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Beratung

Gut geschützt

Impfungen in der Schwangerschaft sind für Mutter und Kind meist sicher und verträglich

Schwangere und ihre noch ungeborenen Kinder sind besonders gefährdet, an Infektionskrankheiten zu erkranken. Nicht selten ist eine Infektion mit einem erhöhten Risiko sowohl für die Mutter als auch für das Kind verbunden. Impfungen können die Risiken reduzieren, aber wann sollten sie durchgeführt werden? Nicht alle Impfungen sind während einer Schwangerschaft indiziert. | Von Daniela Leopoldt

Aufgrund des veränderten Immunsystems in der Schwangerschaft haben Schwangere ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe. Diese können zu Fehl- oder Frühgeburten führen, mitunter auch zum Tod des ungeborenen oder neugeborenen Kindes. Darüber hinaus sind einige Erreger in der Lage, die Entwicklung des Feten zu beeinträchtigen. Beste Maßnahme zur Vermeidung einer Infektion ist die Impfung, weshalb Frauen mit Kinderwunsch ihren Impfstatus überprüfen und fehlende Impfungen idealerweise vor einer Schwangerschaft nachholen sollten. Tritt dennoch eine Schwangerschaft bei unvollständigem Impfschutz ein, können viele Impfungen auch während der Schwangerschaft durchgeführt werden. Durch Impfung erworbene Antikörper der Mutter werden im Laufe der Schwangerschaft über die Plazenta an das noch ungeborene Kind weitergegeben und schützen so zu einem gewissen Grad auch das Neugeborene, das noch nicht immunisiert werden kann. Dieser sogenannte Nestschutz des Neugeborenen vor ansteckenden Infektionskrankheiten in den ersten Wochen und Monaten seines Lebens dauert je nach Krankheitserreger unterschiedlich lange an [1, 2, 3].

Totimpfstoffe in der Regel unbedenklich

Inaktivierte Impfstoffe (Totimpfstoffe) wie z. B. gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Influenza, Poliomyelitis sowie Hepatitis A und B lösen keine Infektion aus. Sie können grundsätzlich ohne höheres Risiko während einer Schwangerschaft verabreicht werden und sind in jedem Stadium der Schwangerschaft unbedenklich. Es wird jedoch empfohlen, im ersten Drittel der Schwangerschaft lediglich dringend indizierte Impfungen durchzuführen, z. B. eine Impfung gegen Tetanus oder Hepatitis B nach entsprechender Exposition oder eine Grippeschutzimpfung bei hoher gesundheitlicher Gefährdung. Hintergrund dafür sind in der Frühschwangerschaft häufig auftretende Spontanaborte. Mit dieser Vorgehensweise soll ausgeschlossen werden, dass ein möglicher Spontanabort fälschlicherweise in Zusammenhang mit einer zuvor verabreichten Impfung gebracht wird, was zu einer zusätzlichen psychischen Belastung führen kann.

Schwangere sollten so wenig wie möglich geimpft werden, aber auch so viel wie nötig. Bei den meisten Impfungen mit Totimpfstoffen muss im Einzelfall entschieden werden, ob eine Impfung tatsächlich erforderlich ist. Das könnte z. B. bei Kontakt mit infizierten Personen oder Tieren oder einer geplanten Reise in Regionen mit hoher Ansteckungsgefahr der Fall sein. Ist die Impfung aufschiebbar, sollte bevorzugt nach der Geburt geimpft werden. Explizit von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) für Schwangere empfohlen dagegen sind die Impfungen gegen Influenza und Pertussis (s. Tab.). Da in Deutschland ein Pertussismonoimpfstoff nicht zugelassen ist, wird die Impfung als Kombinationsimpfung auch gegen Tetanus, Diphtherie (Tdap), und falls erforderlich Polio (Tdap-IPV) durchgeführt. Liegt kein dokumentierter Hepatitis-B-Impfschutz und/oder Nachweis entsprechender Antikörper vor, sollten insbesondere Schwangere mit erhöhtem Hepatitis-B-Expositionsrisiko die Hepatitis-B-Impfung erhalten. Dazu gehören Schwangere mit dialysepflichtiger Nieren­insuffizienz, einer HIV- oder Hepatitis-C-Infektion oder mit erhöhtem privaten bzw. beruflichen Exposi­tions­risiko.

