DAZ aktuell

AvP: Das Insolvenzverfahren und die Folgen

Livetalk mit Dr. Rainer Eckert und Dr. Morton Douglas bei DAZ.online

tmb | Wie geht es weiter für die ehemaligen AvP-Kunden? Die Rechtsanwälte Dr. Rainer Eckert und Dr. Morton Douglas erläuterten ihre Erkenntnisse dazu am 23. Oktober bei DAZ.online im Livetalk mit DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat. Dabei ging es sowohl um die allernächsten Schritte nach der unmittelbar bevorstehenden Eröffnung des Insolvenzverfahrens als auch um die langfristigen Aussichten.

Nach jüngsten Informationen wird das Insolvenzverfahren der AvP Deutschland GmbH voraussichtlich zum 1. November 2020 eröffnet – und damit einen Monat früher als zuvor geplant. Der Insolvenzexperte Dr. Rainer Eckert erklärte, was dies für die Betroffenen bedeutet. Mit der Eröffnung des Verfahrens werde der bisher nur vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos voraussichtlich zum Insolvenzverwalter bestellt. Er könne dann Verfügungen für die AvP Deutschland GmbH treffen und dies sei auch der Grund für die Beschleunigung. Denn so könne die angekündigte Veräußerung des Krankenhausgeschäftes von AvP rechtswirksam abgeschlossen werden.

Forderungsanmeldung wahrscheinlich ab Anfang November

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginne die Forderungsanmeldung für die Betroffenen. In den Tagen nach der Eröffnung werde der Insolvenzverwalter voraussichtlich die Anmeldungsformulare an die Gläubiger senden, erwartet Eckert. Das Gericht werde eine Frist für die Anmeldung setzen. Realistisch seien etwa vier Wochen. Oft gebe es nach sechs Wochen schon einen Berichtstermin vor Gericht. Die betroffenen Apotheker könnten in dem Formular ihre ausstehenden Forderungen gegen AvP, die darauf anfallenden Zinsen bis zum ­Eröffnungstag und ihre Auslagen eintragen. Ohne Belege über Auslagen könne eine Pauschale von 40 Euro angesetzt werden.

Der Apothekenrechtsexperte Dr. Morton Douglas mahnte, die Apotheker sollten schnellstmöglich ihre Außenstände ermitteln. Im Idealfall gingen sie aus der Abrechnung von AvP hervor, aber die Apotheker sollten diese Angaben anhand ihrer eigenen Daten prüfen und Unstimmigkeiten schnell klären. Insbesondere bei den Hilfsmittelrezepten, die eine längere Abrechnungsfrist haben, sei oft noch nicht bekannt, ob die Krankenkassen bereits an AvP gezahlt haben. Gegebenenfalls sollten solche Forderungen vorsorglich angemeldet werden. Auch ausstehende Zahlungen aus dem Nacht- und Notdienstfonds müssten angemeldet werden. Da nicht bekannt sei, ob AvP die Herstellerrabatte eingezogen habe, sollten diese nicht von der Forderung subtrahiert werden, empfahl Douglas. Außerdem müsse stets die Art der Forderung benannt werden, insbesondere um mögliche Aussonderungsrechte zu wahren. Daher sei anwaltliche Hilfe anzuraten. Eckert ergänzte, die Forderungsanmeldung sollte nicht zu kurz greifen. Als Schaden könne auch ein möglicher Zinsschaden durch eine Ersatzfinanzierung angemeldet werden. Allerdings sollten die Betroffenen unbedingt darauf achten, dass Ansprüche nur einmal angemeldet werden und nicht doppelt vom Apotheker und vom Anwalt.

Neben diesem Verfahren können Aussonderungsansprüche individuell eingeklagt werden, aber Eckert rät seinen Mandanten derzeit davon ab, insbesondere wegen der Prozesskosten. Er machte keine Hoffnung, dass bald Geld aufgrund von Aussonderungsrechten fließe. Vermutlich geschehe dies erst, wenn solche Ansprüche gerichtlich festgestellt würden. Eine Musterfeststellungsklage dazu sei jedoch nicht möglich. Eckert skizzierte die Idee, dass exemplarische Fälle ­gerichtlich geklärt werden könnten und die Beteiligten sich daraufhin auf das weitere Vorgehen einigen könnten. Er deutete an, statt einen teuren Prozess über Aussonderungsrechte mit ungewissem Ausgang zu führen, könnte eine Einigung über die Ver­teilung der Insolvenzmasse möglicherweise schneller zu einer relevanten Vorabausschüttung führen. Douglas bekräftigte, dass Warten der bessere Weg sein könne. Eine Klage könne jetzt die Chance auf eine andere Lösung vergeben, sei aber in einigen ­Monaten durchaus noch möglich.

Eckert: „Auskömmliche ­Insolvenzmasse“

Die Ausführungen der Anwälte richteten sich damit weniger auf die kürzlich noch so intensiv diskutierten Aussonderungsrechte und mehr auf die zu erwartenden Quotenzahlungen aus der Insolvenzmasse. Dabei sprach Eckert von dem „glücklichen Umstand“, dass bei AvP offenbar eine „auskömmliche Insolvenzmasse“ vorhanden sei. Allerdings werde diese Masse durch die künftigen Personalausgaben, die Prüfungen zur Vergangenheit, die Verwaltervergütung, die Gerichtskosten und die Kosten für den Gläubigerausschuss gemindert. Außerdem erklärte Eckert, dass der Insolvenzverwalter drei Jahre Zeit habe, um Gelder zurückzufordern, die AvP unmittelbar vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt habe. Falls dies geschehe, könnte dies die Erstattungsquote für die übrigen Betroffenen erhöhen. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.