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Arzneimittel und Therapie
Der übersehene Infarkt
Screening und konsequente Sekundärprophylaxe soll Prognose verbessern
Ein unentdeckter Herzinfarkt bleibt während der akuten Phase undiagnostiziert, da typische Symptome ausbleiben. Im Nachgang wird dieser entweder durch pathologische Befunde im Elektrokardiogramm (EKG), durch bildgebende Verfahren oder im Rahmen einer Autopsie detektiert. Gerade bei älteren Patienten und Diabetikern bleiben Myokardinfarkte häufig unentdeckt. Die Gesamtrate wird auf etwa 33% bis 50% aller Ereignisse geschätzt. Das ist von hoher klinischer Relevanz: Epidemiologische Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen unentdeckten Myokardinfarkten und der Gesamtmortalität, wiederkehrenden kardiovaskulären Erkrankungen sowie einer Herzinsuffizienz. Ob die Diagnose eines vergangenen Myokardinfarkts einen prognostischen Nutzen gegenüber anderen, etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren darstellt, bleibt unklar. Dementsprechend plädieren akademische Leitlinien bisher nicht eindeutig für ein regelmäßiges Screening asymptomatischer Patienten, selbst bei hohen kardiovaskulären Risiken. Neben dem EKG kommen in den letzten Jahren vermehrt bildgebende Verfahren wie die kardiale Magnetresonanztomographie (MRT) zur Diagnostik unentdeckter Infarkte zum Einsatz.
In einem systematischen Review mit anschließender Metaanalyse näherte man sich dieser Problemstellung. Die Ergebnisse wurden im British Medical Journal (BMJ) veröffentlicht. Die Studienautoren untersuchten, wie sich die Diagnose eines unentdeckten Myokardinfarkts auf die kardiovaskuläre Prognose sowie die Gesamtmortalität im Vergleich zur Prognose von Patienten nach erkanntem Infarkt oder Probanden ohne Myokardinfarkt auswirkt.
Von 116 für das Review berücksichtigten Veröffentlichungen wurden 30 prospektive Kohortenstudien für die Metaanalyse herangezogen. Für diese wurden die Daten von insgesamt 253.425 Patienten mit 1.621.920 Personenjahren zur Nachbeobachtung aufgenommen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne vorhergehenden Infarkt war ein unentdeckter, mittels EKG nachträglich diagnostizierter Myokardinfarkt mit einer erhöhten Gesamtmortalität (Hazard Ratio [HR]: 1,50; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,30 – 1,73), kardiovaskulären Mortalität (HR: 2,33; 95%-KI: 1,66 – 3,27) und schwerwiegenden kardialen Ereignissen (HR: 1,61; 95%-KI: 1,38 – 1,89) assoziiert. Vergleichbare Resultate wurden auch für die mittels MRT diagnostizierten unentdeckten Infarkte erhalten. Zwischen erkannten und unerkannten Myokardinfarkten fanden sich hingegen keine signifikanten Unterschiede in den genannten Primärparametern.
Bezogen auf 1000 Personenjahre wurden für Patienten mit unerkannten Myokardinfarkten im Vergleich zu Teilnehmern ohne vorhergehenden Infarkt eine absolute Risikodifferenz von 7,50/32,49 (EKG/MRT) Jahren für die Gesamtmortalität, von 11,04/37,2 für die kardiovaskuläre Mortalität sowie von 27,45/51,96 für schwerwiegende kardiale Ereignisse errechnet. Ein unerkannter Herzinfarkt wurde bei der Untersuchung mittels Elektrokardiogramm seltener erkannt als bei der Magnetresonanztomographie.
Fazit
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass ein mit EKG oder MRT diagnostizierter unentdeckter Myokardinfarkt mit einer ähnlich schlechten Prognose assoziiert ist wie ein im Akutzustand diagnostizierter Infarkt. Daher erscheint ein zukünftiges Screening von Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko auf undiagnostizierte Myokardinfarkte sinnvoll. Weiterhin bemängeln die Autoren, dass im Gegensatz zu den klinischen Myokardinfarktpatienten weniger als die Hälfte der Betroffenen mit nachträglich erkannten Myokardinfarkten eine medikamentöse Sekundärprophylaxe erhalten. Der Verzicht auf medikamentöse Maßnahmen bei diesen Patienten sei laut einer weiteren Kohortenstudie mit einer erhöhten Mortalität assoziiert gewesen. |
Literatur
Yang Y et al. Prognosis of unrecognized myocardial infarction determined by electrocardiography or cardiac magnetic resonance imaging: systematic review and meta-analysis. BMJ 2020;369:m1184.
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