Tab.: Von der STIKO für Schwangere empfohlene Impfungen (nach [1]).
Impfung gegen
Indikation
Anmerkung
Diphtherie
möglich
Hepatitis B
möglich
indiziert nach Exposition
Influenza (Totimpfstoff)
indiziert
  • einmal ab 2. Trimenon
  • bei Vorerkrankungen (z. B. Asthma, Diabetes mellitus, Bluthochdruck) bereits im 1. Trimenon
  • Impfung mit einem inaktivierten quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombination
Masern, Mumps, Röteln (MMR) (Lebendimpfung)
kontraindiziert
Pertussis (als Kombinationsimpfung)
indiziert
  • 3. Trimenon (ab der 28. Schwangerschafts­woche)
  • bei bekanntem Früh­geburtsrisiko bereits im 2. Trimenon
  • Verwendung eines Tdap-Kombinationsimpfstoffs (Covaxis, Boostrix), bei entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff (Repevax, Boostrix-Polio)
  • Impfung unabhängig vom Abstand zu einer vorher verabreichten Pertussisimpfung
Poliomyelitis
(mit inaktiviertem Poliomyelitis-Impfstoff, IPV)
möglich
Tetanus
möglich
indiziert nach Exposition
Varizellen (Lebendimpfung)
kontraindiziert

Andere Totimpfstoffe, die bei gewissen Vorerkrankungen, Reisen oder anderweitig erhöhtem Expositionsrisiko nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung verabreicht werden können, sind die gegen Meningokokken C und Pneumokokken, die HPV(humane Papilloma­viren)-Impfung sowie Reiseimpfungen gegen Tollwut, Typhus, Japanische Enzephalitis, Meningokokken Typ ACWY und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) [2, 3, 4].

Grippeschutzimpfung – für Schwangere empfohlen!

Die Influenzaimpfung für Schwangere ist in Deutschland seit 2010 explizit empfohlen und ihr Nutzen ist gut belegt. Schwangere haben insbesondere ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe einschließlich influenzabedingter Pneumonie und Hospitalisierung, weshalb die Impfung in der Regel ab dem zweiten Trimenon indiziert ist. Liegt eine besondere gesundheitliche Gefährdung vor, z. B. aufgrund einer Vorerkrankung wie Asthma, Diabetes oder Bluthochdruck, wird bereits ab dem ersten Trimenon dringend zur Impfung geraten. Auf einem Treffen der STIKO-Arbeitsgruppe „Influenza“ im Mai 2020 wurde betont, das gerade vor dem Hintergrund des COVID-19-Pandemiegeschehens auch Schwangere bevorzugt gegen Influenza geimpft werden sollten. Wie üblich, muss die Impfung jedes Jahr vor der Grippesaison aufgefrischt werden. Leider lässt laut Bödecker et al. in Deutschland die Wahrnehmung der Grippeschutzimpfung unter Schwangeren zu wünschen übrig. Dem sollte durch eine vermehrte Aufklärung entgegengewirkt werden [5, 6, 7].

COVID-19-Impfung

Auch wenn Fachverbände eine COVID-19-Impfempfehlung für Schwangere gerne gesehen hätten, blieb die STIKO aufgrund mangelnder Erkenntnisse aus kontrollierten Studien zurückhaltend und hat bislang keine allgemeine Impfempfehlung herausgegeben. Damit bleibt die Impfung gegen COVID-19 für Schwangere eine Einzelfallentscheidung, die vom jeweiligen Frauenarzt nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung gemeinsam mit der Schwangeren getroffen werden sollte. Die STIKO hat jedoch zum Ausdruck gebracht, dass vorerkrankte Schwangere mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf und Schwangere, die ein erhöhtes Expositionsrisiko gegenüber dem Coronavirus haben, ein Impfangebot erhalten könnten. In anderen Ländern (z. B. USA, Israel) werden Schwangere geimpft und mRNA-Impfstoffe haben sich trotz begrenzter Datenlage als sicher erwiesen [10].

Impfung gegen Keuchhusten – für Schwangere empfohlen!

