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Beratung
Problematische Antihistaminika
Warnhinweise und Zulassungseinschränkungen sollen Kinder schützen
Auf den ersten Blick unterscheidet sich der aktuelle Zulassungsstatus der Antihistaminika der ersten Generation nicht von dem vor der Diskussion um Sicherheitsbedenken bei der Anwendung in der Pädiatrie: Doxylamin (Sedaplus® Saft) ist weiterhin ab dem sechsten Lebensmonat für die Behandlung von Schlafstörungen zugelassen [9, 14]. Dimenhydrinat (z. B. Vomex A® Sirup) kann bei Kindern ab 6 kg Körpergewicht eingesetzt werden. Mit Diphenhydramin stehen seit 1. Juni 2020 nur noch eine Darreichungsformen für Kinder ab sechs Jahren zur Verfügung (z. B. Emesan® Tabletten). Zuvor war mit Emesan® K Kinderzäpfchen auch noch eine Darreichungsform für Kinder ab 8 kg Körpergewicht im Handel. Anwendungsgebiet ist (bzw. war) laut Fachinformation die „symptomatische Therapie und Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen unterschiedlicher Genese, insbesondere von Kinetosen“ [2, 18, 31]. Also doch alles beim Alten? Nein, denn „Doxylamin – zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern bis 18 Jahren“ ist seit dem 1. Januar 2019 der Verschreibungspflicht unterstellt [3]. Für Dimenhydrinat und Diphenhydramin wurde 2017 mit Abschluss des Stufenplanverfahrens der Stufe II durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Aufnahme verschiedener Warnhinweise in die Fachinformationen angeordnet [8]. Dadurch ist die Gabe dieser beiden Wirkstoffe bei Kindern unter drei Jahren im Rahmen einer akuten Gastroenteritis mit Erbrechen und Fieber und bei fieberhaften Infekten kontraindiziert [8]. Hinzu kommt ein – besonders hervorgehobener – Hinweis, dass Überdosierungen mit Dimenhydrinat/Diphenhydramin insbesondere bei Kindern unter drei Jahren lebensbedrohlich sein können und in dieser Altersgruppe daher unter allen Umständen vermieden werden müssen [2, 8, 18].
Trügerische Sicherheit
Jahrzehntelang waren die drei genannten Antihistaminika der ersten Generation – scheinbar ohne größere Bedenken hinsichtlich unerwünschter Arzneimittelwirkungen – fester Bestandteil der Arzneimitteltherapie bei Kindern [13, 26]. Aufgrund der langjährigen Anwendung und der Tatsache, dass sie nicht verschreibungspflichtig waren, wurden die Präparate vermutlich von vielen als wirksam und harmlos angesehen [13, 24, 27]. Dies änderte sich, als im Jahr 2012 die Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter (KASK) Sicherheitsbedenken bei der rezeptfreien Abgabe von Antihistaminika der ersten Generation für Kinder- und Jugendliche äußerte. Sie betonte, dass insbesondere Ein- bis Dreijährige zu schützen wären [20]. In der Folge veröffentlichte das BfArM im gleichen Jahr (aktualisiert 2013) einen Warnhinweis, dass vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern Nebenwirkungen auftreten können und Überdosierungen deshalb unbedingt zu vermeiden sind [7]. Daraufhin kam es zu vermehrten Meldungen von Todesfällen bei Kindern im Alter bis zu drei Jahren, die mit Dimenhydrinat oder Diphenhydramin behandelt worden waren. Das BfArM leitete infolgedessen ein Risikobewertungsverfahren zur Anwendung der beiden Wirkstoffe in dieser Altersgruppe ein. Daraus resultierten schließlich die oben beschriebenen Zulassungseinschränkungen. Da es sich bei Dimenhydrinat um das Salz aus Diphenhydramin und 8-Chlortheophyllin handelt, wurden die beiden Wirkstoffe aufgrund der gemeinsamen antiemetisch wirkenden Substanz zusammen bewertet [8].
