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Arzneimittel für die Haut: auch in der Pandemie aktuell

25 Jahre Gesellschaft für Dermopharmazie

DÜSSELDORF (tmb) | Die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) wurde vor 25 Jahren gegründet und verbindet seitdem Experten aus unterschiedlichen Fächern in einer interdisziplinären Gesellschaft rund um das Thema Haut. Im Jubiläumsjahr fielen die Jahrestagung und die Festveranstaltung coronabedingt aus. Doch am 6. November präsentierte die GD ein aktuelles, spannendes und vielfältiges eintägiges Online-Symposium. Auch fachlich ging es dabei teilweise um die Folgen der Pandemie.
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Im GD-Online-Symposium ging es rund um die Haut – auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

Das Team um den GD-Vorsitzenden Dr. Joachim Kresken steuerte den Ablauf der Online-Tagung aus Düsseldorf. Sie begann mit der Hans-Christian-Korting-Gedächtnisvorlesung, die sonst ein fester Bestandteil der Jahrestagung ist und mit der die GD ihren verstorbenen Mitbegründer Prof. Dr. Hans Christian Korting ehrt. Diesmal berichtete Prof. Dr. Christiane Bayerl, Wiesbaden, über das Handekzem. Dies sei mit einer Jahresinzidenz von fünf bis acht Prozent sehr häufig, aber nur ein Drittel der Betroffenen suche einen Arzt auf. Das chronische Handekzem habe eine enorme Bedeutung als Berufskrankheit. Etwa die Hälfte der Patienten fehle einen Monat am Arbeitsplatz, viele sogar mehr als ein Jahr. Dies drücke sich auch in den Krankheitskosten aus, die zu 70 Prozent indirekte Kosten durch Fehlzeiten am Arbeitsplatz seien. Fortschritte für die schwierige Klassifizierung und die Therapieauswahl seien von der molekularen Diagnostik zu erhoffen. Therapeutisch bestehe großer Bedarf, weil die durchschnittliche Krankheitsdauer mit sechs Jahren erschreckend hoch sei. Es reiche nicht, ein erkanntes ­Allergen zu meiden, sondern es gelte, eine chronische Erkrankung zu behandeln, möglicherweise auch mit einer systemischen Therapie, erklärte Bayerl. Dafür seien Alitretinoin und Ciclosporin etabliert, aber mittlerweile habe Dupilumab bei allen Formen des chronischen Handekzems gutes Ansprechen gezeigt. Wegen der Pandemie warnte Bayerl vor einer weiteren Häufung der Erkrankung. Denn die Hände würden jetzt häufiger gewaschen, aber nicht öfter eingecremt. In einer Umfrage unter Gesundheitspersonal hätten kürzlich 90 Prozent der Befragten an sich selbst Symptome eines chronischen Handekzems beschrieben, aber nur 15 Prozent hätten selbst diese Diagnose gestellt. Offensichtlich werde die Krankheit oft nicht erkannt.

Mit neuen Hautmodellen in die Zukunft

Dr. Christian Zoschke, Berlin, berichtete über 3D-ex-vivo-Hautmodelle, die sich „vom Exoten der Toxikologie zum Hoffnungsträger translationaler Forschung“ gewandelt hätten. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Hautbarriere könnten inzwischen gut modelliert werden, aber bei den immunologischen und besonders bei den mikrobiellen Aspekten sei noch viel zu tun. Neue Ansätze dafür böten das 3D-Bioprinting und Modelle aus hochkonzentriertem Kollagen, das wie in einem Spritzgussverfahren verarbeitet würde. Diese Entwicklung ­ziele darauf, die Effekte von Arzneistoffen vorherzusagen. Als Beispiel ­beschrieb Zoschke Studien zur Haut­alterung. Dabei zeige sich die große individuelle Diversität des Alterungsprozesses mit einem hohen Verwirrungspotenzial. Die passende Antwort seien gruppenspezifische Modelle, die zu altersgerechten Therapien führen könnten – nicht nur für die Haut, sondern auch für andere Organsysteme.