Eine weitere Impfung, die von der STIKO für Schwangere seit ca. einem Jahr explizit empfohlen wird, ist die Impfung gegen Keuchhusten. Damit wird in Deutschland erstmalig eine Impfung von Schwangeren empfohlen, um Neugeborene zu schützen, denn bei diesen treten nach Angaben des RKI die häufigsten, schweren Komplikationen auf. Keuchhusten ist nicht nur hoch ansteckend, sondern zudem auch weit verbreitet. Trotz hoher Impfquoten bei Kindern tritt Keuchhusten weltweit immer noch häufig auf. Die damit hohe Infektionsgefahr ist mit vermeidbaren Risiken für Mutter und Kind verbunden. Zu diesen gehören aufseiten der Mutter starker Husten, möglicherweise eine Lungenentzündung und vorzeitig einsetzende Wehen. Beim Kind können Atemaussetzer und Lungenentzündung bis zum Tod führen. Eine Impfung der werdenden Mutter zu Beginn des dritten Trimenons der Schwangerschaft schützt beide (s. Abb.). Das Risiko von Säuglingen in den ersten drei Lebensmonaten an Pertussis zu erkranken, sinkt durch eine Impfung der Mutter in der Schwangerschaft um 90%. Ohne Impfung der Mutter erkranken elf von 10.000 Säuglingen an Pertussis, davon müssen sieben hospitalisiert werden. Mit Impfung der Mutter erkrankt nur einer von 10.000 Säuglingen, eine Hospitalisierung ist nicht notwendig [1]. Droht eine Frühgeburt, kann die Impfung bereits im zweiten Trimenon durchgeführt werden. Die Impfung soll in jeder Schwangerschaft erfolgen, und zwar unabhängig von zuvor verabreichten Pertussis-Impfungen. Wird die Impfung während der Schwangerschaft nicht aufgefrischt, ist aufgrund der schnellen Abnahme der Antikörper nach einer Impfung, eine vorgeburtliche Übertragung von Pertussis-Antikörpern von der Mutter auf das Kind unwahrscheinlich und ein Nestschutz des Neugeborenen nicht gegeben. Durch die wiederholte Impfung in der Schwangerschaft dagegen können hohe Antikörperkonzentrationen sowohl bei der Mutter als auch beim Neugeborenen erreicht werden. Die STIKO empfiehlt die Verwendung eines Tdap-Kombinationsimpfstoffs (Boostrix®, Covaxis®) oder bei entsprechender Indikation auch einen Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff (Repevax®, Boostrix-­Polio®), da Pertussismonoimpfstoff in Deutschland nicht zugelassen ist. Mit Covaxis® und Repevax® sind seit Kurzem zwei Impfstoffe auch für das zweite Trimester zugelassen. Wird eine Schwangere nicht wie empfohlen während der Schwangerschaft geimpft, sollte eine Impfung der Mutter innerhalb der ersten Tage nach der Entbindung erfolgen, um den Säugling zu schützen [1, 8, 9].

Nestschutz Eine Pertussis-Impfung in der Schwangerschaft schützt Mutter und Kind: Neugeborene, die selbst noch nicht immunisiert werden können, können vor einer Ansteckung mit Infektionskrankheiten geschützt werden, da mütterliche Antikörper über die Plazenta an das ungeborene Kind weitergegeben werden. Der Säugling erhält dadurch in den ersten Wochen bis Monaten nach der Geburt eine gewisse Immunität gegen eine Infektion [1].

Lebendimpfstoffe sind kontraindiziert!

Lebendimpfstoffe, zu denen die Vakzine gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR) und gegen Windpocken (Varizellen) gehören, sind bei Schwangeren kontraindiziert, da es sich um vermehrungsfähige Viren handelt und ein theoretisches Risiko für Embryopathien besteht. Die STIKO empfiehlt deshalb, dass Frauen im gebärfähigen Alter und mit Kinderwunsch insbesondere diese Impfungen vor einer möglichen Schwangerschaft wahrnehmen. Zur Sicherheit sollte nach Verabreichung eines Lebendimpfstoffs mindestens ein Monat bis zum Eintritt einer Schwangerschaft vergehen und bis dahin eine sichere Verhütungsmethode angewandt werden. So soll die theoretisch mögliche Übertragung von infektiösem Impfvirus auf den Feten verhindert werden. Ist der Impfschutz einer Schwangeren unvollständig, sollten Impfungen mit Lebendimpfstoff so bald wie möglich nach der Entbindung, idealerweise noch im Wochenbett, erfolgen. Das Stillen des Neugeborenen stellt meist keine Kontraindikation dar, Ausnahme ist die Gelbfieber-Impfung. Diese sollte stillenden Müttern nicht verabreicht werden, da weltweit Einzelfälle beobachtet wurden, bei denen nach Impfung der Mutter eine Meningoenzephalitis beim gestillten Säugling auftrat [3, 4].

