Kongresse

Prüfpflichten des Apothekers

Was bei CBD- und THC-haltigen Produkten erlaubt ist

Cannabis und THC-haltige Produkte dürfen nur auf Betäubungsmittel­rezept abgegeben werden. Wie die Prüfpflichten der Apotheker bei der Abgabe aussehen, war Teil des diesjährigen Cannabis-Gipfels online. Zudem beantwortete der Vortrag von Isabel Kuhlen die Frage, was bei Cannabidiol-haltigen Produkten erlaubt ist.

Apothekerin und Rechtsanwältin Isabel Kuhlen erläuterte im Rahmen einer Online-Fortbildung, dass folgende Cannabis-Produkte gemäß Betäubungsmittelgesetz und Sozialgesetzbuch V verkehrs- und verordnungs­fähig sowie erstattungsfähig sind:

  • Cannabis in Form getrockneter Blüten
  • Cannabis-Extrakte in standardisierter Qualität und
  • die Wirkstoffe Dronabinol und Nabilon.

Liegt die Verordnung eines solchen Präparats auf Betäubungsmittelrezept in der Apotheke vor, darf dieses unter Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften beliefert werden.

Prüfpflicht

Voraussetzung ist, dass ein Vertragsarzt die Verordnung ausgestellt hat. Gesetzlich hat der Apotheker keine Prüfpflicht, ob die Krankenkasse des Versicherten eine Kostenübernahme genehmigt hat. Allerdings wird dennoch eine Prüfung dringend empfohlen, da sonst der Arzt regresspflichtig wird und dies das Arzt-Apotheker-Verhältnis stören könnte. Weiterhin hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem Urteil eine Prüfpflicht des Apothekers unterstellt. Daher empfiehlt Rechtsanwältin Kuhlen, sich die Kostenübernahme-Genehmigung der Krankenkasse vom Versicherten vorlegen zu lassen. Wenn man allerdings eine Retaxation mit der Begründung erhält, dass keine Kostenübernahme-Genehmigung vorliegt, sollte man auf jeden Fall dagegen vorgehen. Denn es gibt keine Rechtsgrundlage, aufgrund derer die Apotheke zur Überprüfung der Kostenübernahme verpflichtet wäre. Verordnet ein Arzt einen Einzelimport (§ 73 Abs. 3 AMG), so ist der Apotheker stets in der Prüfpflicht, ob eine Genehmigung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse vorliegt.

Die Online-Fortbildung „Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit von THC- und CBD-haltigen Produkten - Prüfpflichten des Apothekers“ fand statt im Rahmen der Fortbildungsreihe „Cannabis Gipfel online“.

Aufgrund diverser Lieferschwierigkeiten bei Cannabis standen Patienten in der Vergangenheit immer wieder vor dem Problem, dass sie für jede andere Blütensorte eine neue Genehmigung brauchten. Hier wurde mit § 31 Abs. 6 S. 4 Sozialgesetzbuch V nachgebessert. Inzwischen ist keine neue Genehmigung notwendig, wenn

  • eine Genehmigung für Cannabis­blüten vorliegt und es zu einem Wechsel der Blütensorte kommt,
  • eine Genehmigung für einen Cannabisextrakt vorliegt und der Extrakt gewechselt wird,
  • bei einer genehmigten Cannabinoid-Versorgung die Dosierung geändert wird.

Fahrtauglichkeit

Erhält ein Patient Cannabinoide auf Rezept, gab es am Anfang auch große Unsicherheit zur Fahrtauglichkeit bei Polizei und Behörden. Mittlerweile ist klar, dass Patienten fahren dürfen, wenn sie in der Lage sind, das Fahrzeug sicher zu führen. Daher kann es bei der Belieferung einer Cannabinoid-Verordnung sinnvoll sein, dem Patienten eine Kopie der ärztlichen Verordnung auszuhändigen. So kann er bei einer Kontrolle belegen, dass THC zu Therapiezwecken eingenommen wird.