Galenische Fortschritte

Außerdem erläuterte Prof. Dr. Dominique Lunter, Tübingen, die Vorher­sagekraft von In-vitro- und Ex-vivo-Testmethoden zur Entwicklung von Topika. Gängige Verfahren würden die Einflüsse durch Bewegungen der Patienten und den Kontakt zwischen der Haut und der Kleidung nur unzureichend berücksichtigen. Lunter verwies auf Versuche, die dabei große Unterschiede in Abhängigkeit von der Formulierung topischer Arzneiformen zeigen. Neue Perspektiven für zer­störungsfreie Prüfungen biete die konfokale Raman-Mikrospektrometrie, die auf In-situ-Untersuchungen der Pene­trationskinetik ziele.

Wie wichtig neue galenische Konzepte sogar bei etablierten Arzneistoffen sein können, verdeutlichte Prof. Dr. Christel Müller-Goymann, Braunschweig, am Beispiel von Benzoylperoxid zur Akne-Therapie. Wegen der Hautirritation durch Benzoylperoxid sei die Adhärenz schlecht. Daher sollte der Wirkstoff in einer Partikelgröße um fünf Nanometer vorliegen, um den Haarfollikel erreichen zu können. Da eine direkte Vermahlung wegen der explosiven Wirkung nicht in Betracht komme, habe die Arbeitsgruppe von Müller-Goymann eine Nassmahlung in einer wässrigen Liposomendisper­sion vorgenommen. Die gefriergetrocknete Nanosuspension könne in eine ­Lipidmatrix inkorporiert werden. Beim Kontakt mit dem Sebum würden die Mikropartikel erodieren und den Wirkstoff freisetzen. Dies geschehe ­jedoch nicht beim Kontakt mit den ­Lipiden des Stratum corneum. Daher würden weniger Irritationen drohen.

Hauterkrankungen in der ­Corona-Pandemie

Das aktuellste Thema der Tagung war die Frage nach den Folgen der Corona-Pandemie für die Dermatotherapie mit Biologika. Prof. Dr. Randolf Brehler, Münster, trug die bisherigen Erkenntnisse zusammen. Für Psoriasis-Patienten sei ein etwa 1,5-fach erhöhtes Risiko für schwere Infektionen bekannt. Aufgrund der bisherigen Daten ergebe sich für Psoriasis-Patienten unter einer Biologika-Therapie eher ein geringeres Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung, aber dies könne auf einem anderen Risikoverhalten beruhen. Daraufhin empfahl Brehler, die normale Versorgung bei Psoriasis fortzusetzen. Neurodermitiker würden als empfindlich für Infekte gelten, aber gemäß Daten aus Korea seien Neurodermitiker eher unterdurchschnittlich häufig SARS-CoV-2-positiv. Schwere Infektionen seien in Zulassungsstudien unter Dupilumab seltener als unter Placebo vorgekommen. Daher empfahl Brehler, auch diese Therapie fortzusetzen, aber er riet, systemische Steroide derzeit zu vermeiden. Bei Ciclosporin erscheine die immunsuppressive Wirkung zwar auch problematisch, doch werde eine Verhinderung der Replikation des Virus durch Ciclosporin diskutiert und in Tierexperimenten untersucht. Urtikaria werde gelegentlich durch Infekte getriggert. Da unter Omalizumab eine geringere Häufigkeit von Viruserkrankungen festgestellt worden sei, rät Brehler auch bei diesem Antikörper zur Fortsetzung der Behandlung. Grundsätzlich erhöhe eine Therapieunterbrechung bei chronischen Hauterkrankungen die Wahrscheinlichkeit für einen Krankenhausaufenthalt und für eine notwendige Akutbehandlung mit Kortikosteroiden. Doch gerade das gelte es in der Pandemie zu vermeiden, betonte Brehler und lieferte damit ein wesentliches Argument für die Fortsetzung bewährter Therapien. Wenn ein Patient akut an COVID-19 erkranke, könnten Therapieintervalle verlängert werden.

