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Gesundheitspolitik
EuGH entscheidet über DocMorris-Gewinnspiel
Ist das heilmittelwerberechtliche Zugabeverbot europakonform?
Diese Vorlagefrage hatte der Bundesgerichtshof (BGH) dem EuGH im vergangenen Jahr sinngemäß vorgelegt. Dahinter steht ein Rechtsstreit zwischen der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) und DocMorris, der seine Anfänge im Jahr 2015 nahm. Damals warb DocMorris für die Teilnahme an einem Gewinnspiel, bei dem ein E-Bike im Wert von 2500 Euro und neun hochwertige elektrische Zahnbürsten ausgelobt waren. Voraussetzung für die Teilnahme war die Einlösung eines Rezepts beim niederländischen Arzneimittelversender. Die AKNR hielt das für unzulässig und berief sich dabei nur auf das Heilmittelwerberecht.
In erster Instanz fiel das Urteil noch zugunsten von DocMorris aus. Das Landgericht Frankfurt war der Auffassung, die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) müssten nach der EuGH-Entscheidung vom Oktober 2016 (mit der die Anwendung des deutschen Arzneimittelpreisrechts auf EU-Versender für unzulässig befunden wurde) europarechtskonform so ausgelegt werden, dass sie hier ebenfalls nicht anwendbar seien. Doch das Oberlandesgericht Frankfurt kassierte diese Entscheidung: Aus seiner Sicht stellt die Teilnahme an dem Gewinnspiel eine unzulässige Zugabe dar, die nicht mehr geringwertig sei. Es liege damit ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 HWG normierte Zuwendungsverbot vor. Die EuGH-Entscheidung hat aus Sicht des Berufungsgerichts schon wegen der unterschiedlichen Schutzzwecke von Heilmittelwerberecht und Arzneimittelpreisrecht keinen Einfluss auf die Wertungen des § 7 Abs. 1 HWG.
BGH: Beratungsverzicht als Gefahr
DocMorris legte gegen das Frankfurter Urteil Revision beim BGH ein. Dieser setzte im Februar vergangenen Jahres das Verfahren aus – und rief den EuGH an. Der Karlsruher Beschluss macht deutlich: Der 1. Zivilsenat möchte § 7 HWG anwenden. Er sieht die Gefahr, dass Patienten durch die Gewinnaussichten verleitet werden könnten, auf eine objektiv in ihrem Interesse liegende Beratung in der stationären Apotheke zu verzichten. Schutzzweck des Heilmittelwerbegesetzes ist nämlich, eine mittelbare Gesundheitsgefährdung durch unsachliche Beeinflussung der Entscheidung zu vermeiden. In seinem Beschluss führte der Senat aus: „Die Entscheidung des Patienten für den Bezug eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei einer in- oder ausländischen Versandapotheke statt bei einer stationären Apotheke, die eine objektiv benötigte Beratung leisten kann, sollte nach Ansicht des Senats auf sachlichen Gründen beruhen und nicht durch aleatorische Reize beeinflusst werden.“
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs offen
Nun ist also die Vierte Kammer am EuGH am Zug. Sie wird dem BGH den europäischen Rechtsrahmen für das Urteil vorgeben. Wie vergangene Woche bekannt wurde, ist die Verkündung des Urteils für den 15. Juli vorgesehen. Formale Schlussanträge des Generalanwalts, die eine Richtung aufzeigen könnten, gibt es diesmal nicht. Allerdings hat der in diesem Verfahren beteiligte Generalanwalt, der Däne M. Henrik Saugmandsgaard Øe, kürzlich schon im EuGH-Verfahren zu den Werbemethoden der niederländischen Shop Apotheke in Frankreich gezeigt, dass er nationale Einschränkungen für möglich hält. Der EuGH folgte ihm in der Auffassung, dass nationale Verbote, die die Würde des Apothekerberufs schützen oder den missbräuchlichen Arzneimittelkonsum verhindern sollen, grundsätzlich mit dem EU-Recht vereinbar seien.
Neue rechtliche Möglichkeiten?
Kommt der EuGH im vorliegenden Fall zu dem Schluss, dass sich DocMorris zwar nicht an das deutsche Arzneimittelpreisrecht halten muss, wohl aber an die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes, würde dies neue rechtliche Möglichkeiten eröffnen. Zwar hält sich DocMorris derzeit mit Werbeaktivitäten im Zusammenhang mit der Rezepteinlösung zurück – aber wie lange das der Fall ist, ist nicht klar. Dass der Versender sich Großes vom E-Rezept erhofft, ist jedenfalls sicher – mit welchen Mitteln er es bekommen will, wird sich zeigen. |
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