Von der Nebenwirkung zum Hauptverwendungszweck
Ursprünglich als Antiallergika gedacht, wurden die Antihistaminika der ersten Generation aus den gleichen Substanzen wie beispielsweise Tranquilizer und Anticholinergika vom Muskarintyp entwickelt. Dies erklärt ihre geringe Rezeptorselektivität, die zu anticholinergen Wirkungen wie Agitation und tachykarden Herzrhythmusstörungen (QT-Zeit-Verlängerung) führen kann [3, 6]. Zudem sind sie durch ihre hohe Lipophilie gut ZNS-gängig und wirken an zentralen H1-Rezeptoren sedierend [4, 13]. Durch Überdosierungen sind bei Kindern Halluzinationen und Krämpfe und bei Säuglingen vermehrt Atemstörungen bis hin zum kardiorespiratorischen Kollaps möglich [20]. Da die zentralen Wirkungen von Diphenhydramin, Dimenhydrinat und Doxylamin ihre antiallergischen Wirkungen überdecken, werden sie in dieser Indikation seit den 1980er-Jahren zunehmend von den Antihistaminika der zweiten Generation ersetzt. Heute werden die Antihistaminika der ersten Generation vor allem als Sedativa oder Antiemetika verwendet [4, 6, 13]. Ihre ehemaligen Nebenwirkungen wurden also zum heutigen Hauptverwendungszweck [4, 6, 13].
Kleinkinder besonders gefährdet
Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen zerebralen Entwicklung sind insbesondere Säuglinge und Kleinkinder unter drei Jahren besonders vulnerabel für die zentral vermittelten Nebenwirkungen der Antihistaminika der ersten Generation. Sie reagieren in dieser Entwicklungsphase gesteigert auf zentral wirksame Arzneimittel, beispielsweise mit Atemdepression und Krämpfen [20]. Zudem neigen Säuglinge und Kleinkinder zu Fieberkrämpfen im Rahmen von Infekten. Das Risiko kann durch die Gabe eines potenziell krampfauslösenden Arzneimittels erhöht werden [8]. Hinzu kommt, dass sie in der Pädiatrie am häufigsten von akuten infektiösen Gastroenteritiden betroffen sind und deshalb vermutlich überdurchschnittlich oft mit Antihistaminika der ersten Generation behandelt werden [1, 20, 26]. Auch ist vorstellbar, dass Arzneimittel mit Dimenhydrinat, Diphenhydramin und Doxylamin zusätzlich off label zur Beruhigung bzw. Ruhigstellung eingesetzt werden [20, 26].
Lebensgefährliche Überdosierungen
Besonders gefährlich sind Überdosierungen. Bei Dimenhydrinat-Intoxikationen wurden in der Fachpresse vor allem immer wieder Krampfanfälle, aber auch Somnolenz, Apnoen und QT-Zeit-Verlängerung berichtet. Die betroffenen Kinder waren dabei im Alter zwischen einem Monat und dreieinhalb Jahren [5, 15, 30]. Darüber hinaus sind zwei Todesfälle bei Kindern im Alter von fünf bzw. 16 Monaten dokumentiert [21, 24, 25]. Unter Doxylamin-Überdosierungen sind ebenfalls Todesfälle bekannt. Ein 13 Monate altes Mädchen verstarb bereits nach der Gabe einer therapeutischen Dosis Sedaplus® Saft an der Aspiration von Erbrochenem [28].
Dass die in der Fachpresse berichteten Krampfanfälle und Überdosierungen keine Einzelfälle sind, zeigt sich auch in der Analyse der Nebenwirkungsmeldungen des BfArM. Insgesamt lagen dort zum Zeitpunkt der Nutzen-Risiko-Analyse 39 Fälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen zur Behandlung mit Dimenhydrinat- bzw. Diphenhydramin-haltigen Arzneimitteln bei Kleinkindern (Alter 29 Tage bis drei Jahre) vor. Krampfanfälle und Überdosierungen wurden dabei überproportional häufig gemeldet. Darüber hinaus sind fünf Todesfälle unter den Meldungen [8].