Problematischer erscheint die Situation für Patienten mit einem Hereditären Angioödem. Denn sowohl schwere Infekte als auch Manipulationen wie eine Intubation könnten eine prinzipiell lebensbedrohliche Attacke auslösen. Bei schwer betroffenen Patienten könne dies eine Indikation für eine Langzeitprophylaxe sein, insbesondere mit dem Plasma-Kallikrein-Antikörper Lanadelumab. Im Zusammenhang mit der Behandlung blasenbildender Autoimmunerkrankungen wie Pemphigus mahnte Brehler, dass für Rituximab eine höhere Infektanfälligkeit beschrieben sei. Nach den Empfehlungen der deutschen Fachgesellschaften seien daher bei Neubehandlungen derzeit intravenöse Immunglobulin-Therapien zu bevorzugen.

Indikationserweiterungen als Prinzip für Biologika

Viele Systemtherapien mit Biologika haben die Behandlung entzündlicher Hauterkrankungen bereichert. Zur weiteren Entwicklung erklärte Prof. Dr. Petra Staubach, Mainz: „Es war noch nie so spannend.“ Die Anwendungsmöglichkeiten mancher Biologika würden innerhalb weniger Jahre um viele neue Indikationen erweitert. Der Einsatz etablierter Substanzen für neue Anwendungen sei ein enormer Vorteil, weil dann bereits umfangreiche Sicherheitsdaten vorliegen. Zum Einsatz von Omalizumab gegen Urtikaria riet Staubach, die Therapie nicht zu früh zu beenden. Gegen Urtikaria stehe Ligelizumab kurz vor der Zulassung und zwei Studien mit Dupilumab seien gestartet. Dupilumab ist gegen das atopische Ekzem zugelassen und zeige dort gute Erfolge. Neue Zulassungen zum Einsatz beim atopischen Ekzem seien ab dem nächsten Frühjahr zu erwarten. Für die nächsten zehn Jahre erwartet Staubach, dass anstelle des atopischen Ekzems mehrere unterschiedliche Erkrankungen betrachtet würden.

Mikrobiom als Target

Ein weiteres Target für die Therapie von Hauterkrankungen könne das Hautmikrobiom werden, insbesondere bei der atopischen Dermatitis, erklärte Prof. Dr. Günther Weindl, Bonn. Er betonte die große Vielfalt des Hautmikrobioms. Dies betreffe nicht nur den interindividuellen Vergleich, sondern auch die topografische Diversität, also die Unterschiede zwischen verschiedenen Körperregionen eines Menschen. Dennoch sei diese mikrobiologische Gemeinschaft erstaunlich stabil, sogar unter wechselnden Umweltbedingungen. Die Viren seien die veränderlichsten Teile des Mikrobioms und die ­Fußhaut sei der Ort mit den größten Veränderungen. Auf der Grundlage solcher Erkenntnisse gelte es, die Wirkung von Arzneimitteln und Körperpflegemitteln auf das Mikrobiom zu untersuchen.

Vaseline: viel mehr als Okklusion

Der wissenschaftliche Tagungsleiter der Veranstaltung und stellvertretende GD-Vorsitzende Prof. Dr. Hans F. Merk, Aachen, beschloss die Vortragsreihe mit einem Bericht zum Einfluss von Vaseline auf die Hautbarriere. Demnach wirkt Vaseline längst nicht nur durch Okklusion, sondern ihre Bestandteile würden direkt regulierende Effekte auf die Ausbildung der physiologischen Hautbarriere zeigen und zur verstärkten Expression von Filaggrin und Loricrin führen. Außerdem werde das Mikrobiom bei pathologischen Veränderungen normalisiert. Vermutlich würden diese Effekte durch den Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor kontrolliert und vermittelt. Da insbesondere polyaromatische Kohlenwasserstoffe zu seinen Liganden gehören, gelte er als zellulärer Sensor für Umwelteinflüsse. |

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