CBD-Produkte im Visier

Im zweiten Teil des Vortrags ging Kuhlen auf den Wildwuchs um Cannabidiol ein. So waren eine zeitlang in Drogerien, Reformhäusern und auch Apotheken verschiedene Cannabidiol-haltige Produkte zu erwerben. Diese wurden häufig als Nahrungsergänzungsmittel deklariert. Allerdings ist Cannabidiol bereits seit Oktober 2016 verschreibungspflichtig. Es wird nicht in § 31 Abs. 6 SGB V erfasst, sodass keine Kostenübernahme durch die Krankenkasse unterstellt werden kann. Dies kann höchstens durch eine Einzelgenehmigung erreicht werden.

Eine Ausnahme bildet Epidyolex®, hochreines Cannabidiol, das als Fertigarzneimittel zur Behandlung von seltenen und schweren Formen der kind­lichen Epilepsie zugelassen ist. Dieses ist sowohl verkehrs- als auch verordnungsfähig und auch erstattungsfähig.

Nachdem der Wildwuchs CBD-haltiger Produkte in den Regalen von Drogerien und Supermärkten schnell eingedämmt wurde, ist die Nachfrage nach Cannabidiol-Öl in der Apotheke weiterhin vorhanden. Cannabis-Extrakte dürfen allerdings nur dann an Endverbraucher abgegeben werden, wenn sie aus Nutzhanf hergestellt wurden und einen Gehalt an Tetrahydrocannabi­diol (THC) ≤ 0,2% aufweisen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sieht für Cannabidiol anxiolytische, antipsychotische, antiemetische, neuroprotektive, antikonvulsive, sedative und antiinflammatorische Eigenschaften als gegeben. Da zahlreiche CBD-haltige Produkte als Präsentationsarzneimittel auftreten (s. Kasten „Präsentationsarzneimittel“) und eben solche Wirkungen beispielsweise in ihrer Werbung versprechen, dürfen diese nicht als Nahrungser­gänzungsmittel in Verkehr gebracht werden. Sie benötigen eine Zulassung als Arzneimittel.

Präsentations­arzneimittel

Gemäß § 2 Abs. 1 AMG gilt ein Produkt auch dann als Arzneimittel, wenn es beispielsweise in der Werbung wie ein Arzneimittel auftritt. Präsentationsarzneimittel sind wie folgt definiert:

„Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (Präsentationsarzneimittel)“.

Weiterhin ist Cannabidiol aufgrund der Novel-Food-Verordnung ohne Zulassung nicht als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig, auch wenn in der Werbung keine medizinische oder pharmakologische Wirkung ausgelobt wird. Es müsste eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel beantragt/erteilt werden.

Rezepturen, die Cannabidiol enthalten, wie ölige Cannabidiol-Lösung 50 mg/ml (NRF 22.10), sind verkehrsfähig, dürfen aber nur auf ärztliche Verordnung abgegeben werden. Bei einem THC-Gehalt ≤ 0,2% erfolgt in der Regel eine Verordnung auf Privatrezept, ein BtM-Rezept ist dann nicht notwendig. Eine Erstattung durch die Krankenkasse ist nur auf Einzelfall­genehmigung möglich. Den Antrag hierfür muss der Patient mit ausführlicher ärztlicher Begründung stellen.

Auch bei CBD-haltigen Kosmetikprodukten ist Vorsicht geboten. Diese werden teilweise ebenfalls mit pharmakologischen Wirkungen beworben, sodass ein Präsentationsarzneimittel vorliegt. Eine Ausnahme bilden Hanfsamen-Produkte wie Hanfsamen-Öl. Diese dürfen als Nahrungsergänzungs­mittel in Verkehr gebracht werden, wenn sie nicht als Präsentationsarzneimittel vermarktet werden.

Fazit

Während die Prüfpflichten des Apothekers bei der Abgabe von Cannabis-Produkten auf BtM-Rezept überschaubar sind, ist bei der Nachfrage nach Cannabidiol-haltigen Produkten Vorsicht geboten. Letztlich dürfen nur Hanfsamen-Produkte als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht werden, wenn sie nicht als Präsenta­tionsarzneimittel vermarktet werden. Ansonsten unterliegen CBD-haltige Produkte hingegen in der Regel der Verschreibungspflicht. |

Apothekerin Dr. Karin Schmiedel

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