damit ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 HWG normierte Zuwendungsverbot vor. Die EuGH-Entscheidung habe schon wegen der unterschiedlichen Schutzzwecke von Heilmittelwerberecht und Arzneimittelpreisrecht keinen Einfluss auf die Wertungen des § 7 Abs. 1 HWG.

Diesen Streit hat der BGH nun ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt. Der BGH will wissen, ob es mit den europäischen Vorschriften zur Arzneimittelwerbung vereinbar ist, wenn man das im Heilmittelwerbegesetz normierte Zugabeverbot im hier vorliegenden Fall für anwendbar hält. Heißt konkret: Kann § 7 Abs. 1 HWG so ausgelegt werden, dass er einem EU-Versender verbietet, mit einem Gewinnspiel zu werben, das an eine Rezepteinlösung gekoppelt ist und bei dem kein Arzneimittel, sondern ein anderer Gegenstand als Gewinn ausgelobt ist und überdies „nicht zu befürchten ist, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird“.

Anders als im Oktober 2016 geht es also nicht um einen Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht. In diesem Punkt hat der EuGH ­entschieden, dass EU-Versender sich nicht an die deutsche Preisbindung für Rx-Arzneimittel halten müssen. Vielmehr stehen jetzt Fragen des Heilmittelwerberechts im Mittelpunkt – diese hatte der EuGH 2016 ausgeblendet. |

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