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Spahn für Corona-Antigentests aus der Apotheke

Bundesgesundheitsminister im ABDA-Talk: Die Lehren aus der Corona-Krise

cm | Aktuell verbietet die Medizinprodukte-Abgabeverordnung den Apotheken, Corona-Antigen-Schnelltests an medizinische Laien abzugeben. Sollte es jedoch einem Hersteller gelingen, die Qualität seines Produkts zweifelsfrei zu belegen, erwägt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), per Verordnung eine Ausnahme von dieser Regel festzuschreiben. Das kündigte er am 4. Dezember im ABDA-Live-Talk an.

„Lass uns reden“ – dazu rief die ABDA am vergangenen Freitagabend den Bundesgesundheitsminister auf. Das neue Video-Format, das auf Youtube und auf dem ABDA-Facebook-Account übertragen wird, dient dem Austausch der Standesvertretung mit politischen Entscheidungsträgern live vor Publikum. Nun traf sich Spahn mit dem zum Jahresende scheidenden ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt im Apothekerhaus in Berlin.

In einem Impulsvortrag stellte ABDA-Vize Mathias Arnold zunächst vier Thesen auf. Eine davon: Wir brauchen pharmazeutische Beinfreiheit. Er betonte die tragende Rolle, die Apo­theken bundesweit während der Pandemie gespielt haben. Von der Herstellung von Desinfektionsmitteln über das Managen von Lieferengpässen bis hin zur Versorgung insbesondere älterer Menschen und Personen, die Risikogruppen angehören: Die Pharmazeuten in Deutschland haben gezeigt, was sie können und wie sie die Versorgung vor Ort sicherstellen.

Die vier Thesen von ABDA-Vize Mathias Arnold

1. Das dezentrale Arzneimittelsystem hat eine hohe Krisenresilienz. Unternehmerische Fantasie wird erst durch unternehmerische Freiheit möglich.

2. Wir brauchen pharmazeu­tische Beinfreiheit.

3. Die Apotheken nehmen in der Krise auch eine psychosoziale Funktion ein, relativieren Ängste und klären über Fake News auf.

4. Die Krise katalysiert digitale Entwicklungen. Das hat auch Nachteile und kann zur Erosion der Verschreibungspflicht beitragen, wenn zum Beispiel Online-Portale anhand von Fragebögen Rezepte ausstellen.

Ob Spahn die Erleichterungen bei der Abgabe von Arzneimitteln beim Auftreten von Lieferengpässen, die er mit der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung eingeführt hat, verlängern oder gar entfristen wird, ließ der Minister offen. „Wir brauchen die Rabattverträge, um zu sparen“, sagte er. Denn: „Wir brauchen das Geld auch an anderer Stelle, zum Beispiel für die Finanzierung pharmazeutischer Dienstleistungen.“

Schmidt betonte hingegen das Verantwortungsbewusstsein, das die Kolleginnen und Kollegen angesichts der neuen Möglichkeiten gezeigt haben. Sie hätten von ihnen nur Gebrauch gemacht, wenn eine Belieferung gemäß Rabattvertrag tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Mit einer Entfristung ließe sich in den Apotheken Arbeitszeit einsparen und vor allem die Freude am Beruf fördern – ein Argument, das auch mit Blick auf den Fachkräftemangel in den Offizinen von Bedeutung ist.

Aktuell hat die Pandemie Deutschland jedoch noch fest im Griff – und in diesem Zuge sieht Spahn eine neue Aufgabe für die Apotheken: die Abgabe von Antigentests auf das Coronavirus. Sobald ein solcher Test seine Qualität unter Beweis gestellt habe, könne der Minister rasch eine Verordnung auf den Weg bringen, die es dem pharmazeutischen Personal analog zum HIV-Selbsttest gestattet, solche Tests auch an medizinische Laien zu verkaufen. Derzeit lässt dies die Medizinprodukte-Abgabeverordnung nicht zu.

