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Adexa-Info
Urlaubsanspruch
Interview zu aktuellen arbeits- und tarifrechtlichen Fragen
ADEXA: Frau Kratt, wer kann sich über diesen erhöhten Anspruch freuen und wie sind die Reaktionen bisher?
Tanja Kratt: Vorweg: Unsere Forderung nach mehr Urlaubstagen – zusätzlich zu einer Gehaltserhöhung – war nicht aus der Luft gegriffen. Die ADEXA-Tarifkommission berücksichtigt bei den Verhandlungen die Wünsche unserer Mitglieder, die über die ehrenamtlich Aktiven, aber auch Umfragen und Rückmeldungen an unsere Regionalen Geschäftsstellen bei Veranstaltungen an uns herangetragen werden.
Gerade berufstätige Eltern wissen, wie schwierig es ist, mit bisher 5,5 Wochen Urlaub die Ferienzeiten vernünftig abzudecken. Da ist jeder Tag mehr willkommen und eine Entlastung. Aber natürlich freuen sich auch alle anderen Beschäftigten über einen zusätzlichen Urlaubstag.
Profitieren können alle tarifgebundenen Angestellten in den 15 Kammerbezirken, die zum Tarifbereich des ADA gehören, also im gesamten Bundesgebiet mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen. Tarifbindung entsteht durch die Mitgliedschaft bei ADEXA, wenn auch die Apothekenleitung tariflich organisiert ist – bzw. durch einen Arbeitsvertrag, in dem die Geltung des Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) vereinbart wurde. Letzteres empfehlen wir aber auch allen unseren Mitgliedern.
ADEXA: Bisher gab es nach fünfjähriger, ununterbrochener Betriebszugehörigkeit einen Tag mehr Urlaub.
Kratt: Dies gilt auch weiterhin. Daher haben langjährige, tarifgebundene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit Jahresbeginn nach § 11 Absatz 3 BRTV Anspruch auf 35 Tage Erholungsurlaub.
Minou Hansen: Dabei ist zu beachten: Die fünfjährige Betriebszugehörigkeit muss bereits am 1. Januar des Kalenderjahres bestehen, auf den sich der Urlaubsanspruch bezieht.
ADEXA: Frau Hansen, die 34 bzw. 35 Tage gelten für Vollzeitbeschäftige bei einer Sechs-Tage-Woche. Was ist denn mit den vielen Teilzeitkräften und Minijobbern?
Hansen: Der Anspruch beträgt für jedes Arbeitsverhältnis 5,67 Wochen. Bei einer 6-Tage-Woche sind das fünf Wochen und vier Tage.
Wer nicht an sechs Tagen pro Woche arbeitet, rechnet seinen Anspruch in Arbeitstage um. Also 34 Urlaubstage geteilt durch sechs Werktage, multipliziert mit der Anzahl der Arbeitstage pro Woche. Das ergibt die Zahl der freien Tage. Die Stundenzahl pro Tag spielt dabei keine Rolle.
Berechnung von Urlaubsanspruch
Tarifliche Urlaubstage : 6 Werktage × Arbeitstage pro Woche = individuelle Urlaubstage
Wer beispielsweise nur jeden zweiten Mittwoch arbeitet oder jeden vierten Samstag, muss diese Tage mit einem Faktor einrechnen; in diesen Fällen mit 0,5 bzw. 0,25. Arbeitet man jeweils einen Samstag im Monat, beträgt der Faktor 0,23 (hier wird mit der durchschnittlichen Anzahl von Wochen gerechnet, die ein Monat hat, nämlich 4,33).
Beispiel 1: Frau A. arbeitet montags, dienstags, jeden zweiten Mittwoch und jeden Freitag; sie ist erst drei Jahre in der betreffenden Apotheke in München. 34 : 6 × 3,5 = 19,83
Frau A. hat Anspruch auf 19,83 Tage, von denen sie drei Tage für eine „kurze“ Woche und vier Tage für eine „lange“ Woche einsetzen muss.
Beispiel 2: Frau B arbeitet schon seit über fünf Jahren in ihrer Kieler Apotheke und zwar von Montag bis Freitag und jeden vierten Samstag. 35 : 6 × 5,25 = 30,63
Frau B. erhält 30,63 Tage, von denen sie fünf Tage pro Urlaubswoche einsetzt (bzw. sechs Tage in den Wochen, in denen sie samstags arbeitet).
Ein Beispiel: Wenn eine Angestellte regelmäßig vier Tage pro Woche arbeitet, hat sie 22,67 Urlaubstage. Pro Urlaubswoche muss sie davon aber auch nur vier Tage einsetzen und kommt so auch auf 5,67 Wochen Urlaub. Auf diese 5,67 Wochen haben auch tarifgebundene Angestellte in geringfügigen Arbeitsverhältnissen Anspruch.
Die Formel gilt entsprechend für 35 Tage, dann sind es 5,83 Wochen bzw. fünf Wochen und fünf Tage (siehe Kasten). Zur Erinnerung: Der gesetzliche Anspruch beträgt lediglich 24 Tage bzw. vier Wochen.
ADEXA: Was ist, wenn man noch Resturlaub aus 2019 hat?
Hansen: Prinzipiell soll der Urlaub im Kalenderjahr genommen werden – und Arbeitgeber müssen nach aktueller Rechtsprechung darauf hinweisen, wenn Urlaub zu verfallen droht. Wer 2019 seine Urlaubstage aus betriebsbedingten Gründen oder wegen eigener Krankheit nicht komplett nehmen konnte, hat noch bis zum 31. März 2020 die Möglichkeit, dies in Absprache mit der Apothekenleitung nachzuholen; danach ist der Anspruch verfallen. Nur bei dauerhafter Erkrankung verlängert sich die Frist für den gesetzlichen Urlaub bis zum 31. März des übernächsten Jahres, also um maximal 15 Monate.
ADEXA: Was ist, wenn sich der Arbeitgeber zu Urlaubsanträgen nicht äußert.
Kratt: Der Bundesrahmentarifvertrag gibt in § 11 Absatz 6 vor, dass Inhaber die schriftlichen Urlaubsanträge ihrer Angestellten spätestens nach vier Wochen bescheiden sollen.
Hansen: Allerdings darf man trotzdem nicht einfach in Urlaub gehen; wer keine Reaktion seiner Apothekenleitung erhält, meldet sich bitte bei der ADEXA-Rechtsberatung.
ADEXA: Die Urlaubsplanung führt oft zu Streit im Team …
Hansen: Arbeitgeber haben bei der Urlaubsplanung die Wünsche der Mitarbeiter zu berücksichtigen – allerdings nur insoweit, als keine dringenden betrieblichen Belange diesem Wunsch entgegenstehen. Man denke hier an die Vorweihnachtszeit, in der oftmals Urlaubssperren verhängt werden. Außerdem muss die Apothekenleitung darauf achten, dass soziale Gesichtspunkte berücksichtigt werden, wenn mehrere Beschäftigte einen bestimmten Termin wünschen. Hier haben vor allem Eltern während der Kita- und Schulferien Vorrang – oder auch Angestellte, deren Partner an Schulferien oder Betriebsferien gebunden sind. |
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