Für Überdosierungen gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Dabei sind beabsichtigte Überdosierungen leider genauso denkbar wie akzidentielle [20]. Diese kommen beispielsweise zustande, wenn kurz nach der Gabe eines Zäpfchens Stuhlgang auftritt und deshalb nochmal eines gegeben wird oder wenn bei fehlender Wirksamkeit gegen Erbrechen nachdosiert wird [5].
Zum Weiterlesen
Baltes F, Bendas G
H1-Antihistaminika: Praxiswissen zu Wirkungen, Nebenwirkungen und Interaktionen
Keine Evidenz bei Gastroenteritis
Insbesondere die ausbleibende Wirkung der Antihistaminika der ersten Generation bei Erbrechen im Rahmen einer Gastroenteritis scheint anhand der Datenlage zur Wirksamkeit gut nachvollziehbar. In verschiedenen Studien bei Kindern konnten nämlich keine ausreichenden Belege für die Wirksamkeit von Dimenhydrinat bei akuten Gastroenteritiden erbracht werden:
Gouin et al. untersuchten die Rate des „Therapieversagens“ unter Dimenhydrinat und Placebo bei akuter Gastroenteritis. Als „Therapieversagen“ wurde mindestens zweimaliges Erbrechen innerhalb von 24 Stunden nach der ersten Gabe der Studienmedikation definiert. Ausgewertet wurden die Daten von 144 Kindern zwischen ein und zwölf Jahren. Sie waren mit akuter Gastroenteritis und mindestens fünfmaligem Erbrechen innerhalb der letzten zwölf Stunden stationär aufgenommen und randomisiert in zwei Gruppen eingeteilt worden: Alle sechs Stunden erhielten sie entweder Dimenhydrinat oral (1 mg/kg Körpergewicht, maximal 50 mg, 74 Patienten) oder Placebo (oral, 70 Patienten). Die Rate des „Therapieversagens“ war dabei in beiden Gruppen identisch (31% vs. 29%). Auch auf sekundäre Endpunkte wie die Dauer der Symptome oder die Notwendigkeit intravenöser Zugänge war kein Einfluss nachweisbar [17].
Hingegen konnten Uhlig et al. in einer Studie mit 243 Kindern durch die Gabe von Dimenhydrinat eine Reduktion des Erbrechens bei Gastroenteritis zeigen. Die Anzahl der Kinder, die nach Gabe der Studienmedikation gar nicht mehr erbrechen mussten, war unter Dimenhydrinat 1,5-fach höher als unter Placebo. Auch hier wurden die Kinder randomisiert der Dimenhydrinat- bzw. Placebo-Gruppe zugeteilt, allerdings wurde die Medikation rektal verabreicht. Zu beachten ist, dass das Erbrechen in dieser Studie nur sekundärer Endpunkt war. Auf den primären Endpunkt – die Gewichtszunahme nach 18 bis 24 Stunden als Ergebnis der oralen Rehydratationstherapie – konnte kein signifikanter Effekt gezeigt werden [29].
Mangelnde Flüssigkeitsaufnahme oder zunehmende Dehydratation sind die häufigsten Gründe für die stationäre Aufnahme bei einer akuten infektiösen Gastroenteritis im Kindesalter [1]. Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung ist die Rehydratationstherapie, auf deren Erfolg der Einsatz von Dimenhydrinat aber keinen nachweisbaren Nutzen hat [1, 8, 11, 29]. Im Gegenteil, aufgrund des sedierenden Effekts der Antihistaminika ist davon auszugehen, dass die orale Rehydratationstherapie durch die Gabe von Dimenhydrinat oder Diphenhydramin sogar erschwert wird [1]. In Anbetracht des relevanten Potenzials für zum Teil schwerwiegende Nebenwirkungen ist die Anwendung von Antihistaminika der ersten Generation bei unkomplizierten, meist selbstlimitierenden Gastroenteritiden bei Kindern nicht indiziert [1, 8].