Bei den anstehenden COVID-19-Impfungen spielen die Offizinapotheker ebenfalls eine große Rolle, betonte Spahn: „Die Stimmung, die Ärzte und Apotheker machen, wird enorme Auswirkungen auf die Impfbereitschaft der Bevölkerung haben.“ Schmidt pflichtete ihm bei – und gab eine klare Marschrichtung für den Berufsstand vor: „Ich erwarte von den Kollegen, dass sie sich für das Impfen einsetzen.“

Mit Blick auf die Grippeimpfung, die in dieser Saison einen höheren Stellenwert denn je einnimmt, äußerte der Minister Zweifel daran, ob die Ver­tei­lung optimal organisiert sei. Er erin­nerte an das Jahr 2018: „Eine meiner ersten Amtshandlungen als Gesundheitsminister war es, einen Mangel an Grippeimpfstoff festzustellen.“ Damit hatte er den Weg frei gemacht, um etwa Impfstoffdosen aus dem EU-Ausland zu importieren. Am Ende der Saison blieben jedoch rund vier Millionen Dosen übrig, die vernichtet werden mussten. Daher zögere er in diesem Jahr, wieder einen solchen Schritt zu wagen. Es sei schwer vorstellbar, dass die insgesamt 26 Millionen Impfstoffdosen, die auf den deutschen Markt gebracht wurden, tatsächlich schon verimpft seien.

Was die Ausgabe von Masken an Menschen betrifft, die zu einer Risiko­gruppe zählen, machte Spahn den Apothekern keine großen Hoffnungen auf einen geordneten Ablauf. „Ich kann einen Ansturm nicht verhindern“, räumte er ein. Dennoch werde sein Ministerium alles versuchen und z. B. die Briefe an Betroffene in Etappen verschicken. Die zentrale Frage sei jedoch: „Wie kriegen wir die Masken an den Mann, ohne dass sich manche dreimal etwas holen?“ Klar ist für ihn: „Ohne die Apotheken geht es nicht.“

Aus der Sicht des ABDA-Präsidenten stellen sich in diesem Zusammenhang noch einige Fragen, die bisher völlig ungeklärt sind: Um welche Art von Masken geht es hierbei konkret? Welche Qualitätskriterien spielen eine Rolle? „Wir brauchen eine klare Ansage“, forderte Schmidt. Und auch die Kostenfrage gelte es vorab zu klären. Aber: „Wir machen es, wenn die Zeit reif ist.“

„Wen interessiert, was Oberhänsli sagt?“

Ein aus Sicht der Apotheker großes Thema ist derzeit die Rolle der Versender – und insbesondere die der DocMorris-Mutter Zur Rose. Ein Aufweichen der Trennung von Arzneimittelverordner und -distributor, etwa durch den Kauf der TeleClinic durch die Zur Rose-Gruppe, befürchtet Spahn nicht. Die gesetzliche Grundlage, dies zu verhindern, sei da. „Wenn es so wäre, müsste man dem mit den Rechtsmitteln des Staates begegnen“, sagte er.

Schmidt hingegen sieht in der Vereinigung eines Telemedizin-Anbieters mit einem Arzneiversender unter einem wirtschaftlichen Dach eine große Gefahr für dieses bisher strikt umgesetzte Prinzip. Er verwies darauf, dass Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli erst kürzlich das „Edikt von Salerno“ öffentlich infrage gestellt hatte. Spahn rollte mit den Augen. „Wen interessiert, was Oberhänsli sagt?“, fragte er. Auch bezüglich der Beteiligung des Zur Rose-Ablegers eHealth-Tec an der Entwicklung des zentralen E-Rezept-Fachdiensts der Gematik sieht er kein Problem. „Ich verstehe, was das auslöst“, gestand er. Er habe jedoch ein großes Interesse daran, dass das E-Rezept auf breite Akzeptanz stoße. Der Zuschlag sei gemäß des europäischen Vergaberechts erfolgt. Mit Blick auf die Faktenlage sei die Sorge der Pharmazeuten unbegründet. „Das Makelverbot gilt.“ Schmidt schätzt die Situation offenbar ähnlich ein. Die psychologische Wirkung sei fatal, sagte er. „Es ist jedoch eine rein psychologische Wirkung.“ |

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