Auf einen Blick

  • Impfungen schützen Mutter und Kind.
  • Frauen mit Kinderwunsch sollten ihren Impf­status vor einer Schwangerschaft überprüfen und fehlende Impfungen nachholen, denn nicht alle Impfungen sind für Schwangere geeignet.
  • Totimpfstoffe sind für Schwangere unbedenklich, Lebendimpfstoffe sind kontraindiziert.
  • Versehentliche Impfung mit Lebendimpfstoff ist keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch.
  • Im ersten Drittel der Schwangerschaft sollten nur dringend indizierte Impfungen verabreicht werden.
  • Alle Schwangeren sollten in jeder Schwangerschaft gegen Keuchhusten geimpft werden.
  • Die saisonale Grippeschutzimpfung ist für Schwangere empfohlen, die Wahrnehmung lässt jedoch zu wünschen übrig.

Impfung mit Lebendimpfstoff ist kein Grund für Schwangerschaftsabbruch

Eine während oder kurz vor der Schwangerschaft versehentlich durchgeführte Impfung mit Lebendimpfstoff z. B. gegen MMR, Windpocken oder auch Cholera (als Reiseimpfung) ist keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Zwar sind die Lebendimpfstoffe während der Schwangerschaft kontraindiziert, nach bisherigen Erkenntnissen ist aber nicht mit negativen Auswirkungen auf die Schwangere oder den Fetus zu rechnen. Bislang ist weltweit kein erhöhtes Risiko für Embryo- oder Fetopathien im Zusammenhang mit versehentlichen Impfungen kurz vor Konzeption oder in der Frühschwangerschaft bekannt geworden [2, 3]. |

Literatur

 [1] Kurz & Knapp: Faktenblätter zum Impfen „Impfungen in der Schwangerschaft, Schwerpunkt Pertussis (Keuchhusten)“, Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), www.rki.de

 [2] Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. S2k- Leitlinie, AWMF Registernummer 0093/001, 2014 abgelaufen, derzeit in Überarbeitung

 [3] Welche Impfungen können in der Schwangerschaft stattfinden und welche nicht? Informationen der Frauenärzte im Netz, www.frauenaerzte-im-netz.de

 [4] Kann in der Schwangerschaft und Stillzeit geimpft werden? Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), www.rki.de

 [5] Begründungen zu den aktualisierten Empfehlungen vom Juli 2010. Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut, Epid Bull 2010;31:299-314

 [6] Bestätigung der aktuellen Empfehlungen zur saisonalen Influenzaimpfung für die Influenzasaison 2020/21 in Anbetracht der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Stellungnahme der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut, Epid Bull 2020;32/33:28-30

 [7] Bödeker B et al. Wie werden die Impfempfehlungen gegen saisonale Influenza und gegen humane Papillomaviren in gynäkologischen Praxen umgesetzt? Bundesgesundheitsblatt 2016;59:396-404

 [8] Protokoll der 95. STIKO-Sitzung, Robert Koch-Institut, März 2020

 [9] Vygen-Bonnet S et al. Pertussisimpfung für Schwangere, STIKO-Empfehlungen für 2020/2021, Deutsches Ärzteblatt 2020,117(37):A1682

[10] STIKO zu COVID-19-Impfstoff Janssen, STIKO zum Einsatz der COVID-19-Impfstoffe in der Schwangerschaft, Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts vom 10. Mai 2021

Autorin

Dr. Daniela Leopoldt ist Apothekerin und Pharmakologin. Nach ihrer Promotion an der FU Berlin war sie mehrere Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den USA und anschließend in der öffentlichen Apotheke sowie der pharmazeutischen Industrie tätig. Seit 2017 schreibt sie als freie Medizinjournalistin unter anderem Beiträge für die DAZ.

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