Evidenzbasierter Einsatz bei Kinetosen?
Die Antihistaminika der ersten Generation werden in Apotheken häufig zur Behandlung und Prophylaxe von Kinetosen nachgefragt. Leider gibt es in dieser Indikation keine kontrollierten Studien bei Kindern. Gemäß Fachinformation sind aber beispielsweise Vomex A® Sirup und Emesan® K Tabletten weiterhin dafür zugelassen [16, 18, 31]. Auch in der Literatur werden, wenn nicht-pharmakologische Maßnahmen nicht ausreichen, Antihistaminika der ersten Generation als mögliche Therapieoption genannt [16, 23].
Für die Entstehung von Kinetosen ist vermutlich ein sogenannter sensorischer Konflikt (sensory mismatch) verantwortlich. Dabei reagiert der Körper auf die scheinbar widersprüchlichen Informationen verschiedener Sinnesorgane mit den bekannten Symptomen einer Kinetose wie Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit [8, 19, 23]. Hier gilt Histamin als mitverantwortlich für das Auftreten von Erbrechen, was eine Wirksamkeit der älteren Antihistaminika in dieser Indikation pharmakologisch nachvollziehbar macht [19]. Unter Berücksichtigung von Maximaldosen und Kontraindikationen erscheint der Einsatz der Antihistaminika der ersten Generation daher zumindest bei älteren Kindern vertretbar.
Bei unter Dreijährigen ist aufgrund des noch nicht vollständig entwickelten visuellen Systems nicht mit dem Auftreten von Kinetosen in relevanter Anzahl zu rechnen [8, 16]. In der Datenbank des BfArM betraf nur ein Fall der schwerwiegenden Nebenwirkungsmeldungen in dieser Altersgruppe die Indikation „Reiseübelkeit“ [8, 11]. Dabei wurde jedoch gleichzeitig über Fieber berichtet, so dass ein zusätzlicher fieberhafter Infekt nicht auszuschließen ist [8].
Doxylamin – Verschreibungspflicht aufgrund Inkonsistenz
Zwar entspricht das Nebenwirkungsprofil von Doxylamin dem der anderen Antihistaminika der ersten Generation (Dimenhydrinat und Diphenhydramin), seine sedierende Wirkung ist hingegen gut belegt [20]. Auch unterscheidet sich Doxylamin hinsichtlich der Eliminationshalbwertszeit: Sie liegt bei zehn Stunden, wohingegen die von Diphenhydramin durchschnittlich bei vier Stunden liegt [14, 31].
„Zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern bis 18 Jahren“ wurde Doxylamin ab dem 1. Januar 2019 der Verschreibungspflicht unterstellt [3]. Grundlage hierfür war unter anderem eine Inkonsistenz zwischen der faktischen Verkaufsabgrenzung und den Angaben in der Produktinformation: Der Sedaplus® Saft war apothekenpflichtig, trotzdem sollte laut damaliger Produktinformation vor der Anwendung bei Kindern und Jugendlichen eine ärztliche Rücksprache und Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen [9]. Entscheidend bei der Altersbegrenzung der Verschreibungspflicht waren die 42 Berichte zu Doxylamin bei unter 18-Jährigen in der Nebenwirkungsdatenbank des BfArM. Darunter fanden sich 28 Berichte zu Doxylamin-Überdosierungen in suizidaler Absicht bei 14- bis 17-Jährigen [10]. Entgegen der Regelungen in anderen europäischen Ländern wurde die Verschreibungspflicht in Deutschland nicht auf Kinder unter zwölf Jahren (Schweiz, USA) oder 15 Jahren (Frankreich) begrenzt, sondern umfasst Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr [3, 9].
Auf einen Blick
- H1-Antihistaminika der ersten Generation (Diphenhydramin, Dimenhydrinat und Doxylamin) sind durch ihre hohe Lipophilie gut ZNS-gängig und wirken an zentralen H1-Rezeptoren sedierend und antiemetisch.
- Da ihre zerebrale Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, sind besonders Säuglinge und Kleinkinder unter drei Jahren vulnerabel für die zentral vermittelten Nebenwirkungen der Antihistaminika der ersten Generation.
- Überdosierungen mit Dimenhydrinat/Diphenhydramin können insbesondere bei Kindern unter drei Jahren lebensbedrohlich sein.
- In der Beratung sollte immer auf die unbedingt einzuhaltende Tageshöchstdosis hingewiesen werden: Dimenhydrinat maximal 5 mg/kg Körpergewicht in 24 Stunden, Diphenhydramin 3 mg/kg Körpergewicht in 24 Stunden.
Diphenhydramin und Dimenhydrinat – Kontraindikation bei Kindern unter drei Jahren
Eine Verschreibungspflicht für Dimenhydrinat- und Diphenhydramin-haltige Arzneimittel für Kinder wurde ebenfalls diskutiert [11]. Bei der Entscheidung gegen die Verschreibungspflicht wurden verschiedene Punkte berücksichtigt: Zum einen ergab die Auswertung der Spontanmeldungen, dass die Medikamente bei den meisten schwerwiegenden und tödlichen Nebenwirkungen ärztlich verordnet waren oder vom Notarzt verabreicht wurden. Zum anderen sollten die Arzneimittel für Kinder über drei Jahren bei Kinetosen weiterhin als Therapieoption erhalten bleiben, ohne vor Autofahrten einen Arztbesuch nötig zu machen [11]. Auch geht das BfArM davon aus, dass durch die 2017 angeordnete Aufnahme der Warnhinweise in die Produktinformationen die Risiken ausreichend minimiert werden [11]. Damit diese Annahme zutrifft und die Warnhinweise wirklich bei den Eltern ankommen und berücksichtigt werden, sind die Apotheken ganz besonders gefragt. Welche Konsequenzen resultieren also für die Beratung aus den Zulassungseinschränkungen?
Fazit für die Beratung
Da Überdosierungen mit Dimenhydrinat/Diphenhydramin insbesondere bei Kindern unter drei Jahren lebensbedrohlich sein können, muss vor allem hier in der Beratung immer auf die unbedingt einzuhaltende Tageshöchstdosis hingewiesen werden: Bei Dimenhydrinat maximal 5 mg/kg Körpergewicht in 24 Stunden, bei Diphenhydramin 3 mg/kg Körpergewicht in 24 Stunden [2, 18]. Wichtig ist, dass auch bei einer vermeintlichen Ausscheidung des Medikaments vor der Resorption (z. B. Stuhlgang bei Suppositorien, Erbrechen bei Saft), nicht außerhalb des Dosisschemas nachdosiert werden darf.
Um Berechnungsfehler bei der Dosierung durch die Eltern und damit akzidentielle Überdosierungen bei Doxylamin, Dimenhydrinat und Diphenhydramin zu vermeiden, sollte die Dosierung nicht nur in Milligramm angegeben werden, sondern auch in einer der Arzneiform entsprechenden Form. Bei Zäpfchen empfiehlt es sich also beispielsweise, die maximal zu verabreichende Anzahl auf der Packung zu notieren oder bei Säften die Dosis in ml [22].
Da Apotheker auch bei ärztlichen Verordnungen als letzte Instanz der Arzneimitteltherapiesicherheit fungieren, muss jede Verordnung – einschließlich der Dosierung – sorgfältig geprüft werden. Bei auffälligen oder unklaren Dosisangaben sollte Rücksprache mit dem verordnenden Arzt gehalten werden. Auch eine Überprüfung, ob die verordnete Arzneiform eine korrekte Gabe der gewünschten Dosierung überhaupt zulässt, sollte erfolgen [22].
Bei der Abgabe sollten Eltern darüber informiert werden, dass vor allem bei fieberhaften Infekten schwerwiegende Nebenwirkungen wie Krampfanfälle auftreten können. Insbesondere Kleinkindern mit Fieber sollten daher keine Antihistaminika der ersten Generation gegeben werden.
Bei der Beratung zu akutem Erbrechen, eventuell zusammen mit Diarrhö, ist die orale Rehydratation weiter als Mittel der ersten Wahl zu empfehlen. Für Kinder unter drei Jahren muss aufgrund der negativen Nutzen-Risiko-Bewertung vom Einsatz der Antihistaminika der ersten Generation auf jeden Fall abgeraten werden. Hierfür besteht eine Kontraindikation. Auch bei Kinetosen sollten vorrangig nicht-pharmakologische Maßnahmen empfohlen werden. Erst wenn diese nicht greifen, kann bei Kindern über drei Jahren die Gabe von Dimenhydrinat- oder Diphenhydramin-haltigen Präparaten empfohlen werden.
Literatur
[1] Akute infektiöse Gastroenteritis im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter. S2k-Leitlinie der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE), AWMF Registernummer 068-003, Stand März 2019
[2] Fachinformation Emesan® K Kinderzäpfchen. Stand: Dezember 2017, Zulassungsnummer: 6389624.01.00, Aristo Pharma GmbH
[3] Informationen der Institutionen und Behörden: Änderung in der Verschreibungs- und Apothekenpflicht. Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) 41/18, DAZ 2018;41:134-135
[4] Baltes F, Bendas G. H1-Antihistaminika Praxiswissen zu Wirkungen, Nebenwirkungen und Interaktionen. DAZ 2019;44:38
[5] Bernhard MK, Mutze U, Syrbe S. Wie sicher sind Dimenhydrinat-Suppositorien? Dtsch Med Wochenschr 2013;138:2143-2145
[6] Borsch J. Rezeptfreie Schlafmittel Doxylamin und Diphenhydramin: Was ist das Problem bei Älteren? DAZ.online vom 29. Januar 2020, www.deutsche-apotheker-zeitung.de.
[7] Diphenhydramin, Doxylamin und Dimenhydrinat: Rezeptfreie H1-Antihistaminika der ersten Generation bei Säuglingen und Kleinkindern. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Stand: 24. Januar 2013, www.bfarm.de
[8] Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel, Stufe II, Anhörung. Bezug: orale und rektale Darreichungsformen Dimenhydrinat-haltiger und Diphenhydramin-haltiger Antiemetika für Kinder bis 3 Jahren. GeschZ: 75.03-3822-V-17675-23315/17, August 2017, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), www.bfarm.de
[9] Doxylamin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern. Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht, 27. Juni 2017, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), www.bfarm.de
[10] Ergebnisprotokoll der 78. Sitzung des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht, 27. Juni 2017, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), www.bfarm.de
[11] Sachstand zu den Antihistaminika Dimenhydrinat, Diphenhydramin und Doxylamin. Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht, 3. Juli 2018, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), www.bfarm.de
[12] Ergebnisprotokoll 82. Sitzung des Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht, 23. Januar 2020, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), www.bfarm.de
[13] Church MK, Maurer M, Simons FE et al. Risk of first-generation H(1)-antihistamines: a GA(2)LEN position paper. Allergy 2010;65:459-466
[14] Fachinformation Sedaplus® Saft. Stand: April 2018, Zulassungsnummer: 6136283.00.01, CNP Pharma GmbH
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[31] Fachinformation Emesan® Tabletten. Stand: Mai 2017, Zulassungsnummer: 6389624.00.01, Aristo Pharma GmbH
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